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03.11.2003 17:01

Unentdeckt in einsamer Höhe - Karlsruher Wissenschaftler erforschen antike Burganlage

Holger Gust M. A. Presse und Kommunikation
Hochschule Karlsruhe - Technik und Wirtschaft

    "Endlich wieder im eigenen Bett schlafen und eine heiße Dusche" sind die ersten Wünsche von Thorsten Schwing, Student des Studiengangs Vermessung und Geomatik an der Fachhochschule Karlsruhe - Hochschule für Technik bei seiner Rückkehr.
    Sechs Wochen harter Arbeit liegen nicht nur hinter ihm: Vier Karlsruher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Universität und Fachhochschule haben mit der Erforschung einer riesigen hellenistischen (griechischen) Burganlage in der Türkei im September 2003 zusammen mit fünf weiteren Forschen aus Deutschland und der Türkei begonnen. In der Nähe von Adana im Südosten der Türkei wurde erst vor wenigen Jahren eine ausgedehnte Burganlage auf einem ungefähr 1.000 Meter hohen Berg entdeckt und hatte viele Fragen aufgeworfen: Warum waren die heute noch bis zu 15 Meter hohen Mauern nicht schon von den Altertumsforschern im letzten und vorletzten Jahrhundert entdeckt worden? Welchen Zweck hat eine so gewaltige Anlage in dieser abgelegenen Gegend? Warum wurde ganz oben auf dem Berg ein riesiger Speicherbau errichtet? Fragen, die das international besetzte Forscherteam in den nächsten Jahren klären möchte.

    Die auf zwei Ebenen angelegte Anlage gliedert sich in eine langgestreckte Unterburg mit gewaltigen Turmruinen und eine rund 150 Meter höher gelegene Oberburg. Sie besteht aus mehreren überwucherten großflächigen Gebäudekomplexen und gewaltigen Zisternen, da es am Berg selbst keine Quelle gibt. Rings um Unter- und Oberburg befindet sich eine ca. drei Kilometer lange Mauer, die damals sicherlich jeglichen einfachen Zugang verhinderte.
    Auch für unsere Forschergruppe war der Anmarsch beschwerlich. Mit einem geländegängigen Auto ließ sich eine Position 500 Höhenmeter unterhalb des Gipfelkamms erreichen, ab da ging es zu Fuß weiter. Instrumente, Wasser und Lebensmittel wurden kleinen, wendigen Eseln aufgeladen. In einer Senke bei der Unterburg das Camp erreicht - Endstation für die Esel, denn ab da gibt es beim weiteren Aufstieg nur Felsen und Dickicht.

    Sehr hilfreich war für das Camp die Unterstützung durch die türkische Real-Unternehmensgruppe, die einen Container als Arbeitsraum nicht nur spendiert, sondern auch mit dem Hubschrauber an Ort und Stelle geflogen hatte. Dorothea Roos vom Institut für Baugeschichte, die Vermessungsexperten Thomas Schäfer (beide von der Universität Karlsruhe) sowie Thorsten Schwing und Prof. Günter Hell von der Fachhochschule Karlsruhe konnten sich im Container für Wochen einen geeigneten Arbeitsplatz einrichten. Die drei letztgenannten widmeten sich der Vermessung des Berggeländes sowie der Gesamtanlage der Gebäude. Dies bildet die Grundlage für die detaillierte Gebäudeaufnahme der Bauforscher. Zur Unterstützung der Vermessungen wurde ein eigener Bildflug durchgeführt. Die dabei gewonnenen Luftbilder erleichtern die topographische Vermessung der Umgebung. Die Mitglieder der kleinen Karlsruher Gruppe waren nicht die einzigen aktiven Forscher vor Ort. Neben Angehörigen des deutschen archäologischen Instituts (DAI) in Istanbul und türkischen Studenten befasste sich ein italienisches Team mit der siedlungsgeographischen Erforschung des Umlands.

    Abends lieferte ein kleiner Generator Strom für Licht und die Laptops, in denen die täglich gewonnenen Daten in Grafiken und Zeichnungen umgesetzt wurden. Trotz Übernachtung in Zelten, nur kaltem Wasser zum Duschen, das tagtäglich mit den Eseln auf den Berg transportiert wurde, war der Aufenthalt neben der anstrengenden Arbeit auch ein unbeschreibliches Erlebnis: "Beeindruckend für mich war die unheimliche Ruhe - so weit ab von der Zivilisation", beschreibt Thorsten Schwing seine Eindrücke.

    Prof. Adolf Hoffmann, ehemals in Karlsruhe am Institut für Baugeschichte beschäftigt und heutiger Direktor des DAI in Istanbul ist fachlicher Leiter des interdisziplinären Forschungsprojektes und kann das Unternehmen aus Mitteln eines Forschungspreises finanzieren. Begeistert vom Zustand der über 2000 Jahre alten Mauern beschreibt er dessen Zielsetzung: "Ein bis zum Dachrand des zweiten Geschosses perfekt erhaltener Speicherbau fällt besonders ins Auge. Möglicherweise lässt sich mit dieser abgelegenen und schwer erreichbaren Burg der von Strabon (griech. Geschichtsschreiber) überlieferte Ort identifizieren, an dem der Staatsschatz der Seleukiden aufbewahrt wurde."

    Ihren Aufenthalt haben alle Karlsruher gut überstanden. Aber auch dort werden sie nun ständig wieder an "ihre" Burg erinnert: Die anstehende Ausarbeitung der vielen gesammelten Daten soll die Grundlage für die Arbeiten im nächsten Jahr bilden.


    Weitere Informationen:

    http://www.fh-karlsruhe.de/presse/fbg1003.htm


    Bilder

    Der 60 Meter lange Speicherbau
    Der 60 Meter lange Speicherbau

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    Geländegängige "Transporter"
    Geländegängige "Transporter"

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geowissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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