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12.06.2019 12:10

Zwischen Teufeln und Mördern

Charlotte Brückner-Ihl Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Justus-Liebig-Universität Gießen

    Die Theatergruppe des Instituts für Germanistik der Justus-Liebig-Universität Gießen präsentiert Felix Büchsers Spiel vom Hl. Meinrad – Aufführung in Gießen am 24. Juni 2019

    Wie die Mächte des Bösen und des Guten um die Seelen der Menschen ringen, führt die Theatergruppe des Instituts für Germanistik der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) am
    24. Juni, 6. Juli und 19. Juli 2019 in Gießen, Grünberg und Hungen anhand eines der frühesten gegenreformatorischen Stücke der Schweiz vor und tourt damit sogar bis nach Genua: Auf dem Programm steht Felix Büchsers Spiel vom Hl. Meinrad – ein Stück, das ursprünglich im Jahr 1576 für eine Aufführung in Kloster Einsiedeln verfasst wurde.

    An Theaterblut, Rauch und Requisiten wird nicht gespart. Unter fachkundiger Anleitung der Germanistin Prof. Dr. Cora Dietl präsentieren zwölf JLU-Studierende das Einsiedler Meinradspiel zum Abschluss des Sommersemesters in Gießen und Umgebung sowie am
    9. Juli 2019 auf dem Kongress der Internationalen Gesellschaft zur Erforschung des mittelalterlichen Theaters (SITM) in Genua.

    Die Premiere findet am 24. Juni 2019, um 19.30 Uhr im Botanischen Garten der JLU statt. (Eintritt: 5 Euro, ermäßigt 3 Euro, LZG-Mitglieder frei). Die Vertreterinnen und Vertreter der Medien sind außerdem herzlich eingeladen zur Hauptprobe am 17. Juni 2019 um 16.30 Uhr im Philosophikum I, Otto-Behaghel-Straße 10, Raum B 031.

    Die asketische Frömmelei sei doch nur „Beschiss und Betrug“, um Wallfahrer anzulocken und ihnen das mühsam ersparte Geld aus der Tasche zu ziehen, meinen die Räuber Richard und Peter, als sie den Hl. Meinrad in seiner Klause im Finsteren Wald am Einsiedler See überfallen und erschlagen, weil er ihnen nicht sagen kann, wo er seine angeblichen Schätze versteckt hat. Das Unverständnis für eine andere, religiös begründete Lebensweise dient als Motor für eine letztlich aus Besitzgier motivierte Gewalttat. Damit hat Felix Büchser im Jahr 1576 ein überzeitliches Phänomen beschrieben, als er, eigentlich Altarmaler und Schnitzer, im Auftrag des Klosters Einsiedeln ein Theaterstück über den Patron des Klosters verfasste.

    Das Einsiedler Meinradspiel ist eines der Stücke, die im Rahmen des an der JLU angesiedelten DFG-Projekts „Inszenierungen von Heiligkeit im Kontext der konfessionellen Auseinandersetzungen“ behandelt werden. Als eines der frühesten gegenreformatorischen Stücke der Schweiz stellt es ein theaterhistorisches Kuriosum dar, da es spätmittelalterliche und barocke Strukturen miteinander verbindet, so dass die Aussage des Stücks umso stärker hervorgehoben wird. Das wird in der zweiten Hälfte des ursprünglich zweitägigen Spiels besonders deutlich, auf die sich die Aufführung der Gießener Theatergruppe beschränkt.

    Wie ein barockes Drama spiegelt das Meinradspiel die Haupthandlung um den hochadeligen heiligen Helden in einem zweiten Handlungsstrang um einen Antihelden am unteren Ende der gesellschaftlichen Hierarchie: um den Dieb, Mörder und Betrüger Uli Bösbub. Wie eine frühneuzeitliche Moralität räumt das Drama dem Widerspiel von Teufeln und Engeln einen beachtlichen Raum ein und zeigt, wie die Mächte des Bösen und des Guten um die Seelen der Menschen ringen. Wie ein Jesuitendrama setzt es auf Spezialeffekte, welche die Einflussnahme der überirdischen Mächte auf die Handlung augenfällig machen. Wie ein mittelalterliches Spiel schließlich kennt es keine scharfe Trennung zwischen Bühnenraum und Zuschauerraum und verdeutlicht damit umso mehr, dass das auf der Bühne Gezeigte nichts rein Historisches ist, sondern die Welt der Zuschauer integriert. Verbindungsglied zwischen der im 8. Jahrhundert spielenden Handlung und der Gegenwart des Publikums ist die Geldgier: Sie führt nicht nur zum Tod des Heiligen; sie ist auch Antriebskraft Ulis, der vor keinem Verbrechen zurückschreckt. Hinter der schädlichen Gier steht Mammon, der sich im Stück als einer der besonders aktiven Geister der Hölle präsentiert. Damit rückt die Kapitalismuskritik noch stärker ins Zentrum des Spiels als die Kritik an den Tadlern des alten Glaubens. Und genau das macht das Einsiedler Meinradspiel auch heute noch aufführbar.

