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07.11.2003 12:07

Im Kampf gegen die Massenvergiftung in Bengalen

Dr. Elisabeth Zuber-Knost Presse und Kommunikation
Universität Karlsruhe (TH) - Forschungsuniversität.gegründet 1825

    Nr. 125/7.11.2003/Dr. Michael Rauhe

    Im Kampf gegen die Massenvergiftung in Bengalen

    Karlsruher Forscher untersuchen mit Arsen belastetes Grundwasser

    Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht von der "größten Massenvergiftung in der Geschichte der Menschheit": Die hohe Belastung des Grundwassers mit Arsen bedroht Gesundheit und Leben von mehreren Millionen Menschen in West-Bengalen (Nord-Ost-Indien) und Bangladesch. Eine Gruppe von Wissenschaftlern um Professorin Dr. Doris Stüben vom Institut für Mineralogie und Geochemie der Universität Karlsruhe will der Gefahr auf den Grund gehen.

    Schon zweimal ist Frank Wagner, Doktorand am Institut, in das Katastrophengebiet gefahren. Er hat dort rund 70 arsenverseuchte Brunnen untersucht und festgestellt, dass sich die Lage im Verlauf eines Jahres zumindest nicht stark verschlimmert hat: "Von den beprobten Brunnen zeigen nur wenige einen deutlichen Arsenanstieg." In Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Karlsruhe setzen Wagner und sein Team auf die Synchrotron-Technologie, die Untersuchungen im Hundertstel Millimeter-Bereich erlauben. Mit dieser Methode kommen sie der Verteilung des Arsens in den Sedimentkörnern der grundwasserführenden Schichten auf die Spur und können so Hinweise zu der Freisetzung des "tödlichen Giftes" bekommen. Ist diese Arbeit erfolgreich, kann eine Gefahren-Prognose für die zukünftige räumliche Entwicklung der Arsenkontamination erstellt werden. Dabei beschränken sich die Wissenschaftlicher "auf ein kleines Operationsgebiet im Malda Distrikt, um den Leuten konkret mit lokalen Ergebnissen zu helfen", erklärt Dr. Zsolt Berner, Koordinator des Karlsruher Projektes. Erste bescheidene Erfolge im Kampf gegen die schreckliche Massenvergiftung zeichnen sich bereits ab. Von den Karlsruher Wissenschaftlern wurden Betroffene zur praktischen Selbsthilfe angeleitet: Ein einfacher, aber effektiver Filter - etwa ein alter Eimer, gefüllt mit Kies und Sand - reicht schon, um große Mengen des im Trinkwasser gelösten Arsens zusammen mit Eisen ausflocken zu lassen.

    Die Zeit drängt: Das Gift macht die Menschen todkrank. Krebs- und Hauterkrankungen nehmen deutlich zu. Vor 15 Jahren wurde das Umweltdesaster bekannt - und noch weiß niemand genau, was die lebensbedrohliche Freisetzung des Arsens im Grundwasser auslöst. Das in den Sedimenten der Bengalischen Delta-Ebene natürlich vorkommende Arsen gelangt vermutlich erst durch menschliche Einflüsse in hohen Konzentrationen ins Grundwasser, möglicherweise durch einsickernde Abwässer, Überdüngung mit Phosphat oder intensives Pumpen. Mikroorganismen spielen dabei eine entscheidende Rolle.

    Eine weitere Dimension der Katastrophe hat die ehemalige DAAD-Stipendiatin Paramita Agarwala vom Department of Earth Sciences, Indian Institute of Technology Bombay, unter die Lupe genommen: In einer von Dr. Stefan Norra mitbetreuten Pilotstudie am IMG untersuchte sie verschiedene Kulturpflanzen im Katastrophengebiet auf deren Arsengehalt - etwa Weizen und Reis, die mit arsenbelastetem Grundwasser bewässert werden. Norra kann in diesem Punkt zwar vorerst Entwarnung geben: "Die gemessenen Werte in den von uns untersuchten Feldfrüchten sind für die Gesundheit des Menschen entsprechend den Richt- und Grenzwerten nicht relevant. Es scheint, dass nur sehr wenig Arsen in die Zellen der Wurzeln eindringt und das meiste davon in Eisenausfällungen außen an der Wurzel hängen bleibt. Das kann die geringen Konzentrationen in den untersuchten Getreidekörnern erklären." Was aber passiert mit Knollenfrüchten wie Kartoffeln, Rüben und Möhren? Werden sie vielleicht auch an Vieh verfüttert? Welchen Beitrag leistet diese Arsenquelle zusätzlich zur Belastung von Haustieren durch das Trinkwasser? Indische Wissenschaftler haben bereits "bedenkliche" Arsenwerte in Kuhmilch festgestellt.

    Nähere Informationen:
    Professorin Dr. Doris Stüben
    Universität Karlsruhe (TH)
    Institut für Mineralogie und Geochemie
    Telefon 0721/608-3322
    E-Mail doris.stueben@img.uni-karlsruhe.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-karlsruhe.de/~presse/pm_1444.html


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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