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Dogmatisch und wirtschaftsliberal? Das Wirtschaftsressort der FAZ hatte wie kaum ein anderes Medium Einfluss auf Politik und Gesellschaft. Als „Stimme der Unternehmer“ prägte es den Wirtschaftsjournalismus der Bundesrepublik.
Dass die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) zu den führenden deutschen Leitmedien gehört, ist allgemein bekannt. Doch dass insbesondere das Wirtschaftsressort großen Einfluss auf die wirtschaftliche und politische Entwicklung in Nachkriegsdeutschland hatte, wird oft übersehen.
Maximilian Kutzner, Dozent am Lehrstuhl für Neuste Geschichte der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg, hat sich in seiner Dissertation mit der Wirtschaftsredaktion der FAZ zwischen ihrer Gründung 1949 und 1992 beschäftigt – und erhielt dabei mit weiteren Forschern der JMU exklusiven Zugang zu den Archiven der Zeitung.
Die Geschichte deutscher Medienhäuser ist bislang kaum erforscht. Doch der JMU-Lehrstuhl für Neuste Geschichte leistet hier Pionierarbeit: Professor Peter Hoeres hat erst kürzlich ein Gesamtwerk über die FAZ veröffentlicht (https://www.uni-wuerzburg.de/aktuelles/einblick/single/news/die-geschichte-hinte...). Sein Promovend Kutzner hat sich auf das Wirtschaftsressort spezialisiert: Welche Bedeutung hatte das Ressort für die Geschichte der Bundesrepublik? Welche Leitbilder, Strukturen und Prinzipien prägten die journalistische Arbeit? Und wie eng waren FAZ und Politik miteinander verwoben?
Forschungsarbeit wird ausgezeichnet
Das Würzburger Forschungsteam bekam als erstes Zugang zum internen Hausarchiv der FAZ. „Damit haben wir im Gegensatz zu allen anderen Forschungen zur FAZ oder anderen Zeitungen Einblick in Interna erhalten“, erklärt Kutzner. Und das hat sich gelohnt: Kutzner ist für seine Arbeit Preisträger des Nachwuchsforscherpreises Kommunikationsgeschichte der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaften 2020.
Besonders faszinierend sei für ihn der Fund von Dokumenten, die interne Streitigkeiten wiedergaben, die sich sonst nie in den übrigen Quellen fanden. „Die FAZ galt immer als Blatt der Wirtschaft und hat versucht, die Unternehmer als Leser besonders zu bedienen. Intern gab es bisweilen aber sehr kritische Töne über die bundesdeutsche Unternehmerschaft, besonders in der Debatte um das Kartellverbotsgesetz 1950-1958“, so der Würzburger Historiker.
Vertreter des Ordoliberalismus
„Die frühen Jahre waren von einer recht dogmatischen ordoliberalen Ausrichtung des Wirtschaftsressorts geprägt, auf der auch das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft Ludwig Erhards beruht“, erklärt Kutzner. „Später wurden auch Elemente des Keynesianismus oder Monetarismus stärker absorbiert.“
Er beschreibt auch eine enge Vernetzung zwischen dem Blatt (und insbesondere Gründer und Herausgeber Erich Welter), der Bundesregierung und der Wissenschaft. So veröffentlichten auch Erhard, Wilhelm Röpke oder Friedrich August von Hayek Texte in der FAZ. Die Zeitung verhalf damit der Sozialen Marktwirtschaft zur Popularität, insbesondere in den 1950er Jahren, und etablierte sich letztlich – trotz mancher internen Differenzen – als „Stimme der Marktwirtschaft“. Und das oftmals als außerparlamentarische Opposition zur Regierung.
Für Kutzner ist klar: Die Geschichte des FAZ-Wirtschaftsressorts zeige nicht nur ein Stück bundesrepublikanische (Medien-) Geschichte auf, sondern auch die Entwicklung der gesellschaftlichen Perspektiven zum Thema Wirtschaft in Deutschland.
Dr. Maximilian Kutzner, Lehrstuhl für Neuste Geschichte, Universität Würzburg, maximilian.kutzner@uni-wuerzburg.de
„Marktwirtschaft schreiben – Das Wirtschaftsressort der Frankfurter Allgemeinen Zeitung 1949 bis 1992“, Von: Maximilian Kutzner, Mohr Siebeck 2019, ISBN: 978-3-16-158179-3
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Geschichte / Archäologie, Medien- und Kommunikationswissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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