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Durch den Klimawandel steigt das Hochwasserrisiko. Wissenschaftler der Jade Hochschule entwickelten in Kooperation mit internationalen Partnern Maßnahmen, um den Katastrophenschutz in der Nordseeregion Wesermarsch zu verbessern.
Oldenburg.Wesermarsch. Wie mit dem Hochwasserrisiko in verschiedenen Regionen des Nordseeraums umzugehen ist, war Thema des aktuellen Forschungsprojektes FRAMES der Jade Hochschule in Kooperationen mit dem Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband (OOWV) sowie Partnern in der Region und aus den Nordseeanrainerstaaten England, Belgien, Niederlande, Dänemark und Schweden. Im Fokus des europäischen Projektes stand vor allem der Umgang mit Risiken, die durch den Klimawandel verstärkt werden, wie zum Beispiel Sturmfluten bei steigendem Meeresspiegel oder Starkregenereignisse.
Anhand von Pilotgebieten prüften die Wissenschaftler_innen, wo in der Region besonderer Handlungsbedarf besteht: Im Landkreis Wesermarsch, der zu einem großen Teil unter dem Meeresspiegel liegt, wurde die Organisation und Kommunikation innerhalb des Katastrophenschutzes untersucht und in der Gemeinde Butjadingen der Informationsstand und -bedarf der Bevölkerung zum Thema Hochwasserrisikomanagement und Katastrophenschutz.
„Der technische Hochwasserschutz ist gut ausgebaut, reicht aber allein nicht aus“, erklärte Projektleiter Dr. Helge Bormann von der Jade Hochschule bei der gestrigen Abschlussveranstaltung in Brake. Der Schutz muss auch in den Bereichen hochwasserangepasste Planung, Katastrophenmanagement und Nachsorgemaßnahmen weiter verbessert werden. „Wir konnten das Bewusstsein für die Hochwasserrisiken in den am Katastrophenschutz beteiligten Organisationen und in der Bevölkerung steigern“, sagt der Wissenschaftler. „Jetzt müssen alle mit anpacken.“
Katastrophenschutz in der Wesermarsch
Für den Katastrophenschutz und die Gefahrenabwehr sind die Kommunen zuständig. „Der enge Austausch mit den regionalen Akteuren hat gezeigt, dass der Landkreis Wesermarsch in vielen Bereichen bereits sehr gut aufgestellt ist“, sagt Bormann. In einigen Bereichen könne der Katastrophenschutz jedoch noch ausgeweitet werden. Würde durch ein Hochwasser beispielsweise ein Stromausfall auftreten, hätte das enorme Auswirkungen auf die Wasserversorgung, Entwässerung, Gesundheit oder den Verkehr. Die Krankenhäuser und das Kreishaus wären durch ein Notstromaggregat versorgt. „Wir haben jedoch festgestellt, dass bisher nur eins von neun Rathäusern in den Gemeinden über eine Notstromversorgung verfügt und damit im Katastrophenfall handlungsfähig wäre“, sagt der Projektleiter. Wenn im Fall einer Hochwasserkatastrophe die Stromnetzwerke abgeschaltet würden, werden auch die Schöpfwerke nicht mehr mit Strom versorgt, sodass die Entwässerung stark eingeschränkt wäre. Zudem seien Kommunikationssysteme wie Telefone oder Internet überwiegend von der Stromversorgung abhängig. Über alternative Systeme müsse nachgedacht werden. Außerdem gebe es im Katastrophenfall große Probleme bei der Evakuierung von Pflegebedürftigen.
