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96 Prozent der Deutschen konsultieren „Dr. Google“ bei Gesundheitsfragen, jeder Sechste sogar wöchentlich. Gleichzeitig tun sich zwei Drittel der Nutzer nach eigenen Angaben schwer damit zu erkennen, wie verlässlich die aufgerufenen Informationen sind. Fast jeder Dritte verschweigt seinem Arzt die Recherche im Netz. Diese Zahlen, die die Bertelsmann-Stiftung kürzlich vorgelegt hat, zeigen das Potenzial, aber auch die Probleme der neuen Informationswege auf. Wie das Netz die Gesundheitskompetenz stärken kann, ohne das Arzt-Patient-Verhältnis zu belasten, diskutieren Experten auf einer Pressekonferenz, die anlässlich der 90. Jahrestagung der DGHNO-KHC am 28. Mai 2019 in Berlin stattfindet.
Die Gesundheitskompetenz der Patienten gilt heute als wichtige Stellschraube in der Medizin. „Wer in dieser Hinsicht kompetent ist, muss seltener im Krankenhaus behandelt werden und verfügt in bestimmten Fällen sogar über eine geringere Sterblichkeit“, sagt Professor Dr. med. Friedrich Ihler, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde der Ludwig-Maximilians-Universität München, im Vorfeld der Pressekonferenz. Diese Kompetenz umfasst beispielsweise die Fähigkeit, Beipackzettel für Medikamente und dort beschriebene Verhaltensanweisungen richtig zu interpretieren, aber auch, Werbebotschaften und die Zuverlässigkeit von Informationen zu erkennen.
Am Beispiel des Morbus Menière – einer Erkrankung des Innenohrs, die zu anfallartigem Schwindel führen kann und oft von Hörstörungen und Tinnitus begleitet wird – hat Professor Ihler daher die Qualität von Gesundheitsinformationen im Internet überprüft. „Die Diagnose und Therapie des Morbus Menière ist komplex, entsprechend hoch ist der Informationsbedarf der Betroffenen“, erläutert der Experte. Unter den ersten 30 Webseiten, die Google zum Suchbegriff „Morbus Meniere“ auflistete, fanden Professor Ihler und seine Kollegen 14 von elektronischen Medien und weitere sieben von Unternehmen, die Medizinprodukte herstellen. Bei lediglich sechs Seiten waren Ärzte oder Krankenhäuser die Urheber. „Diese Seiten tauchten zudem erst ab Position 12 der Ergebnisliste auf“, sagt Professor Ihler – das sei insofern bedenklich, als Nutzer in aller Regel nur die ersten zehn Treffer weiterverfolgten.
Die Qualität der 30 untersuchten Seiten ließ insgesamt zu wünschen übrig: Auf der sogenannten DISCERN-Bewertungsskala für Patienteninformationen im Internet erreichten sie im Schnitt nur 2,5 von fünf Punkten. Zudem verfügte nur jede zehnte Seite über ein HON-Zertifikat, erfüllte also die von der Stiftung Health on the Net (HON) formulierten Vorgaben bezüglich Transparenz, Datenschutz für die Nutzer, wissenschaftlicher Belegbarkeit von Behauptungen und Offenlegung der Finanzierung. Außerdem müssen laut HON-Kodex redaktionelle Inhalte klar von Werbung abgegrenzt und die Qualifikation der Verfasser erkennbar sein. Sechs der 30 Seiten enthielten außerdem Falschinformationen.
