idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
22.01.2020 20:00

Auch tote Tiere sind wichtig fürs Ökosystem

Volker Hahn Medien und Kommunikation
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig

    Tierkadaver spielen eine wichtige Rolle für die Artenvielfalt und das Funktionieren von Ökosystemen – auch über längere Zeiträume. Diese Erkenntnisse haben Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Reichsuniversität Groningen in der Zeitschrift PLOS ONE veröffentlicht. Die Kadaver bieten nicht nur vielen Aas fressenden Tierarten Nahrung, ihre Nährstoffen tragen auch zu einem wesentlich verstärkten Wachstum umliegender Pflanzen bei. Dies begünstigt wiederum viele pflanzenfressende Insekten und deren Räuber. Die Forscher empfehlen, rechtliche Regelungen, die die Beseitigung von Kadavern vorschreiben, für Naturschutzgebiete zu lockern.

    Im niederländischen Wildnisreservat Oostvaardersplassen, eines der größten Feuchtgebiete Mitteleuropas, untersuchten die Wissenschaftler, wie sich Kadaver von Rothirschen auf die lokale Artenvielfalt auswirken. Dazu erfassten sie zum einen das Vorkommen von Insektenarten auf Flächen mit und ohne Kadaver, zum anderen das Pflanzenwachstum in unmittelbarer Nähe zum Kadaver. Dabei fanden sie, dass die Kadaver nicht nur vielen Aas fressenden Insekten wie Fliegen und Aaskäfern direkt zugutekommen, sie wirken sich langfristig auch positiv auf das Pflanzenwachstum aus.

    Pflanzen wie die Krause Distel (Carduus crispus) wurden in der Nähe der Kadaver über fünfmal so groß wie an anderen Standorten, was wiederum die Zahl pflanzenfressender Insekten und ihrer Räuber auf das Vierfache erhöhte. „Dass Tierkadaver für Aasfresser wichtig sind, überrascht zunächst wenig“, sagt Untersuchungsleiter Dr. Roel van Klink. „Dass sie allerdings noch nach fünf Monaten einen solch großen Einfluss auf die gesamte Nahrungskette vor Ort haben, und dies selbst auf so nährstoffreichen Böden wie in den Oostvaardersplassen, hätte ich nicht erwartet.“ Van Klink hatte die Studie an der Reichsuniversität Groningen mit Kollegen durchgeführt. Heute ist er Postdoktorand am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv).

    Die Ergebnisse werfen ein neues Licht auf die Rolle von Tierkadavern im Ökosystem. „Totholz in unseren Wäldern ist von der Bevölkerung mittlerweile weitgehend akzeptiert, was vielen Arten zugutekommt“, sagt Prof. Chris Smit von der Universität Groningen. „Der Anblick toter Tiere in der Natur ist jedoch oft noch ein gesellschaftliches Tabu. Das ist schade angesichts ihres wichtigen Wertes für die Ökosysteme und Biodiversität“. Außerdem erschweren EU-Gesetze, die Kadaver großer Tiere in Naturschutzgebieten zu belassen. Die Autoren empfehlen, diese Regelungen für Naturschutzgebiete zu lockern.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Roel van Klink
    Synthesezentrum sDiv
    Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv)
    Tel: +49 341 9733135
    E-Mail: roel.klink@idiv.de
    Web: https://www.idiv.de/groups_and_people/employees/details/eshow/van_klink_roel.htm...

    Sebastian Tilch
    Abteilung Medien und Kommunikation
    Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
    Tel.: +49 341 9733197
    E-Mail: sebastian.tilch@idiv.de
    Web: https://www.idiv.de/de/gruppen_und_personen/zentrales_management/medien_und_komm...


    Originalpublikation:

    van Klink, Roel, van Laar-Wiersma, Jitske, Vorst, Oscar, Smit, Christian (2020): Rewilding with large herbivores: Positive direct and delayed effects of carrion on plant and arthropod communities. PLOS ONE 15 (1) https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0226946


    Bilder

    Im Gegensatz zu Totholz ist der Anblick von Tierkadavern in der Natur kaum akzeptiert. Leider, wie die Forscher finden.
    Im Gegensatz zu Totholz ist der Anblick von Tierkadavern in der Natur kaum akzeptiert. Leider, wie d ...
    Bild: Roel van Klink
    None

    Neben Aas fressenden Arten begünstigen Tierkadaver mit ihren Nährstoffen auch Pflanzen und davon abhängende Insektenarten.
    Neben Aas fressenden Arten begünstigen Tierkadaver mit ihren Nährstoffen auch Pflanzen und davon abh ...
    Bild: Aus der Publikation (open source)
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Geowissenschaften, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).