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12.03.2019 10:45

Maßgeschneiderte Therapie gegen Darmkrebs

Christiana Tschoepe Pressestelle
Deutsche Krebshilfe

    Sauerstoffgehalt im Tumor entscheidet über Krebsmedikamente

    Heidelberg (ckr) – Die Blutversorgung eines Darmtumors ist „chaotisch“. Dadurch ist in einigen Bereichen des Tumors wenig, in anderen viel Sauerstoff vorhanden. Den Krebszellen macht das nichts aus: Ihr Stoffwechsel ist an die jeweilige Situation angepasst. Die bislang gegen Darmkrebs eingesetzten Medikamente wirken jedoch umso schwächer, je niedriger der Sauerstoff-gehalt im Tumor ist. Darmkrebszellen sprechen daher sehr unterschiedlich auf eine Chemotherapie an – schlimmstenfalls ist die Behandlung wirkungslos. Heidelberger Wissenschaftler entwickeln derzeit eine maßgeschneiderte Kombinationstherapie aus mehreren Wirkstoffen. Diese soll die individuelle Zusammensetzung des Tumors berücksichtigen. Die Deutsche Krebshilfe unterstützt das Projekt mit 446.000 Euro.

    Krebszellen benötigen viel Energie, um zu wachsen und sich auszubreiten. Die Zellen eines Dickdarmtumors decken ihren Energiebedarf dabei unterschiedlich: Manche Krebszellen wachsen bevorzugt mit Sauerstoff (aerob), andere vornehmlich oder ausschließlich ohne Sauerstoff (anaerob). Anaerob wachsende Darmtumoren sind jedoch resistent gegenüber der Chemotherapie. Denn die bislang eingesetzten Medikamente sind ohne Sauerstoff kaum wirksam. Außerdem wachsen diese Tumoren sehr aggressiv und sind in der Lage, Schäden, wie sie durch eine Strahlentherapie entstehen, besser zu reparieren und so zu überleben. Zellen mit einem anaeroben Stoffwechsel können daher innerhalb kurzer Zeit nach der Behandlung ein erneutes Tumorwachstum hervorrufen.

    Wirkstoffe effizient kombinieren
    Im Rahmen eines Forschungsprojekts – unter der Leitung von Dr. Bruno Köhler vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg und Professor Dr. Martin Schneider vom Universitätsklinikum Heidelberg – untersuchen Wissenschaftler nun, ob eine Kombinationstherapie aus verschiedenen Wirkstoffen gleichzeitig sowohl aerobe als auch anaerobe Krebszellen gezielt bekämpfen kann.

    „Wir wollen zunächst aus sieben bereits bekannten Krebsmedikamenten die Substanzen mit der markantesten Funktionsweise identifizieren – also solche Wirkstoffe, die spezifisch nur aerobe beziehungsweise anaerobe Tumorzellen töten“, so Projektleiter Köhler. Nachdem sie die aussichtsreichsten Substanzen identifiziert haben, wollen die Wissenschaftler diese Wirkstoffe kombinieren und anhand von Tumorgewebeproben und Darmkrebsmodellen untersuchen, welches die effizientesten Kombinationen sind.

    Auf dieser Basis sollen später klinische Studien für Dickdarmkrebs folgen. „Der Sauerstoff-Stoffwechsel spielt eine zentrale Rolle in der Tumorbiologie und ist möglicherweise der Schlüssel zu einer personalisierten Behandlung mit maximaler Wirkungskraft. Unser Ansatz könnte die Therapie von Kolonkarzinomen revolutionieren“, sagt Köhler.

    Keine Therapie ohne Diagnostik
    In Vorversuchen haben die Heidelberger Wissenschaftler bereits eine verlässliche Analysemethode entwickelt, mit der sie die genaue Tumorzusammensetzung bestimmen können. Sie erfassen anhand von Gewebebiopsien den Stoffwechseltyp der Tumorzellen – und welcher Zelltyp überwiegt. So ist eine exakte Dosierung der kombinierten Präparate möglich. „Eine genaue Diagnostik ist somit eine wichtige Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz der zukünftigen Therapie in der klinischen Routine“, ergänzt Schneider.

    Krebs ist auch heute, trotz enormer Fortschritte in der Forschung und Medizin, in vielen Fällen immer noch eine Erkrankung mit schlechten Heilungsmöglichkeiten. „Die Deutsche Krebshilfe fördert daher zahlreiche Forschungsprojekte, die neue Perspektiven für Diagnostik und Therapie von Tumorerkrankungen eröffnen. Nur durch neue Erkenntnisse aus der Forschung lassen sich innovative und neue Therapiestrategien erarbeiten“, erklärt Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe.

    Hintergrund und weitere Informationen

    Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 59.000 Menschen neu an einem Tumor des Darms. Insgesamt ist Darmkrebs bei Männern die dritthäufigste und bei Frauen die zweithäufigste Tumorerkrankung. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt für Männer bei 72 Jahren und für Frauen bei 75 Jahren.

    Im „Darmkrebsmonat März“ informiert die Deutsche Krebshilfe verstärkt über diese Tumorart. Informationsmaterialien zum Thema – wie der blaue Ratgeber „Darmkrebs“ oder das Präventionsfaltblatt „Aktiv gegen Darmkrebs“ – sind kostenlos bestellbar unter www.krebshilfe.de/informieren/ueber-krebs/infothek. Eine persönliche Beratung erhalten Betroffene und Interessierte von den Mitarbeitern des INFONETZ KREBS unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 / 80708877.

    Projektnummer: 70113593

    Interviewpartner auf Anfrage.

    Bonn, 12. März 2019


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Bruno Christian Köhler
    Abteilung Medizinische Onkologie
    Nationales Centrum für Tumorerkrankungen
    Im Neuenheimer Feld 460
    69120 Heidelberg


    Weitere Informationen:

    http://www.krebshilfe.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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