idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
04.11.2019 17:17

Schnelltest für hohe Milchqualität

Franziska Lehmann Unternehmenskommunikation
Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP

    Lebensmittelsicherheit und -qualität haben in Deutschland und der Europäischen Union einen sehr hohen Standard erreicht. Dies gilt auch für die Milchindustrie. Dennoch können Verunreinigungen, Pestizide und Antibiotika in die Milch gelangen – mit Auswirkungen auf die Verbrauchergesundheit. Im von der europäischen Kommission geförderten Projekt MOLOKO entwickeln Fraunhofer-Forschende gemeinsam mit Partnern einen optoplasmonischen Sensor, der eine schnelle Vorortanalyse von Qualitäts- und Sicherheitsparametern von Milch ermöglichen soll. Das Frühwarnsystem wird der Industrie künftig helfen, Kosten, Zeit und Gallonen an Produktabfall drastisch zu reduzieren.

    Lebensmittelsicherheit ist für Lebensmittelindustrien unerlässlich – dies gilt auch für die Milchindustrie. Schädliche Organismen gelangen durch Euterinfektionen in die Milch. Chemische Stoffe wie Antibiotika und Pestizide können über das Futter oder durch unzureichende Kontrollen zu Kontaminationen führen. Um den Eintritt verunreinigter Milch in die Nahrungskette zu verhindern, werden über den gesamten Produktionsprozess und die gesamte Lieferkette Kontrollen durchgeführt. Doch diese Standardtests sind mit einem hohen Kosten- und Zeitaufwand verbunden. Die in Laboren analysierten Proben werden aus Tanks von Sammelfahrzeugen mit gemischter Milch von mehreren Milchviehbetrieben entnommen. Wird festgestellt, dass die Milch kontaminiert ist, müssen enorme Mengen vernichtet werden, was mit hohen Verlusten für die betroffenen Landwirte und Molkereien verbunden ist. Dies lässt sich vermeiden, indem die Milch direkt beim Landwirt überprüft wird, bevor sie in den Sammeltransport kommt.

    Qualitätscheck liefert Messwerte in fünf Minuten

    Im EU-Projekt MOLOKO (Multiplex phOtonic sensor for pLasmonic-based Online detection of contaminants in milK) haben zwölf Partner – darunter auch eine Molkerei – aus sieben Ländern eine Lösung gefunden, Verunreinigungen in der Milch erheblich günstiger und schneller zu erkennen: Ein neuer optoplasmonischer Sensor soll als Frühwarnsystem und als zusätzliche Kontrolle fungieren, bevor die Milch in den Tank kommt. In ca. fünf Minuten soll er sie mit einer einzigen Messung auf insgesamt sechs Inhaltsstoffe analysieren. Der Sensor ist mit spezifischen Antikörpern für verschiedene Parameter von Milchsicherheit und -qualität funktionalisiert und ermöglicht die automatische quantitative Analyse direkt vor Ort in den Milchbetrieben.

    Einzigartige integrierte Sensorarchitektur

    Das komplette System besteht aus einem mikrofluidischen, wiederverwendbaren Chip, organischen lichtemittierenden Transistoren (OLET) oder Dioden (OLED), organischen Photodetektoren (OPD) bzw. dem Sensor, einem nanostrukturierten plasmonischen Gitter und den spezifischen Antikörpern. Das Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP entwickelt den organischen Photodetektor, das Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme ENAS den mikrofluidischen Chip. Der OLET und das photonische Gitter werden vom CNR-ISMN in Bologna bzw. von der Firma Plasmore Srl in Pavia (Italien) entwickelt.

    »Das Besondere an unserem Chip ist, dass man ihn wiederverwenden kann. Dies gelingt, indem die Zielmoleküle mit Hilfe eines Regenerationspuffers von den immobilisierten Antikörpern lösen, so dass diese sich wieder für einen erneuten Nachweis nutzen lassen«, erläutert Andreas Morschhauser, Wissenschaftler am Fraunhofer ENAS. Der Chip ist für hundert Messungen ausgelegt. Mit jeder Messung können sechs Parameter bzw. Schadstoffe und Proteine analysiert werden. Hierfür entwickeln Morschhauser und seine Kollegen das mikrofluidische System in der Form einer austauschbaren, automatisierten und miniaturisierten Kartusche. Neben den gewonnenen Informationen zur Milch erlauben die gemessenen Parameter aber auch Rückschlüsse auf die Gesundheit jeder einzelnen Kuh, Landwirte erhalten vielfältige Informationen über deren Verfassung. Beispielsweise lassen sich so frühzeitig Infektionen erkennen und somit umgehend behandeln. Eine frühzeitige Behandlung kann u. a. zu einem umsichtigen Einsatz von Antibiotika und damit auch zu deren Reduzierung beitragen.

    Nanostrukturiertes Gitter für Oberflächenplasmonenresonanz

    Doch wie funktioniert der Nachweis? »Der Transistor erzeugt Licht, das auf das mit Antikörpern beschichtete Gitter fällt. Diese sind spezifisch für die relevanten Inhaltsstoffe. Wird die Milch nun über die Antikörper gespült, so binden die Zielmoleküle an ihnen. Dadurch ändert sich der Brechungsindex in der Umgebung des Gitters, was zu einer Änderung der Reflektion des Lichts führt. Das reflektierte Licht fällt auf den Photodetektor, der die minimale Änderung der Brechzahl misst«, erläutert Dr. Michael Törker, Wissenschaftler am Fraunhofer FEP das Messprinzip. Der grundlegende Effekt wird als Oberflächenplasmonenresonanz bezeichnet und tritt u. a. an speziellen strukturierten Nanogittern auf. Der Effekt erlaubt schnelle und sehr sensitive Messungen.

    Der Biosensor soll an verschiedenen Stellen der Wertschöpfungskette eingesetzt werden können: sowohl als Laborgerät als auch direkt in Melkanlagen integriert. Das System eignet sich jedoch nicht nur für den Qualitätscheck von Milch. Mit dem optoplasmonischen Sensor könnten in Zukunft auch andere Flüssigkeiten wie beispielsweise Bier oder Wasser analysiert werden. Hierfür ist lediglich eine Anpassung der immobilisierten Fängermoleküle und der notwendigen Reaktionspuffer notwendig. Dafür müssen nur die Fängermoleküle ausgetauscht und entsprechend angepasst werden.

    Erste Ergebnisse aus der Entwicklungsarbeit des optoplasmonischen Chips werden auf der CES 2020 präsentiert (7. – 10. Januar 2020, Las Vegas, Stand der OE-A, Nr. 40950, Sands Expo Center).

    **********************************************

    Pressekontakt

    Frau Annett Arnold

    Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP
    Telefon +49 351 2586 333 | presse@fep.fraunhofer.de
    Winterbergstraße 28 | 01277 Dresden | Deutschland | www.fep.fraunhofer.de


    Weitere Informationen:

    http://s.fhg.de/NPZ


    Bilder

    Chip mit Lichtquellen und Lichtdetektoren für die Analyse
    Chip mit Lichtquellen und Lichtdetektoren für die Analyse
    Quelle: © Fraunhofer FEP, Bildquelle in Druckqualität: www.fep.fraunhofer.de/presse


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter
    Chemie, Elektrotechnik, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Physik / Astronomie, Tier / Land / Forst
    überregional
    Forschungsprojekte, Kooperationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).