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Das Berufsbildungssystem steht vor zwei großen Herausforderungen. Die eine: Das Schulberufssystem entwickelt sich zu einem auf Berufe im Bereich Gesundheit, Erziehung und Soziales spezialisierten Ausbildungssektor, ohne dass seine Ausbildungsleistung nur annähernd den Fachkräftebedarf abdeckt. Die andere: Ausbildungsangebot und -nachfrage in der dualen Ausbildung passen immer weniger zusammen. Insbesondere von zunehmenden berufsfachlichen Passungsproblemen“ spricht der „Ländermonitor berufliche Bildung 2019“, der vom SOFI (V. Baethge-Kinsky, M. Wieck) und der Abteilung Wirtschaftspädagogik der Universität Göttingen (Prof. S. Seeber) mit Förderung der Bertelsmann-Stiftung erarbeitet wurde.
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Der heute erschienene „Ländermonitor berufliche Bildung 2019“ untersucht die Leistungsfähigkeit und Chancengerechtigkeit des beruflichen Ausbildungssystems in den Bundesländern. Der Bericht legt den Schwerpunkt auf Passungsprobleme zwischen Angebot und Nachfrage am Ausbildungsmarkt, deren Zahl erstmalig genauer bestimmt und drei Arten von Ursachen zugeordnet wird: berufsfachliche, regionale und eigenschaftsbezogene.
In Niedersachsen blieben 2018 nach Daten der Bundesagentur für Arbeit mehr als 3.700 Ausbildungsplätze unbesetzt, obwohl gut 9.700 Bewerberinnen und Bewerber noch eine Ausbildungsstelle suchten. Der Ländermonitor sieht darin ein nicht ausgeschöpftes Ausbildungsvertragspotenzial, das sich seit 2009 (1.400 Fälle) mehr als verdoppelt hat. Dabei spielt das regionale Auseinanderliegen von Angebot und Nachfrage mit 18 % der Fälle eine eher nachgeordnete Rolle. Mehr als die Hälfte der Fälle geht auf eigenschaftsbezogene Passungsprobleme wie etwa schlechte betriebliche Ausbildungsbedingungen oder Schulabschlüsse der Bewerbenden zurück. Auch Niedersachsen kann sich dem bundesweiten Trend nicht entziehen, dass die Berufswünsche unversorgter Bewerberinnen und Bewerber immer häufiger nicht zu dem Angebot unbesetzter Stellen passen. Über ein Viertel aller Passungsprobleme geht darauf zurück, wobei sich ihre Zahl in den letzten zehn Jahren von 50 auf 1.000 Fälle erhöht hat.
Die starke Zunahme von Passungsproblemen ist umso misslicher, weil Niedersachsen nach wie vor zu den Ländern gehört, in denen die Chancen Jugendlicher auf eine vollqualifizierende Ausbildung im dualen oder dem Schulberufssystem deutlich geringer sind als in den meisten anderen Bundesländern: Trotz leichter Verbesserung gehört Niedersachsen weiterhin zu den Ländern mit der ungünstigsten Angebots-Nachfrage-Relation (ANR) im dualen System − auf 100 Nachfragende kommen nur 91 angebotene Ausbildungsstellen ) − und rangiert mit einem Anteil von 46 % an den Neuzugängen zur dualen Berufsausbildung im hinteren Drittel aller Länder. Bei den Neuzugängen zum Schulberufssystem (Anteil 19%) liegt Niedersachsen zusammen mit Baden-Württemberg an letzter Stelle der Bundesländer. Das realisierte Ausbildungsangebot liegt 2017 zwar um etwa 10% höher als 10 Jahre zuvor, bleibt aber mit Blick auf den aktuellen und zukünftigen Fachkräftebedarf insbesondere in Erziehungs- und Pflegeberufen immer noch zu gering.
Im Ausbildungszugang benachteiligt bleiben Jugendliche mit niedrigen Schulabschlüssen und/oder ausländischer Staatsangehörigkeit. Die geringeren Chancen ausländischer Personen auf eine direkte Einmündung haben sich jüngst weiter vermindert, was sicherlich auch mit dem Zuzug von Schutz und Asylsuchenden und deren sprachlichen Voraussetzungen zusammenhängt.
Bei beiden vollqualifizierenden Ausbildungssystemen ist das Land gefordert, weitere Ausbauimpulse zu setzen, wenn es den Fachkräftebedarf sichern und soziale Schieflagen weiter korrigieren will.
Weitere Informationen und Kontakt:
Prof. Dr. Susan Seeber, Abt. Wirtschaftspädagogik und Personalentwicklung an der Georg-August-Universität Göttingen, Tel.: +49 551 39-244 21, E-Mail: susan.seeber@wiwi.uni-goettingen.de
Dr. Volker Baethge-Kinsky, Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) e.V. Tel.: +49 551 52205-0, E-Mail: Kinsky, volker.baethge@sofi.uni-goettingen.de
Markus Wieck, Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) e.V.,Tel.: +49 551 52205-0, E-Mail: markus.wieck@sofi.uni-goettingen.de
Dr. Jennifer Villarama, Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) e.V., Tel.: +49 551 52205-19, E-Mail: kommunikation@sofi.uni-goettingen.de
www.sofi.uni-goettingen.de
Prof. Dr. Susan Seeber, Abt. Wirtschaftspädagogik und Personalentwicklung an der Georg-August-Universität Göttingen, Tel.: +49 551 39-244 21, E-Mail: susan.seeber@wiwi.uni-goettingen.de
Dr. Volker Baethge-Kinsky, Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) e.V. Tel.: +49 551 52205-0, E-Mail: Kinsky, volker.baethge@sofi.uni-goettingen.de
Markus Wieck, Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) e.V.,Tel.: +49 551 52205-0, E-Mail: markus.wieck@sofi.uni-goettingen.de
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Gesellschaft, Pädagogik / Bildung, Politik, Wirtschaft
regional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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