idw - Informationsdienst
Wissenschaft
In einem literaturwissenschaftlichen Forschungsprojekt an der Universität Greifswald werden Zeitkonzepte der digitalen Gesellschaft untersucht. Dabei werden zeitdiagnostische und literarische Texte analysiert und vor dem Hintergrund medien- und kulturwissenschaftlicher Zeitreflexion aufeinander bezogen. Das Projekt startete zu Jahresbeginn 2020 und trägt den Titel „Schreibweisen der Gegenwart. Zeitreflexion und literarische Verfahren nach der Digitalisierung“. Es wird für drei Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit insgesamt rund 470.000 Euro gefördert.
Facebook, Twitter und WhatsApp sind aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Sie haben die Art und Weise verändert, wie wir schreiben und kommunizieren. In populärwissenschaftlichen Zeitdiagnosen wird in diesem Zusammenhang häufig die These vertreten, dass die Digitalisierung mit Beschleunigung und einer Fixierung auf die Gegenwart verbunden sei. Diese Veränderung der Zeitwahrnehmung wird als bedrohlich empfunden: Zukunft und Vergangenheit würden entwertet, Gegenwart würde für unser Erleben zentral.
Das Forschungsprojekt reagiert auf diese neue, bislang nicht erforschte Fokussierung auf Gegenwart in populärwissenschaftlichen Zeitdiagnosen und ergänzt sie durch die Betrachtung literarischer Texte. Im Fokus stehen Texte, die seit Mitte der 2000er Jahre und damit genau in dem Zeitraum erschienen sind, in dem die oben genannten Apps ihre zentrale Stellung im täglichen Leben erlangten. Zu denken ist an Zeitdiagnosen wie Hans Ulrich Gumbrechts Unsere breite Gegenwart (2011) oder Manfred Spitzers Digitale Demenz (2012) genauso wie an die literarischen Bücher und Tweets der „Online-Omi“ Renate Bergmann (seit 2013) oder die Romane von Terézia Mora oder Sibylle Berg. Das Projekt fragt auf diese Weise nach Wechselwirkungen von Zeitreflexion und literarischen Verfahren unter den Bedingungen der Digitalisierung: Welchen Einfluss haben literarische Verfahren auf verschiedene Formen des Nachdenkens über Zeit? Inwiefern sind sie selbst als eine Form der Zeitreflexion zu verstehen?
Ziel des Projekts ist eine Bestandsaufnahme und Analyse der Schreibweisen, mit denen unter den Bedingungen der Digitalisierung Gegenwart reflektiert wird. Im Blick auf ihre je spezifischen „Schreibweisen der Gegenwart“ sollen zeitdiagnostische und literarische Texte erstmals im Zusammenhang untersucht und vor dem Hintergrund medien- und kulturwissenschaftlicher Zeitreflexion aufeinander bezogen werden. Mit den Ergebnissen kann das Projekt auf diese Weise einen innovativen Beitrag zur Gegenwartsliteraturwissenschaft leisten und zugleich der Gegenwartsdiagnostik neue Perspektiven eröffnen. Zur Ergänzung von herkömmlichen literaturwissenschaftlichen Methoden wird im Projekt mit neuen digitalen Methoden gearbeitet. Diese Methoden erlauben die computergestützte Analyse von Zeitkonzepten in großen Textmengen – ob in Romanen, Sachbüchern oder Twitter-Texten.
Das Forschungsprojekt wird von Prof. Dr. Eckhard Schumacher, Inhaber des Lehrstuhls für Neuere deutsche Literatur und Literaturtheorie, geleitet. Der Fokus seiner Forschung richtete sich schon in den vergangenen Jahren auf die Erforschung von Gegenwartsliteratur und -kultur. Im Rahmen des Forschungsprojekts wird er von Dr. des. Elias Kreuzmair, dessen Forschungsschwerpunkte ebenfalls im Bereich der Digitalisierung und der Gegenwartsliteratur liegen, und Magdalena Pflock, M. A., unterstützt. Mit Workshops und einer Konferenz tritt das Projekt in Austausch mit der Fachöffentlichkeit, über ein Weblog und den Twitter-Account @ggw_hgw http://twitter.com/ggw_hgw soll aber auch eine weitere Öffentlichkeit von seiner Arbeit profitieren. Zudem werden Studierende über Lehrveranstaltungen in die Arbeit des Projekts eingebunden. Für die Workshops und die Konferenz besteht eine Kooperation mit dem Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald.
Weitere Informationen
DFG-Projekt „Schreibweisen der Gegenwart. Zeitreflexion und literarische Verfahren nach der Digitalisierung“ http://germanistik.uni-greifswald.de/schreibweisen
Ansprechpartner an der Universität Greifswald
Prof. Dr. Eckhard Schumacher
Institut für Deutsche Philologie
Rubenowstraße 3, 17489 Greifswald
Telefon +49 3834 420 3421
eckhard.schumacher@uni-greifswald.de
„Schreibweisen der Gegenwart“ auf Twitter: @ggw_hgw
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Sprache / Literatur
überregional
Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).