    Mitwirkende:
    Prof. Dr. Cora Dietl Frau des Krämers / Wirt
    Maik Eschler Richter / Zweiter Spieler
    Sven Forcher Meinrad / Stadtknecht
    Lydia Hebold Satan / Kunz
    Melissa Heerz Uli Bösbub / Zimmermann
    Adnan El Homrani Ordensbruder
    Hannah Keßler Ulis Frau / Richard
    Jonas Oosterhuis Narr / Mammon
    Charlotte Paeschke Herold / Engel / Erster Spieler
    Anna Marie Russell Beelzebub / Scherge
    Hanna-Matthea Schmale Krämer / Peter
    Schlera Tariq Beerith
    Vanessa Uhl Äbtissin / Tod

    Die Aufführung wird unterstützt durch den Magistrat der Universitätsstadt Gießen, das Literarische Zentrum Gießen (LZG), das Museum im Spital Grünberg, die Freunde des Museums im Spital Grünberg, den Freundeskreis Schloss Hungen, die JLU und das Hessische Landestheater Marburg. Für die Reise nach Genua ist die Schauspielgruppe weiteren Förderern zu Dank verpflichtet.

    Bilder
    Bildunterschriften:
    Melissa Heerz als Uli Bösbub und Hannah Keßler als seine Frau. (1)
    Melissa Heerz als Zimmermann und Vanessa Uhl als Äbtissin. (2)
    Lydia Hebold als Lucifer, Schlera Tariq als Beerith und Anna Marie Russell als Beelzebub (3) Fotos: Schlera Tariq (1, 2), Cora Dietl (3)

    Termine
    Aufführungstermine in der Region:
    24.06.2019, 19.30 Uhr: Gießen, Botanischer Garten
    (Eintritt: 5 Euro / ermäßigt 3 Euro / LZG-Mitglieder frei)
    06.07.2019, 16.00 Uhr: Grünberg, Schloss (ehemaliges Antoniterkloster) (Eintritt frei)
    19.07.2019, 18.00 Uhr: Hungen, Schloss (Eintritt frei)

    Nur für Medienvertreter:
    Hauptprobe am 17.06.2019, 16.30 Uhr,
    Philosophikum I, Otto-Behaghel-Straße 10, Raum B 031.

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    Die 1607 gegründete Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) ist eine traditionsreiche Forschungsuniversität, die rund 28.000 Studierende anzieht. Neben einem breiten Lehrangebot – von den klassischen Naturwissenschaften über Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Gesellschafts- und Erziehungswissenschaften bis hin zu Sprach- und Kulturwissen¬schaften – bietet sie ein lebenswissenschaftliches Fächerspektrum, das nicht nur in Hessen einmalig ist: Human- und Veterinärmedizin, Agrar-, Umwelt- und Ernährungswissenschaften sowie Lebensmittelchemie. Unter den großen Persönlichkeiten, die an der JLU geforscht und gelehrt haben, befindet sich eine Reihe von Nobelpreisträgern, unter anderem Wilhelm Conrad Röntgen (Nobelpreis für Physik 1901) und Wangari Maathai (Friedensnobelpreis 2004). Seit dem Jahr 2006 wird die Forschung an der JLU kontinuierlich in der Exzellenzinitiative bzw. der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern gefördert.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Cora Dietl
    Institut für Germanistik der Justus-Liebig-Universität Gießen
    Otto-Behaghel-Straße 10 B; 35394 Gießen
    Telefon: 0641 99-29080; Fax: 0641 99-29089
    E-Mail: cora.dietl@germanistik.uni-giessen.de


    Weitere Informationen:

    http://www.staff.uni-giessen.de/~g91159/theaterprojekte.htm
    http://www.sitm.info/genova-program


    Bilder

    Intensive Proben: Lydia Hebold als Lucifer, Schlera Tariq als Beerith und Anna Marie Russell als Beelzebub.
    Intensive Proben: Lydia Hebold als Lucifer, Schlera Tariq als Beerith und Anna Marie Russell als Bee ...
    Foto: Cora Dietl
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Kulturwissenschaften, Musik / Theater, Sprache / Literatur
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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