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Wissenschaft
Therapien wirken sich auf Strukturen im Gehirn aus
Wer häufig gestresst ist und den Spannungspegel nicht rechtzeitig wieder herunter fahren kann, leidet in der Folge öfter unter Depressionen als weniger gestreßte Menschen: Diesen Zusammenhang untersuchen Wissenschaftler des Zentralinstituts für seelische Gesundheit in Mannheim derzeit genauer. Sie wollen nachweisen, dass sich neue Nervenverbindungen aufbauen, wenn eine stressbedingte Depression medikamentös oder psychotherapeutisch behandelt wird und verwenden hierzu die Magnetresonanz-Spektroskopie (MRS oder MR-SPEKT) - ein neues bildgebendes Verfahren aus dem aufstrebenden Forschungsbereich Brain-Imaging.
Depressionen haben selten eine einzige Ursache, oft führt ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren zu dem psychischen Leiden. Akute psychosoziale Belastungen, wie Verlust oder Tod einer Bezugsperson, treten vermehrt vor dem Beginn einer Depression auf. Auch körperliche Erkrankungen, z.B. Schilddrüsenfunktionsstörungen, oder soziale Aspekte können eine Depression mit verursachen. Es kommt zu neurobiologischen Veränderungen im Hirnstoffwechsel, die oftmals in eine Depression münden.
Organismus im Alarmzustand
Auch Stress spielt ganz offensichtlich eine Rolle, denn das Stresshormon Cortisol versetzt nicht nur den Organismus in Alarmzustand, sondern kann auch Depressionen hervorrufen. "Wir wissen inzwischen, dass sich große Mengen Cortisol schädlich auf das Gehirn auswirken können", erläutert Prof. Fritz Henn, Direktor des Zentralinstituts in Mannheim. So haben die Wissenschaftler beobachtet, dass bei einem permanent erhöhten Cortisolspiegel das Volumen einer bestimmten Hirnregion - des Hippocampus - abnimmt. Der Hippocampus ist der Teil des Gehirns, in dem neue Gedächtnisinhalte gespeichert und gleichzeitig Emotionen verarbeitet und gesteuert werden. Schrumpft er, begünstigt dies offensichtlich die Entstehung einer Depression. Prof. Henn: "Noch ist allerdings unklar, ob die verminderte Größe auf einen Verlust von Neuronen oder neuronalen Verbindungen im Hippocampus zurück zu führen ist, oder ob sich an anderen Stellen im Hirn neue Synapsen bilden."
MR-Spektroskopie stellt biochemische Prozesse dar
Diese biochemischen Prozesse lassen sich mit der Magnetresonanz-Spektroskopie darstellen. Die MRS ist eine qualitative Weiterentwicklung der Magnetresonanztomographie, mit der strukturelle Veränderungen im Gehirn sichtbar werden. Die Methode weist Membranmoleküle nach, die für den Stoffwechsel von Neuronen wichtig sind. Dazu gehört unter anderem das Cholin, eine Vorstufe des Membranbausteins Phosphatidyl-Cholin. Cholin dient als Marker für einen erhöhten Zellmembranumsatz.
"Bei MRS-Untersuchungen mit depressiven Patienten haben wir deutlich niedrigere Cholinspiegel im Hippocampus gemessen", erläutert Prof. Henn. "Wurden die Depressionen behandelt, stieg der Cholinspiegel jedoch wieder an." Dieser Nachweis, dass therapeutische Interventionen tatsächlich Einfluss auf biochemische Prozesse im Hirn haben und zu strukturellen Veränderungen führen, gelang bisher bei medikamentösen Behandlungen. Derzeit untersuchen die Mannheimer Forscher, ob sich Psychotherapien ähnlich auswirken. Sie vermuten, dass die Neuronen unter der Therapie neue synaptische Kontakte knüpfen - und wollen dies mit Hilfe der MRS darstellen. Prof. Henn: "Gelingt uns dies, wäre es das erste Mal, dass solche biochemischen Veränderungen im Hirn lebender Patienten gezeigt werden könnten."
http://www.dgppn-kongress2003.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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