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Wissenschaft
Der Name des Reformpädagogen und Schriftstellers Willy Steiger ist heute kaum noch bekannt. Im Sax-Verlag Markkleeberg erscheint nun unter dem Titel „Vom Zeitzeugen des Völkermords an den Armeniern zum Reformpädagogen und Schriftsteller: Willy Steiger (1894–1976) Biografie und Werkauswahl“ ein großformatiger, 712 Seiten umfassender Band. Mit diesem Buch schließt sein Autor Andreas Pehnke gleichzeitig ein Forschungsprojekt ab. Es wurde im Rahmen des Kurt von Fritz-Wissenschaftsprogramms THEORIA zur Förderung der Geistes- und Sozialwissenschaften des Landes Mecklenburg-Vorpommern 2017–20 sowie einer Förderung durch die Max-Traeger-Stiftung realisiert.
Der Band vereint Steigers Antikriegsliteratur sowie seine damaligen Bestseller erfolgreich gelebter Reformpädagogik. So steht zunächst sein autobiografischer Roman „Soldat Jürgen bei den Türken“ (1928) im Mittelpunkt. In dem Roman verarbeitete Steiger seine Erlebnisse im Ersten Weltkrieg an der Westfront und an der Sinaifront. In der Orientarmee war Steiger jüngster Offizier. Er wurde zum Chronisten des Genozids an den Armeniern. Steigers Frontbriefe ergänzen seine Literatur als authentische Zeugnisse der Kriegsrealität.
Während der Weimarer Republik wirkte Steiger als Volksschullehrer an der staatlichen Versuchsschule der Gartenstadt Hellerau bei Dresden. Seine noch heute innovativen Praxisberichte aus dieser Zeit finden sich im nächsten Teil des Bandes. Nebenberuflich arbeitete Steiger seit 1925 als Lektor im Dresdner Carl Reissner Verlag, der ersten Verlagsadresse zur Förderung der Weimarer Demokratie. Unter den Nationalsozialisten wurde Steiger 1933 zwangsversetzt und seine Literatur auf den Index gesetzt. 1938 erfolgte die Liquidation des Reissner Verlages. Steigers Unterstützung für verfolgte jüdische Autoren im In- und Ausland blieb von den neuen Machthabern unentdeckt.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges erlangte vor allem Steigers leidenschaftliches Plädoyer für eine unvoreingenommene Reformpädagogik-Rezeption während der halbjährigen „Tauwetterperiode“ im Jahr 1956 im real existierenden Sozialismus überregionale Bedeutung. Posthum erlebte sein reformpädagogisches Hauptwerk „S’ blaue Nest“ (1925) auf dem Höhepunkt der konsequentesten Bildungsreformphase in der Bundesrepublik durch Reprintausgaben 1977 und 1978 Wertschätzung. Seither war Willy Steiger zu Unrecht fast in Vergessenheit geraten.
Weitere Informationen
Pehnke, A. (2019): Vom Zeitzeugen des Völkermords an den Armeniern zum Reformpädagogen und Schriftsteller: Willy Steiger (1894–1976). Biographie und Werkauswahl. Sax-Verlag, Markkleeberg, 712 Seiten.
ISBN 978-3-86729-234-4
Über den Autor
Der Herausgeber Andreas Pehnke ist seit 1993 Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Pädagogik (Systematische, Historische, Vergleichende Pädagogik) an der Universität Greifswald. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Historische Reformpädagogik-Rezeption in den internationalen Schulreformbestrebungen, Friedenspädagogik sowie Lehrermaßregelungen in den Diktaturen des 20. Jahrhunderts.
THEORIA – Kurt von Fritz-Wissenschaftsprogramm https://www.regierung-mv.de/Landesregierung/bm/Wissenschaft/Forschung/theoria/
Max-Trager-Stiftung https://www.gew.de/stiftungen-vereine/max-traeger-stiftung/
FOTO:
Willy Steiger mit seinen Schülern – Foto: Privatarchiv der Familie Steiger
Das Foto kann für redaktionelle Zwecke im Zusammenhang mit dieser Medieninformation kostenlos unter pressestelle@uni-greifswald.de angefordert werden. Bei Veröffentlichung ist der Name des Bildautors zu nennen.
Ansprechpartner an der Universität Greifswald
Prof. Dr. Andreas Pehnke
Institut für Erziehungswissenschaft
Ernst-Lohmeyer-Platz 3, 17489 Greifswald
Telefon 03834 420 3700
pehnke@uni-greifswald.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Pädagogik / Bildung
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
Deutsch
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