idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
02.05.2019 11:11

Forscher entdecken 20 neue Gene zur bipolaren Störung

Johannes Seiler Dezernat 8 - Hochschulkommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

    Erst himmelhoch jauchzend und dann wieder zu Tode betrübt. Bei Menschen mit einer bipolaren Störung wechseln sich manische und depressive Episoden ab. Ein internationales Forscherkonsortium unter federführender Beteiligung des Universitätsklinikums Bonn und der Universitäten Marburg und Basel hat in einer groß angelegten Studie 20 neue Gene in Zusammenhang mit dieser Erkrankung entdeckt. Die Ergebnisse sind nun im Fachjournal „Nature Genetics“ veröffentlicht.

    Menschen mit einer bipolaren Störung durchlaufen eine wahre Achterbahn der Emotionen: Im extremen Wechsel erleben sie manische Phasen mit Größenwahn, gesteigertem Antrieb und vermindertem Schlafbedürfnis. Dem folgen depressive Episoden mit stark gedrückter Stimmung bis hin zu Suizidgedanken. Rund ein Prozent der Bevölkerung erkrankt im Lauf seines Lebens an dieser manisch-depressiven Krankheit. Die Ursachen sind noch nicht vollständig verstanden, jedoch spielen genetische Faktoren eine wichtige Rolle. „Es sind viele verschiedene Gene an der Krankheitsentstehung beteiligt“, sagt Dr. Andreas Forstner, einer der Erstautoren, der über Jahre hinweg am Institut für Humangenetik des Universitätsklinikums Bonn an der Studie arbeitete und vor kurzem als Arbeitsgruppenleiter an die Universität Marburg gewechselt ist.

    Rund 280 Wissenschaftler weltweit bearbeiteten gemeinsam diese Studie zu den genetischen Ursachen der bipolaren Störung, darunter auch Prof. Dr. Marcella Rietschel vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim und Prof. Dr. Thomas G. Schulze vom Klinikum der Universität München (LMU), die für den deutsch-schweizer Verbund die klinische Leitung inne hatten. In zwei Schritten wurde das Erbgut von fast 30.000 Patienten untersucht und mit etwa 170.000 Kontrollpersonen verglichen. „Es handelt sich dabei um die größte genomweite Assoziationsstudie bei Patienten mit bipolarer Störung“, sagt Prof. Dr. Markus Nöthen, Direktor des Instituts für Humangenetik des Bonner Uniklinikums. Gemeinsam mit Kooperationspartnern haben die Bonner Forscher die Daten von rund 2.800 Patienten und knapp 5.900 Kontrollpersonen beigesteuert.

    30 DNA-Regionen stehen mit der Erkrankung in Zusammenhang

    Im Erbgut der Patienten entdeckte das internationale Team des Psychiatric Genomics Consortiums insgesamt 30 Regionen, die mit der Erkrankung in Zusammenhang stehen. „Davon waren 20 der auf der DNA identifizierten Loci Neuenddeckungen in Bezug auf die bipolare Störung“, sagt Prof. Dr. Sven Cichon vom Institut für Medizinische Genetik und Pathologie des Universitätsspitals Basel und Department Biomedizin der Universität Basel. Die in den identifizierten Regionen gelegenen Gene kodieren beispielsweise für Ionenkanäle, die das Aktionspotenzial von Neuronen beeinflussen können. Darüber hinaus liegen nun erstmals Hinweise vor, dass auch die Insulinregulation und das Endocannabinoidsystem bei der Krankheitsentstehung beteiligt sein könnten. Letzteres steht mit der Schmerzregulation in Zusammenhang.

    Die Wissenschaftler konnten nun auch zwei Unterarten der bipolaren Störung genetisch unterscheiden. Während der Typ I mit ausgeprägteren manischen und depressiven Phasen auf genetischer Ebene eher mit Schizophrenie in Zusammenhang zu stehen scheint, deutet der „milder“ verlaufende Typ II eher auf eine Verwandtschaft mit der Depression hin.

    Diese Indizien weisen den Weg zu potenziellen Ansatzpunkten für neue Therapien. „Je genauer wir die biologischen Grundlagen der Erkrankung verstehen, desto besser können neue Medikamente entwickelt werden“, sagt Forstner. „Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg.“

    Kontakt für die Medien:

    Dr. Andreas Forstner
    Philipps-Universität Marburg
    Institut für Humangenetik
    Tel. +49-6421-5866233
    E-Mail: andreas.forstner@uni-marburg.de

    Prof. Dr. Markus M. Nöthen
    Universitätsklinikum Bonn
    Direktor des Instituts für Humangenetik
    Tel. +49-228-28751100
    E-Mail: markus.noethen@uni-bonn.de

    Prof. Dr. Sven Cichon
    Universitätsspital Basel
    Institut für Medizinische Genetik und Pathologie
    und Department Biomedizin, Universität Basel
    Tel. +41-61-2653647
    E-Mail: sven.cichon@unibas.ch


    Originalpublikation:

    Genome-wide association study identifies 30 Loci Associated with Bipolar Disorder, Nature Genetics, DOI-Nummer: 10.1038/s41588-019-0397-8


    Bilder

    Prof. Dr. Markus Nöthen (links) und Dr. Andreas Forstner an der Genotypisierungsplattform der Abteilung für Genomik des Instituts für Humangenetik am Universitätsklinikum Bonn.
    Prof. Dr. Markus Nöthen (links) und Dr. Andreas Forstner an der Genotypisierungsplattform der Abteil ...
    © Foto: Andreas Stein/Uni Bonn
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).