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03.11.2003 17:10

Neu erschienen: Frank R. Pfetsch: Theoretiker der Politik. Von Platon bis Habermas

Dr. Michael Schwarz Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Auf mehr als 700 Seiten präsentiert der Heidelberger Politikwissenschaftler Prof. Dr. Frank R. Pfetsch die klassisch gewordenen Vertreter des politischen Denkens von der griechischen Antike bis zur heutigen Zeit

    Auf mehr als 700 Seiten präsentiert der Heidelberger Politikwissenschaftler Prof. Dr. Frank R. Pfetsch die klassisch gewordenen Vertreter des politischen Denkens von der griechischen Antike bis zur heutigen Zeit. Das im UTB/Fink Verlag veröffentlichte Buch bietet einen chronologisch, nach Perioden zusammengefassten Überblick über die wichtigsten Theoretiker der politischen Geschichte von Platon bis Tocqueville, von Kant bis Habermas.

    Das Werk ist ein Versuch, die politischen Theorien aus der Zeit und den persönlichen Lebensumständen des jeweiligen Autors heraus zu verstehen. Dabei geht es zunächst um die genaue Textexegese, aber auch um das Gespräch neuzeitlicher Interpreten mit dem historischen Autor. Ferner soll auch die Zeit- und Sozialgeschichte des historischen Autors zur Sprache kommen, die bisher allzu sehr vernachlässigt worden ist. Das bedeutet allerdings nicht, dass einer kruden materialistischen Interpretation das Wort geredet wird; vielmehr soll neben der Wissens- bzw. Wissenschaftsgeschichte auch die Sozialgeschichte des jeweiligen Autors einbezogen werden.

    Pfetsch: "Selbstredend sind die Darstellungen aus heutiger Sicht geschrieben worden." Es fließen - um mit Hans-Georg Gadamer zu argumentieren - zwei Horizonte ineinander, der Vergangenheitshorizont des historischen Autors und der Gegenwartshorizont des heutigen Interpreten. "Durch die Verschmelzung solcher vermeintlich getrennter Horizonte entsteht Verstehen."

    Die Auswahl der Autoren sei in diesem Sinne notwendigerweise subjektiv gefärbt. "Jedoch wird der Anspruch erhoben, dass ich die für den gegenwärtigen Diskussionsstand wichtigsten Autoren ausgewählt habe, oder zumindest habe zur Sprache kommen lassen", sagt Pfetsch. So tauche zum Beispiel ein Autor in unterschiedlichen Zusammenhängen immer wieder auf: Carl Schmitt.

    "Einige Darstellungen werden mit ihren Aussagen bis in die Gegenwart verlängert, um ihre Aktualität unter den veränderten Bedingungen der Jetztzeit deutlich zu machen." So werde das Politikverständnis von Machiavelli als moderne Handlungstheorie umformuliert, die utopische Literatur von Thomas Morus bis in die Gegenwart weiterverfolgt, Kants Theorie des Friedens vor historischem und theoriegeschichtlichem Hintergrund geprüft oder der elitentheoretische Ansatz unter den Bedingungen demokratischer bzw. zivilgesellschaftlicher Sichtweisen diskutiert. Nach dem Scheitern der realsozialistischen Experimente stelle sich die Frage nach den Gründen, die möglicherweise (auch) in der Theorie von Marx und Engels zu finden sind. Diese Ausführungen sowie die zu den Elitentheoretikern wie vor allem zu Robert Michels spiegeln das Interesse an der Aufarbeitung fehlgeleiteter Entwicklungen weg von demokratischen hin zu totalitären Regimes.

    Exemplarisch wird auf einige Autoren der Gegenwart eingegangen, die sich mit der Rolle befassen, die Autoren der Vergangenheit in der theoretischen und politischen Diskussion der Gegenwart gespielt haben: Francis Fukuyama etwa führt Hegel als Kronzeuge in der Diskussion über das Ende der Geschichte an, "was die Frage aufwirft, ob er damit diesem historischen Autor gerecht geworden ist". In postfaschistischer Zeit geht es um den Nachweis, inwiefern historische Autoren Denkfiguren eingeführt oder vertreten haben, die totalitäre Regimes erklären oder gar rechtfertigen können. Die Nachkriegsgeneration habe aber auch die Frage nach der (Mit-) Verantwortung für die Verbrechen totalitärer Regimes gestellt.

    "Einige Aussagen historischer Autoren lassen sich aus der ex post Perspektive verifizieren oder falsifizieren. Dies trifft vor allem auf geschichtsphilosophische und solche Aussagen zu, die prognostischen Anspruch erheben", sagt der Heidelberger Politikwissenschaftler.

    Die Chronologie der Autoren wird nicht in beliebiger zeitlicher Abfolge geboten, sondern versucht, sie in den übergreifenden Kontext geschichtlicher Abschnitte zu stellen. Hellenismus, Renaissance, Liberalismus, Ancien Regime, Demokratiekrise und neuzeitliche Demokratie sind historische Referenzperioden, denen einzelne Autoren zugeordnet werden können.

    "Die Darstellungen repräsentieren zugleich das, was das kulturelle Erbe Europas genannt werden kann. Dieses Erbe speist sich sowohl aus dem, was zum Gemeingut des 'Westens' zusammengewachsen ist, als auch aus dem, was die für sich zu begreifenden national geprägten westlichen Kulturen als komplementäre Errungenschaften beigetragen haben. Die Drei-Kulturen-These, wie immer ergänzungsbedürftig, kommt in den Nationalkulturen des Britischen, Französischen und Deutschen zum Tragen. Bei den neueren Politiktheorien kommt selbstredend auch die US-amerikanische Politikwissenschaft zu Wort."

    Kalendarische Auflistungen historischer Ereignisse und persönlicher Lebensdaten der jeweiligen Autoren sollen solche Zuordnungen erleichtern. Die zusammenfassenden Synopsen am Ende des Buches ermöglichen es, die spezifischen Gegebenheiten der einzelnen Autoren nach systematischen Fragestellungen zu erfassen.

    Es wurde darauf geachtet, die Autoren selbst zu Wort kommen zu lassen. Zitate und die Wiedergabe ganzer für wichtig erachteter Passagen sollen dem Leser einen Eindruck auch von der Sprache des jeweiligen Autors vermitteln. Schaubilder, Übersichten, Kurzbiographien und Zeittafeln sollen auch den optischen Zugang erleichtern.

    Dieses Buch ist das Ergebnis langjähriger Beschäftigung mit einzelnen der behandelten Theoretiker, deren Darstellung zum Teil in unterschiedlichen Versionen an anderen Orten publiziert worden sind. Theoriegeschichte war auch Gegenstand mehrerer Vorlesungsreihen und Seminare an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.

    Rückfragen bitte an:
    Prof. Dr. Frank R. Pfetsch
    frank.pfetsch@urz.uni-heidelberg.de

    Dr. Michael Schwarz
    Pressesprecher der Universität Heidelberg
    Tel. 06221 542310, Fax 542317
    michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Politik, Recht
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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