Eigenvorsorge als wichtiger Baustein
„Auch wenn die öffentliche Hand in der Verantwortung für den Katastrophenschutz steht, spielt die Eigenvorsorge der Bürgerinnen und Bürger eine entscheidende Rolle“, sagt die Projektmitarbeiterin Jenny Kebschull. Es könnten beispielsweise bauliche Vorsorgemaßnahmen ergriffen, Versorgungsvorräte angelegt oder Versicherungen abgeschlossen werden. Insbesondere der Verlust von Sachwerten könne durch Vorsorge und richtiges Handeln drastisch reduziert werden. Informationen von WarnApps, wie die vom Landkreis Wesermarsch genutzte KATWARN-App, können die Wetter- und Wasserstandsvorhersagen und Warnmeldungen gut ergänzen.
Insbesondere landwirtschaftliche Betriebe müssen Eigenvorsorge betreiben, um sich vor Hochwasser zu schützen. Dieser Gruppe kommt in der Wesermarsch mit 633 Rinderhaltern und über 122.000 Tieren eine besondere Bedeutung zu. Die Versorgung mit Notstrom sei für große Betriebe unabdingbar, denn ohne Strom laufen die modernen Melkmaschinen nicht und ein paar Hundert Kühe ohne moderne Technik zu versorgen sei schier unmöglich.
Die Wissenschaftler_innen und lokalen Akteure haben sowohl für alle Einwohner_innen als auch insbesondere für die Landwirte eine Handreichung zur Eigenvorsorge erarbeitet. Eine Broschüre mit allen Informationen rund um das Projekt ist ab Dezember in allen Rathäusern in der Wesermarsch und online auf der Webseite der Jade Hochschule zu finden (jade-hs.de/frames-roadmap).
Zielgruppengerechte Information der Bevölkerung – Umfrage in Butjadingen
Ein Risikobewusstsein für Hochwasser und Klimawandel ist in der Region vorhanden, ergibt eine Umfrage der Wissenschaftler_innen, an der sich 280 Einwohnerinnen und Einwohner Butjadingens beteiligt haben. Es könne jedoch bei der jüngeren Generation durch geeignete Formate noch deutlich gesteigert werden. Zielgruppengerechte Informationen zu Hochwasser und Klimawandel seien erforderlich, um das Risiko-Bewusstseins weiter zu steigern. Zu diesem Zweck veranstalteten die Projektpartner_innen unter anderem einen Hochwasserschutztag, bei dem sich rund 500 Besucher_innen informierten.
„Alle Projektpartner haben zwei Jahre lang intensiv an regionalspezifischen Lösungen im Bereich des Katastrophenschutzes gearbeitet“, sagt Landrat Thomas Brückmann. „Mein Ziel ist es, sich verändernden Anforderungen im Bereich des Katastrophenschutzes zeitnah und bedarfsgerecht zu stellen, um im Ernstfall schnell vor die Lage zu kommen.“ Auch in Anbetracht möglicher Auswirkungen des Klimawandels sei es erforderlich, den Katastrophenschutz weit nach vorne zu bringen. „Hierbei hat uns die Teilnahme an dem Projekt FRAMES wichtige Erkenntnisse gebracht.“
Über das Forschungsprojekt FRAMES
Das Projekt FRAMES (Flood Resilient Areas by Multi-layEred Safety, deutsch: Hochwasserangepasste Regionen durch Vorsorge auf mehreren Ebenen) wurde im Rahmen des Nordseeprogramms der Europäischen Union „Interreg Vb“ seit 2016 mit insgesamt 6,9 Millionen Euro gefördert. Die Jade Hochschule kooperierte mit dem Leitpartner Provincie Zuid Holland und Institutionen aus dem Nordseeraum (Niederlande, Belgien, Dänemark und Großbritannien) sowie der Universität Oldenburg und dem Oldenburgisch-Ostfriesischen-Wasserverband OOWV.
Dr. Helge Bormann, 0441 7708 - 3775, helge.bormann@jade-hs.de
Sturmflut im Dezember 2013 in Dangast.
Foto: Frank Ahlhorn
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Einen einhundertprozentigen Schutz vor Extremereignissen wie Sturmfluten kann es nicht geben. Umso w ...
Foto: Helge Bormann/Jade HS
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Gesellschaft, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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