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04.11.2003 14:55

Benachteiligte Schüler haben oft realitätsferne Berufsziele

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Die Situation auf dem Arbeitsmarkt bleibt schwierig, gerade auch für Berufsanfänger und Bewerber auf Ausbildungsstellen. Benachteiligte Jugendliche, zum Beispiel Schüler mit Körperbehinderungen oder Lernschwierigkeiten, müssen darum besonders gut auf den Übergang von der Schule in die Arbeitswelt, auf die Berufswahl und letztlich auf das Berufsleben vorbereitet werden. Hierbei liegen jedoch einige Dinge im Argen, wie Wissenschaftler von der Uni Würzburg meinen.

    Um Abhilfe zu schaffen, wollen sie nun Methoden des berufswahlvorbereitenden Unterrichts auf ihre Eignung für die Arbeit mit benachteiligten Jugendlichen hin überprüfen und die Verschiebung von Schwerpunkten anregen. Zusammen mit Schulen in Schweinfurt und Würzburg sollen schließlich neue methodische Wege entwickelt werden.

    "Viele körperbehinderte Jugendliche haben absolut realitätsferne Berufswünsche", sagt Dr. Peter Pfriem, Fachvertreter für die Didaktik der Arbeitslehre an der Uni. Diese Beurteilung bezieht sich gleichermaßen auf die körperlichen Anforderungen wie auf die nötigen schulischen Zugangsqualifikationen. Die jungen Leute streben beispielsweise die Ausbildung zum Altenpfleger, Verkäufer oder Handelsfachpacker an, obwohl sie nicht die dafür notwendige körperliche Belastbarkeit mitbringen.

    Im anderen Fall möchten Schüler aus einem so genannten "B-Zug", die allenfalls die Option auf einen einfachen Hauptschulabschluss haben, Handwerksberufe wie Kfz-Mechaniker oder Tischler lernen. Dafür sei aber in der Einstellungspraxis als schulische Voraussetzung mindestens ein guter Qualifizierender Hauptschulabschluss, teilweise bereits ein Mittlerer Bildungsabschluss obligatorisch. "Im berufswahlvorbereitenden Unterricht oder in Berufs- und Betriebspraktika scheinen konkrete Fragen nach der beruflichen Eignung der Betroffenen wenig oder falsch thematisiert zu werden", meint Pfriem.

    Zu dieser Überzeugung ist der Arbeitslehre-Didaktiker bei einer Studie gekommen, die er gemeinsam mit dem Diplom-Pädagogen Jürgen Moosecker vom Lehrstuhl für Sonderpädagogik II der Uni Würzburg durchgeführt hat. Dabei wurden Jugendliche mit Körperbehinderungen aus den achten, neunten und zehnten Klassen (Berufsvorbereitungsjahr) der Förderschule befragt: Welche Berufswünsche haben sie? Wie kommen diese zu Stande? Wie verläuft ihr Berufswahlprozess? Und wie schätzen sie sich selbst und ihre beruflichen Chancen ein?

    Die Studie ergab unter anderem, dass die meisten Schüler Betriebspraktika oder Betriebserkundungen für sehr wichtig halten. "Wenn solche Aktivitäten richtig geplant, durchgeführt und nachbereitet und wenn geeignete Berufsfelder gewählt werden, können die Jugendlichen dabei durchaus Nischen für eine Zukunft in der Arbeitswelt finden", so Pfriem und Moosecker.

    Die Würzburger Wissenschaftler haben ihr Projekt noch ausgeweitet und zusätzlich 400 Jugendliche in Schulen mit dem Förderschwerpunkt "Lernen", in daran anschließenden Förderlehrgängen und im Berufsvorbereitungsjahr befragt. Die Auswertung läuft noch, doch es zeichnen sich ähnliche Ergebnisse ab wie bei der ersten Studie.

    Schon jetzt mahnen die Forscher Konsequenzen für die Auswahl der Lerninhalte und Methoden ebenso wie für die Ausbildung und Weiterbildung der Lehrkräfte an: "Unrealistische Berufswünsche aufgrund einer falschen Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und der Möglichkeiten des Arbeitsmarktes haben oft chaotische und durch ständiges Scheitern geprägte Berufsbiographien zur Folge. Sie lassen sich sicher aufgrund einer soliden Beratung und durch neue Wege im berufswahlvorbereitenden Unterricht verringern."

    Die Entwicklung geeigneter pädagogischer, didaktischer und methodischer Maßnahmen und die Beschäftigung mit Modellprojekten an Schulen sei die notwendige Reaktion auf die Ergebnisse ihrer Studie, sagen Moosecker und Pfriem. All das nehmen sie nun zusammen mit Studierenden der Sonderpädagogik und in Kooperation mit ausgewählten Schulen als Abschluss des Projekts in Angriff. Die Ergebnisse der ersten Studie, bei der Jugendliche mit Körperbehinderungen befragt wurden, sind bereits publiziert:

    Peter Pfriem/Jürgen Moosecker: Arbeitslehre an der Schule für Körperbehinderte - Teilbereich Berufswahlvorbereitung - Ergebnisse einer Befragung und Entwicklung von Rahmenbedingungen einer Adaption der Allgemeinen Arbeitslehre. In: Behindertenpädagogik in Bayern, 46. Jg., 3. Vierteljahr 2003, Nr. 3, Seiten 172 - 181.

    Weitere Informationen: Jürgen Moosecker, T (0931) 888-4836, und Dr. Peter Pfriem, T (0931) 888-4877, E-Mail:
    jürgen.moosecker@mail.uni-wuerzburg.de
    peter.pfriem@mail.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Pädagogik / Bildung
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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