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02.10.2019 09:02

Bei „Weiß“ denken Chinesen an Trauer

Petra Giegerich Kommunikation und Presse
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Internationales Forschungsteam unter Leitung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz stellt mit Hilfe maschinellen Lernens kulturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei der Assoziation von Farben und Gefühlen fest

    Wenn Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen Farben mit Gefühlen assoziieren, gibt es viele Gemeinsamkeiten, aber auch einige bedeutende Unterschiede. Zum Beispiel denken beim Lesen des Wortes „Rot“ sowohl Deutsche als auch Chinesen vor allem an Liebe, mit „Weiß“ hingegen assoziieren Deutsche in erster Linie Erleichterung und Chinesen Trauer. Zu diesen Ergebnissen ist ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) mit einer umfangreichen Studie gekommen. Dabei wurde nach Angaben der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum ersten Mal in diesem Zusammenhang die Methode des sogenannten maschinellen Lernens eingesetzt.

    Wie die Forscherinnen und Forscher in einem Artikel in der Online-Zeitschrift „Royal Society Open Science“ berichten, hatten sie 711 Menschen aus Deutschland, China, Griechenland und dem Vereinigten Königreich einen Online-Fragebogen ausfüllen lassen. Darauf standen in der jeweiligen Landessprache zwölf Farbwörter, denen jeweils bis zu 20 Gefühle in unterschiedlicher Intensität zugeordnet werden sollten. Die Ergebnisse der Befragung wurden mit dem Ansatz des maschinellen Lernens ausgewertet. „Dabei lernte ein Computerprogramm anhand der von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern angegebenen Gefühle zu erkennen, um welches Farbwort es jeweils ging“, sagt Dr. Daniel Oberfeld-Twistel vom Psychologischen Institut der JGU, der die Studie geleitet hatte. „Weiß das Programm zum Beispiel erst einmal, dass bei der Nennung von starker Liebe und starkem Ärger meistens Rot gemeint ist, wird es bei entsprechenden künftigen Angaben auf Rot tippen.“ Die Genauigkeit der Computervorhersagen lag bei rund 39 Prozent und damit deutlich über der rein zufälligen Trefferquote von einem Zwölftel (entsprechend der zwölf Farben) oder gut 8 Prozent . „Das bedeutet, dass es eine universale Systematik bei der Assoziation von Farben und Gefühlen gibt“, sagt Oberfeld-Twistel. Am stärksten ausgeprägt sind laut den Ergebnissen der Studie die Zusammenhänge zwischen „Rot“ und Liebe, „Rot“ und Ärger sowie „Schwarz“ und Trauer.

    Mit Hilfe des maschinellen Lernens konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch belegen, dass es kulturelle Unterschiede bei der Assoziation von Farben und Gefühlen gibt. Denn der Computer konnte anhand der Farb-Emotions-Assoziationen einer Person mit einer Trefferquote von 80 Prozent vorhersagen, aus welchem der vier Länder die Person kam. Außerdem war der Computer bei der Vorhersage des beurteilten Farbworts anhand der Emotionszuordnungen etwas weniger erfolgreich, wenn er beispielsweise mit den Daten aus Deutschland trainiert wurde und dann Vorhersagen zu in China beurteilten Farbwörtern treffen sollte, als wenn er nur Daten aus einem einzigen Land auswertete. Die Ursachen für die kulturellen Unterschiede bei den Farb-Emotions-Assoziationen wurden mit der Studie nicht erforscht. „Dass zum Beispiel die chinesischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer Weiß vor allem mit Trauer verbanden, könnte aber daran liegen, dass Weiß in China bei Beerdigungen getragen wird“, sagt Oberfeld-Twistel. Ähnlich könnte es bei „Lila“ sein, bei dem allein die griechischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor allem an Trauer dachten. Lila wird in orthodoxen Kirchen zur Symbolisierung von Schmerz und Leid verwendet.

    „Mit der Studie haben wir gezeigt, dass sich maschinelles Lernen sehr gut zur Beantwortung von Fragen zum Zusammenhang von Farben und Gefühlen nutzen lässt und dass es neue Einblicke in dieses Forschungsfeld bietet“, sagt Oberfeld-Twistel. An der Studie waren neben ihm Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von den Universitäten Lausanne, Auckland, Leeds, Athen sowie von der Zhejiang-Universität in Hangzhou beteiligt.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Priv.-Doz. Dr. Daniel Oberfeld-Twistel
    Psychologisches Institut
    Johannes Gutenberg-Universität Mainz
    55099 Mainz
    Tel.: +49 6131 39-39274
    Fax: +49 6131 39-39268
    E-Mail: oberfeld@uni-mainz.de
    http://www.staff.uni-mainz.de/oberfeld/


    Originalpublikation:

    D. Jonauskaite, J. Wicker, C. Mohr, N. Dael, J. Havelka, M. Papadatou-Pastou, M. Zhang, D. Oberfeld
    A machine learning approach to quantify the specificity of colour-emotion associations and their cultural differences
    R. Soc. Open Sci. 6: 190741 (25. September 2019)
    http://dx.doi.org/10.1098/rsos.190741


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
    Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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