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Die Artenzusammensetzung verändert sich nach kurzzeitigen Eingriffen oft dauerhaft, berichten Oldenburger Forscher im Fachblatt Ecology Letters.
Dürren, Starkregen, Schädlingsausbrüche – derartige sogenannte Störungen sind in allen natürlichen Ökosystemen allgegenwärtig. Doch wie gut können sich Lebensgemeinschaften anschließend wieder erholen? Das haben Prof. Dr. Helmut Hillebrand und Charlotte Kunze vom Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) und vom Helmholtz-Institut für Funktionelle Marine Biodiversität an der Universität Oldenburg (HIFMB) untersucht. Die beiden Umweltwissenschaftler werteten in einer so genannten Meta-Analyse 508 vorhandene Studien aus, vorwiegend Experimente, in denen natürliche oder naturnahe Ökosysteme kurzzeitig aus dem Gleichgewicht gebracht und anschließend weiter beobachtet wurden. Wie die Forscher im Fachmagazin Ecology Letters berichten, erfüllten die Lebensgemeinschaften ihre Funktionen im Ökosystem – zum Beispiel als Sauerstoff- und Biomasseproduzenten – zum Ende der Experimente fast wieder so gut wie in der ungestörten Kontrolle. Die Artenzusammensetzung erholte sich jedoch nicht.
„Die Zahl der Arten war zwar am Ende der Experimente in der Regel fast so hoch wie vor der Störung – allerdings waren es nicht die gleichen Arten“, fasst Hillebrand ein zentrales Ergebnis der Analyse zusammen. „Das heißt: Auch wenn nach einer Störung wieder die ursprünglichen Rahmenbedingungen herrschen, etablieren sich nicht unbedingt die gleichen Arten wie vorher.“ Die gestörten Systeme hatten zum Ende der Experimente durchschnittlich 82 Prozent der ursprünglichen Biomasse erreicht. Bestimmte Kennzahlen für die Biodiversität stiegen ebenfalls wieder auf hohe Werte. Die Artenzusammensetzung war dagegen noch fast genauso stark aus dem Gleichgewicht wie unmittelbar nach der Störung. Die Forscher schlossen daraus, dass sich die Zusammensetzung von Ökosystemen nach Störungen wie Stürmen, Überschwemmungen oder Schädlingsausbrüchen nur langsam erholt.
Menschliche Eingriffe wie das Pflügen, der Bergbau oder die Fischerei setzen Ökosysteme zusätzlich unter Druck – ebenso wie der Klimawandel oder die großflächige Überdüngung von Gewässern. Die Zahl und das Ausmaß der Störungen, so haben Umweltwissenschaftler beobachtet, nehmen derzeit zu, zudem treten im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten völlig neue Arten von Störungen auf. „Es wird daher immer wichtiger zu verstehen, welche Folgen Störungen für eine Lebensgemeinschaft haben“, führt Hillebrand fort.
Hillebrand und Kunze berücksichtigten in ihrer Auswertung Experimente in allen Typen von Ökosystemen – im Meer, an Land und im Süßwasser. Die Versuche fanden weltweit statt, verstärkt jedoch in gemäßigten Regionen. Die beiden Forscher legen damit die bisher umfassendste Zusammenschau zu diesem Thema vor. Ihr zentrales Ergebnis – dass sich Funktionen von Ökosystemen schneller erholen als die Artenzusammensetzung – ist von großer Bedeutung für das Management gestörter Ökosysteme, etwa, wenn eine Lebensgemeinschaft wiederhergestellt werden soll.
Prof. Dr. Helmut Hillebrand, Tel.: 0441/798-3614, E-Mail: helmut.hillebrand@uol.de
Helmut Hillebrand und Charlotte Kunze: „Meta-analysis on pulse disturbances reveals differences in functional and compositional recovery across ecosystems“, Ecology Letters (2020), https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1111/ele.13457
https://uol.de/icbm/planktologie
https://hifmb.de/de/
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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