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Wissenschaft
Quantenoptiker der Universität Rostock realisieren höherdimensionale Synthetische Dimensionen mittels quantenoptischen Wellenleitern. Damit wird es möglich, hochkomplexe Wechselwirkungen, wie sie für das Verständnis von Gehirnvorgängen erforderlich sind, zu simulieren und zukünftig leistungsfähigere optische Quantencomputer zu entwickeln.
In einem sogenannten Femtosekunden-Laserlabor des Instituts für Physik an der Universität Rostock stehen Professor Alexander Szameit und Doktorand Lukas Maczewsky an einem großen metallischen Tisch, dessen Aufbau entfernt an eine futuristische Stadt erinnert. Doch werden hier keine Verkehrsströme der Zukunft simuliert, sondern Laserlicht über dutzende Spiegel so durch Pfade in optischen Chips, sogenannte Wellenleiter, geschickt, dass das Licht auf ganz ungewöhnliche Weise miteinander wechselwirkt. „Mit diesen Experimenten erforschen wir die technischen Grundlagen für künstliche Intelligenz (KI) und so einen wesentlichen Teil der menschlichen Zukunft“, sagt Szameit. Was gibt den Rostocker Wissenschaftlern die Zuversicht, auf dem richtigen Weg zu sein?
Gemeinsam mit Kollegen aus Australien und den USA haben die Physiker erstmals eine Möglichkeit entwickelt, wie sich Lösungen in höheren, man könnte sagen, „fiktiven“ Dimensionen auf den uns bekannten dreidimensionalen Raum übertragen lassen. Das könne man sich vorstellen, wie die Darstellung einer räumlichen Figur per Zentralperspektive auf ein zweidimensionales Blatt Papier oder auf einen Bildschirm. Mathematisch spricht man von einer Abbildung des n-dimensionalen Raumes auf einen niedrigdimensionalen Raum. N-Dimensional bedeutet, dass es tatsächlich keine Beschränkung hinsichtlich der Anzahl der Dimensionen gibt. Das Licht, so die Rostocker Physiker, sei dabei nur ein Werkzeug, dass sich über das ausgeklügelte Design der lichtleitenden Wellenleiterstruktur in Glas-Chips besonders einfach manipulieren lasse. Es zeige aber Grundsätzliches. Aufgabenstellungen, die manche bisher als akademische Gedankenspielereien mathematischer Nerds angesehen haben, erhalten mit den neuen Experimenten auf einen Schlag eine ungeahnte Relevanz für den technischen Fortschritt und irgendwann für unser alltägliches Leben. „Mit der Methode der Simulation höherer Dimensionen in Lichtwellenleitern haben wir den Schlüssel zur Zukunft von Quantencomputern in der Hand“, ist sich Maczewsky sicher. Diese neue Generation von Computern werde nicht mit Strom, sondern mit Licht rechnen und deshalb viel schneller sein.
Dem 40-jährigen Physikprofessor Szameit ist jedoch auch klar, dass er bei den meisten Menschen auf Unverständnis stößt, wenn er von höheren Dimensionen als Länge, Breite und Höhe spricht. Bereits die von Albert Einstein begründete vierdimensionale Raum-Zeit ist für Menschen nicht vorstellbar. Es gibt bisher nicht einmal einen Namen für die neuen Dimensionen: „Hyperbreite, Hypertiefe und Hyperhöhe“, schlagen die beiden Physiker vor. Szameit gesteht ein: „Manchmal merke ich selbst, wie absurd das alles klingt.“ Doch lassen sich mit dem Umweg über die höheren Dimensionen Baupläne für den Quantencomputer und vieles mehr im realen Raum entwickeln. Dazu mussten die Wissenschaftler beweisen, dass die Ergebnisse der Messungen tatsächlich Resultat der korrekten Manipulation des Lichtes gemäß den hochdimensionalen Gleichungen sind. Das aber ist ihnen mit einer gerade erschienenen Veröffentlichung gelungen. Wenn die Physiker das Licht im Labor durch die Wellenleiter in den Glas-Chips schicken, kommt es am anderen Ende wieder verändert heraus. Anhand der Muster auf dem Monitor können die Physiker beweisen, dass sich das Licht in einem höherdimensionalen Raum aufgehalten hat.
„Die Experimente von Szameits Arbeitsgruppe sind hilfreich für das Verständnis, wie in höheren Dimensionen die Dynamik von Photonen aussehen könnte“, sagt der Direktor des Rostocker Institutes für Physik, Professor Stefan Scheel. Selbst für die Fachwelt seien die Erkenntnisse jedoch völlig neu und noch nicht verstanden. Noch stecke alles in den Kinderschuhen, aber zukünftig werde es möglich sein, mit optischen Quantencomputern Gehirnvorgänge nachzubauen. Damit wäre die Möglichkeit gegeben, zumindest ansatzweise das menschliche Gehirn zu verstehen. Immer in dem Wissen, dass das Gehirn der beste Computer ist, den es gibt.
Prof. Dr. Alexander Szameit
Leiter AG Experimentelle Festkörperoptik
Institut für Physik
Universität Rostock
Tel.: +49 381 498-6790
E-Mail: alexander.szameit@uni-rostock.de
Link zur Originalveröffentlichung: https://doi.org/10.1038/s41566-019-0562-8
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Medizin, Physik / Astronomie
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsprojekte
Deutsch
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