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Wissenschaft
Im Wettbewerb um Nahrung, Partner und andere Ressourcen töten Säugetiere im Extremfall die Nachkommen von Rivalen. Bei manchen Säugetierarten ist Kindstötung sogar die häufigste Todesursache bei Jungtieren. Frühere Studien konzentrierten sich auf einen solchen sogenannten Infantizid durch männliche Tiere. Dieter Lukas vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und Elise Huchard vom Institut des Sciences de l'Évolution der Université Montpellier haben jetzt Beobachtungen zusammengetragen, die zeigen, dass bei vielen Säugetierarten auch die Weibchen den Nachwuchs von Konkurrentinnen töten. Dies scheint ihnen erhebliche Vorteile zu bringen.
Früheren Studien zufolge töten männliche Säugetiere Jungtiere hauptsächlich, um sich den Zugang zu paarungsbereiten Weibchen zu sichern. Denn diese verpaaren sich nicht neu, solange sie sich noch um den Nachwuchs eines vorherigen Partners kümmern. "Bei Weibchen hingegen findet man Kindstötungen häufiger bei Säugetierarten, die unter schwierigen Bedingungen leben und bei denen das Austragen und die Aufzucht der Nachkommen mit besonders hohen Kosten verbunden sind", sagt Huchard. "Die Auslöser des Infantizids und mögliche Vorteile, die daraus entstehen, variieren jedoch in Abhängigkeit von den spezifischen Umständen."
Beseitigung potentieller Rivalen
Sind Weibchen territorial und benötigen Zugang zu einem Brutort oder Bau, so können sie durch Kindstötung benachbarte Weibchen aus der Gegend vertreiben und ihr eigenes Revier vergrößern. Wenn Weibchen Brutorte gemeinsam nutzen, kann eine Kindstötung verhindern, dass fremde Nachkommen ihnen die Milch stehlen. Leben Weibchen in Gruppen zusammen, in denen sie sich um die Aufzucht nicht nur des eigenen Nachwuchses kümmern, dann könnte ein Infantizid dazu beitragen, dass die eigenen Nachkommen mehr Zuwendung erhalten. Und wenn Weibchen in stabilen sozialen Gruppen zusammenleben, so kann das Töten eines Jungtiers potentielle Rivalen um den Zugang zu einem besseren sozialen Status und Ressourcen beseitigen. "All diesen Umständen ist jedoch eines gemein: Eine Kindstötung erfolgt häufig dann, wenn die Anwesenheit fremder Nachkommen den Fortpflanzungserfolg eines Weibchens direkt gefährdet. Dies kann der Fall sein, wenn fremde Jungtiere den Zugang zu Ressourcen einschränken, die für den eigenen Nachwuchs lebenswichtig sind – zum Beispiel den Zugang zu Brutorten, Milch, Zuwendung und sozialem Status", sagt Huchard.
Viele weibliche Säugetiere leben mit verwandten Gruppenmitgliedern zusammen. Man könnte also annehmen, dass Infantizid bei diesen Arten weniger häufig auftritt. Die aktuelle Studie konnte dies jedoch nicht bestätigen: Bei in sozialen Gruppen lebenden Weibchen kommen Kindstötungen häufiger vor als bei Arten, in denen Weibchen allein leben. Es gibt offenbar mehr Möglichkeiten, Kindstötungen zu begehen und zu beobachten, wenn Weibchen in Gruppen zusammenleben. "Weibchen begehen etwa genauso häufig Infantizid, unabhängig davon, ob sie mit eng verwandten oder mit nicht verwandten Artgenossen zusammenleben", sagt Lukas. "Es wurde mehrfach beobachtet, dass Großmütter ihre Enkel oder Tanten ihre Nichten töteten. Dass Weibchen sogar bereit sind, die Nachkommen naher Verwandter zu töten, zeigt, dass der Nutzen für sie selbst und die eigenen Nachkommen den Schaden ausgleicht, den sie einem Familienmitglied zufügen."
Dr. Dieter Lukas
Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
+49 341 3550-316
dieter_lukas@eva.mpg.de
Dieter Lukas & Elise Huchard. The evolution of infanticide by females in mammals.
Philosophical Transactions B, 15 July 2019, http://dx.doi.org/10.1098/rstb.2018.0075
Weibliche Erdmännchen töten den Nachwuchs von Konkurrentinnen in der Gruppe, um sich und ihren eigen ...
Alecia Carter
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Psychologie, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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