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16.05.2019 11:09

Eine frühere Infektion mit Dengue-Viren könnte Zika-Viren „entschärfen“

Karola Neubert Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Zentrum für Infektionsforschung

    Der Zika-Virus-Ausbruch in Lateinamerika hat inzwischen über 60 Millionen Menschen getroffen. Insbesondere für Schwangere und deren Kinder hatte eine Infektion potenziell fatale Folgen: viele Kinder wurden anschließend mit Fehlbildungen des Kopfes, der sog. Mikrozephalie, geboren. Besonders häufig trat diese Fehlbildung im Nordosten Brasiliens auf. DZIF-Wissenschaftler an der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben versucht, die Gründe für diese regionale Häufung herauszufinden. Dabei fanden sie überraschend einen Schutzfaktor.

    „Wir wissen inzwischen sicher, dass eine Zika-Virus-Infektion während der Schwangerschaft den ungeborenen Fötus so schädigen kann, dass das Kind eine Mikrozephalie und andere mitunter gravierende Symptome entwickelt“, erklärt Prof. Dr. Felix Drexler, der an der Charité Virusforschung betreibt und seit Jahren im DZIF Nachweisverfahren für Zika- und andere Viren entwickelt. Die Bilder der kranken Neugeborenen hatten noch vor wenigen Jahren Entsetzen und Ratlosigkeit ausgelöst. „Was wir allerdings bisher nicht verstanden haben, ist das gehäufte Auftreten von Mikrozephalien in bestimmten Regionen, zum Beispiel im Nordosten Brasiliens“, so Drexler. Warum sind werdende Mütter dort gefährdeter durch eine Zika-Infektion als anderswo? Die Wissenschaftler begannen nach Co-Faktoren zu suchen, die darüber entscheiden, ob eine Zika-Infektion während der Schwangerschaft fatale Folgen hat oder nicht.

    Ein Co-Faktor unter Verdacht

    Verdächtigt als Co-Faktor wurden die Dengue-Viren, die in Lateinamerika weit verbreitet sind und das Denguefieber auslösen. Die Wissenschaftler vermuteten zunächst, dass die Antikörper, die der Mensch gegen das Dengue-Virus bildet, bei einer späteren Zika-Infektion zu einer Fötus-Schädigung beitragen könnten. Man weiß seit längerem, dass diese Antikörper unter bestimmten Bedingungen Infektionen verstärken können.
    Doch das Gegenteil scheint bei Zika der Fall zu sein. „Unsere Studie zeigt überra-schenderweise, dass frühere Dengue-Infektionen gegen Zika-assoziierte Schädigungen schützen“, betont Drexler.

    Die Studie

    Um die Interaktion zwischen Dengue- und Zika-Viren zu untersuchen, wurde zunächst das Erbgut aller bekannten Dengue-Viren aus Brasilien untereinander verglichen. So wollten die Forscher herausfinden, ob im Nordosten Brasiliens eventuell die letzten Jahrzehnte Dengue-Viren vorkamen, die in dieser Region eine unterschiedliche Immunität hinterlassen haben könnten im Vergleich zu anderen Teilen Brasiliens. Die Wissenschaftler haben außerdem umfangreiche serologische Tests in Salvador, Brasilien, durchgeführt: Proben einer Fall-Kontroll-Studie wur-den auf Antikörper gegen das Zika-Virus und gegen die vier verschiedenen Dengue-Serotypen getestet. Es wurden Proben von 29 Müttern untersucht, die eine Zika-Virusinfektion während der Schwangerschaft hatten und deren Kinder Mik-rozephalie zeigten. Als Kontrolle dienten Proben von 108 Zika-Virus-infizierten Müttern mit gesunden Kindern. Für die Studie haben die Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin eng mit der Bundesuniversität von Bahia und dem Institut für Virologie des Universitätsklinikums Bonn zusammengearbeitet.

    Ein Co-Faktor wird zum Schutzfaktor

    Die Untersuchung zeigte, dass eine bestehende Immunität gegen das Dengue-Virus das Risiko für eine Zika-Infektion mit fatalen Folgen für das Neugeborene signifikant verringert. „Wir können jetzt sagen, dass sich Menschen mit früheren Infektionen durch das Dengue-Virus nur geringe Sorgen machen müssen, deswegen schwerere Zika-Infektionen zu erleiden“, fasst Drexler die Ergebnisse zusammen. Für Schwangere ist das eine wichtige Entwarnung.
    Der Verdacht des Dengue-Virus als Co-Faktor für die kongenitalen Zika-Infektionen hat sich damit nicht bestätigt. Die Wissenschaftler suchen nun weiter nach Co-Faktoren und nach Möglichkeiten, das Risiko einer Mikrozephalie frühzeitig zu erkennen.

    Hintergrund
    Die Gruppe um Felix Drexler konnte bereits mehrere neuartige Zika-Virus-Tests entwickeln. Das Projekt zur Zika-Diagnostik in Brasilien wurde vom DZIF auf den Weg gebracht, um der Gefahr von neu auftretenden Infektionen gerecht zu werden. Es wird außerdem vom EU-Programm Horizon 2020 gefördert.

    Zika- und Dengue-Viren
    Das Zika-Virus wird in der Regel von Mücken übertragen, insbesondere von der Gattung Aedes, kann aber auch sexuell übertragen werden. Die Symptome einer Zika-Virus-Infektion sind Hautausschlag, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen, Bindehautentzündung und manchmal Fieber. Im Vergleich zu anderen tropischen, von Mücken übertragenen Erkrankungen werden diese aber als milder ausgeprägt beschrieben. Bei Kindern im Mutterleib kann das Virus Hirnfehlbildungen verursachen.
    Das Dengue-Virus wird ebenfalls durch Stechmücken der Gattung Aedes übertragen und es kann der Symptomatik bei einer Infektion mit dem Zika-Virus ähneln. Dengue-Fieber äußert sich in stark erhöhter Temperatur, Kopf- und Gliederschmerzen. Meist erholen sich Betroffene innerhalb weniger Tage wieder, es kann aber auch zu Komplikationen kommen. Das Dengue-Fieber gehört zu den häufigsten durch Mücken verbreiteten Erkrankungen der Welt.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Jan Felix Drexler
    DZIF-Forschungsbereich “Neu auftretende Infektionskrankheiten”
    Charité – Universitätsmedizin Berlin
    Institut für Virologie
    T +49 30 450 525461
    E-Mail: felix.drexler@charite.de


    Originalpublikation:

    Pedroso C, Fischer C, Feldmann M, Sarno M, Luz E, Moreira-Soto A, et al. Cross-protection of dengue virus infection against congenital Zika syndrome, northeast-ern Brazil. Emerg Infect Dis. 2019 Aug [ahead of print]


    Weitere Informationen:

    https://wwwnc.cdc.gov/eid/article/25/8/19-0113_article Publikation


    Bilder

    Stechmücken können verschiedene Viruserkrankungen übertragen
    Stechmücken können verschiedene Viruserkrankungen übertragen
    cdc/James Gathany
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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