„Man muss davon ausgehen, dass autonome Patientenentscheidungen nicht allein auf der Basis von Web-Informationen möglich sind“, folgert Professor Ihler. Diese müssten immer von einem Arzt gewichtet und für den Einzelfall interpretiert werden. Da Patienten ihre Internet-Recherche nur selten von sich aus ansprechen, sei es Aufgabe des Arztes, gezielt nach Vorinformationen zu fragen und auf diese einzugehen. In jedem Fall verändere das Internet das Arzt-Patient-Verhältnis: „Gut informierte Patienten fordern eine stärkere Beteiligung an medizinischen Entscheidungen ein“, sagt der Experte. Ein Arzt, der das Autonomie- und Informationsbedürfnis der Patienten anerkenne und unterstütze, könne das Vertrauensverhältnis aber sogar stärken. Dazu gehöre es, dem Patienten nicht von der Internet-Recherche abzuraten, sondern ihm verlässliche Web-Seiten als Quelle an die Hand zu geben. Sorge, dass das Internet dem Arzt den Rang abläuft, hat Professor Ihler nicht: Bei Befragungen von Patienten wurde bisher letztlich noch immer der behandelnde Arzt als wichtigste Informationsquelle genannt.
Auf der Pressekonferenz am 28. Mai 2019 in Berlin diskutieren die Experten neben der Rolle von Gesundheitsinformationen aus dem Netz auch über weitere wichtige Themen der Digitalisierung für das Fach der HNO-Heilkunde.
Bei Veröffentlichung Beleg erbeten.
Literatur:
F Ihler, M Canis: Die Rolle des Internets für Gesundheitsinformationen in der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Laryngo-Rhino-Otol 2019; 98(S 01): S290–S333 DOI: 10.1055/a-0801-2585
F Ihler, BG Weiß, M Canis, JL Spiegel: Charakterisierung und Bewertung von deutschsprachigen Patienteninformationen im Internet zu Morbus Menière. Laryngo-Rhino-Otol 2019; 98(S 02): S174 DOI: 10.1055/s-0039-1686179
Bertelsmann-Stiftung (Hrsg.): Das Internet: Auch Ihr Ratgeber für Gesundheitsfragen? Bevölkerungsumfrage zur Suche von Gesundheitsinformationen im Internet und zur Reaktion der Ärzte. 1. Auflage 2018, 32 Seiten (PDF). DOI 10.11586/2017052
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Terminhinweis:
90. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V. (DGHNO-KHC)
„Digitalisierung in der HNO-Heilkunde“
Termin: Mittwoch, den 29. Mai bis Samstag, den 1. Juni 2019
Ort: Estrel Congress Center, Sonnenallee 225, 12057 Berlin
Pressekonferenz anlässlich der 90. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V. (DGHNO-KHC)
„Digitalisierung in der HNO-Heilkunde“
Termin: Dienstag, 28. Mai 2019, 11.00 bis 12.00 Uhr
Ort: Estrel Congress Center Berlin, Sonnenallee 225, 12057 Berlin, Raum Nizza
Themen und Referenten:
Kongressausblick, Kongresshighlights: Chancen der Digitalisierung in der HNO-Heilkunde
Prof. Dr. med. Stefan Dazert
Kongresspräsident und Direktor der Universitäts-Hals-Nasen-Ohrenklinik Bochum
Dr. Google – Die Rolle des Internets für Gesundheitsinformationen in der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
Prof. Dr. med. Friedrich Ihler
Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde der Ludwig-Maximilian-Universität München
Die Revolution in der Tumortherapie – Integration von immunonkologischen Ansätzen
Univ.-Prof. Dr. med. Andreas Dietz
Direktor der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Universitätsklinikum Leipzig
Aktuelles zur Atemwegsstimulation bei obstruktiver Schlafapnoe
Priv.-Doz. Dr. med. Armin Steffen
Klinik für Hals-Nasen- und Ohrenheilkunde, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
Hörverstehen: „Wir hören nicht mit den Ohren allein.“
Priv.-Doz. Dr. med. Christiane Völter
Leiterin Hörrehabilitation an der Universitäts-Hals-Nasen-Ohrenklinik, St. Elisabeth-Hospital Bochum
Moderation: DGHNO-KHC Pressestelle, Stuttgart
Kontakt für Journalisten:
Pressestelle Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde,
Kopf- und Hals-Chirurgie e.V., Bonn (DGHNO-KHC)
Stephanie Priester, Heinke Schöffmann
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel: 0711 89 31-605/-442
Fax: 0711 89 31 167
E-Mail: priester@medizinkommunikation.org, schoeffmann@medizinkommunikation.org
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer
Deutsch
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