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Wissenschaft
Freundschaften sind eine Schlüsselquelle für menschliches Glück, Gesundheit und Wohlbefinden. Immer mehr Beweise zeigen, dass ähnliche Beziehungen auch bei anderen Arten, einschließlich der bluttrinkenden Vampirfledermaus, wichtig sind. Ein Forscherteam des Museums für Naturkunde Berlin (MfN) hat herausgefunden, dass Vampirfledermäuse enge freundschaftliche Bindungen eingehen. Diese überdauern sogar schwere Belastungsproben wie etwa den dramatischen Wechsel von einer Laborumgebung zur Wildnis. Diese neue Studie ist nun in der Fachzeitschrift Current Biology publiziert worden.
Vampirfledermäuse sind hochsozial und kooperativ. Sie würgen erbeutetes Blut wieder hoch, um andere hungrige Fledermäuse in ihrem sozialen Netzwerk zu füttern. Sie versorgen so sogar nicht verwandte erwachsene Artgenossen, was evolutionsbiologisch besonders bemerkenswert ist. „Die Erforschung sozialer Interaktionen bei wilden Vampirfledermäusen war in der Vergangenheit ein schwieriges Unterfangen und erforderte Monate und Jahre, um die Fledermäuse in ihrem natürlichen Lebensraum zu beobachten“, sagt Simon Ripperger, Fledermaus-Forscher am Museum für Naturkunde Berlin.
Die Biologen Simon Ripperger und Frieder Mayer vom MfN haben jedoch gemeinsam mit Elektrotechnikern und Informatikern eine neue Technologie entwickelt, um die sozialen Netzwerke von freilebenden Fledermäusen zu erforschen. Sie nennen sie Näherungssensoren. Dies sind Mini-Computer, die leichter sind als eine 1-Cent-Münze, die die Biologen wie kleine Hightech-Rucksäcke an jede Fledermaus anbringen. So werden alle Interaktionen zwischen den Fledermäusen in der sozialen Gruppe protokolliert. „Vor einigen Jahren konnten wir nur davon träumen, das soziale Netzwerk freilebender Fledermäuse so detailliert zu verfolgen“, sagt Ripperger, Hauptautor der Studie.
Dieser technologische Fortschritt ermöglichte es den Forschern, die Stabilität sozialer Beziehungen zu untersuchen, wenn dieselben Fledermäuse nach einem Laboraufenthalt zurück in die Wildnis entlassen werden. „Seit einigen Jahren führen wir Experimente zum Teilen von Nahrung zwischen verwandten und unverwandten Vampirfledermäusen in Gefangenschaft durch. Allerdings haben wir uns auch gefragt, ob die stabilen Beziehungen, die wir hier beobachten, lediglich von den unnatürlich stabilen Bedingungen in Gefangenschaft herrühren", sagt Gerald Carter Professor für Biowissenschaften an der Ohio State University. Carter, Mitverfasser der Studie, stellte fest, dass die Fledermäuse durch das erzwungene Zusammensein in Gefangenschaft eher Nahrung teilen. „Aber wir wollten testen, ob diese Beziehungen bestehen bleiben, wenn die Fledermäuse wieder in der Wildnis sind, wo sie sich frei entscheiden können, wohin sie fliegen und mit welchen anderen Individuen sie interagieren. Oder anders ausgedrückt: Haben wir es hier mit stabilen sozialen Bindungen zu tun, die sich in der Wildnis fortsetzen?“
Um das herauszufinden, schlossen sich Carter und Ripperger zusammen. Nachdem Carter die Tiere fast zwei Jahre lang in Gefangenschaft beobachtet hatte, statteten sie eine Gruppe von Fledermäusen mit Näherungssensoren aus und entließen sie wieder in ihre Ursprungskolonie in einem hohlen Baum auf einer Rinderweide in Panama. Die Sensoren sammelten einen riesigen Datensatz, der die täglichen Veränderungen in den sozialen Netzwerken zeigt. „Nur durch diese neuartige Technologie konnten wir zeigen, dass Individuen, die sich in Gefangenschaft gegenseitig putzen und füttern, ihre sozialen Beziehungen aufrechterhalten, weil sie sich auch in der Wildnis wieder zusammentun“, sagt Ripperger. Aber nicht alle Beziehungen hielten dem Ortswechsel stand. „Räumliche Nähe ist wirklich wichtig für den Aufbau sozialer Beziehungen, aber sie ist nicht alles“, sagt dazu Carter. „Ähnlich wie beim Menschen: Wenn du zur Uni gehst, freundest du dich mit den anderen Studenten in deinem Wohnheim an. Aber nach dem Abschluss werden einige dieser Freundschaften weitergehen und andere verblassen. Das kann von deiner Persönlichkeit oder den individuellen sozialen Erfahrungen abhängen, die du gemacht hast.“
Publikation:
Current Biology, Ripperger and Carter et al.: “Vampire bats that cooperate in the lab maintain their social networks in the wild” https://www.cell.com/current-biology/fulltext/S0960-9822(19)31364-8 DOI: 10.1016/j.cub.2019.10.024
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Informationstechnik, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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