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07.02.2020 16:29

Börsentief führt zu mehr Toten im Straßenverkehr

Magister Susanne Pitro Presse und Veranstaltungsmanagement
Freie Universität Bozen

    Was hat die Entwicklung an den Wertpapiermärkten mit Unfallstatistiken im Straßenverkehr zu tun? Mehr als man denkt, zeigt ein Forschungsprojekt der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Freien Universität Bozen. Auf Basis von Daten aus einem Zeitraum von 25 Jahren belegt Prof. Mirco Tonin, dass die Zahl der Unfalltoten in den USA bei fallenden Börsenkursen steigt.

    Wenn sich die Indices an der Wall Street im Abwärtstrend befinden, birgt dies nicht nur Risiken für das Vermögen, sondern auch für die Gesundheit vieler Anleger: Zu diesem Schluss kommt Mirco Tonin, Professor an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Freien Universität Bozen, der seit vielen Jahren auf dem Gebiet der Verhaltensökonomie forscht. In Zusammenarbeit mit Corrado Giulietti und Michael Vlassopoulos von der University of Southampton hat Tonin im Journal of Health Economics die Studie “When the market drives you crazy: Stock market returns and fatal car accidents” veröffentlicht.

    Die USA boten sich dem Forscherteam als ideales Umfeld für dieses Forschungsfeld an. Jede zweite amerikanische Familie investiert direkt oder indirekt – zum Beispiel über Pensionsfonds – an der Börse. Dass das Auf und Ab an den Wertpapiermärkten wichtige wirtschaftliche Entscheidungen in Bereichen wie Konsum, Sparen oder dem Arbeitsmarkt beeinflusst, ist längt bekannt. Aber haben steigende oder fallende Börsenkurse auch noch andere Folgen? Ja, zeigte sich, als die Forscher einen Datensatz zu Unfalltoten im Straßenverkehr, das sogenannte FARS oder Fatality Analysis Reporting System, mit Finanzindizes wie dem S&P500 in Relation setzten. Für den Zeitraum 1990 bis 2015 zeigte sich dabei eine deutliche Korrelation zwischen den Börsenschwankungen und der Zahl der Unfallopfer: Schloss die Wall Street zwei Tage in Folge mit einem Minus, wurde im Schnitt ein Verkehrstoter mehr pro Tag verzeichnet, bei einem Durchschnitt von täglich 37.

    Die Forschungsmethode

    Um falsche Korrelationen und Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zu vermeiden, führte das Forschungsteam verschiedene Tests durch. Allen voran sahen sie sich den Zeitpunkt der Unfälle genauer an und überprüften, ob ein Zusammenhang zwischen Unfällen und Kursentwicklung an der Börse erst nach Eröffnung der Börse oder auch schon davor bestand. In einem zweiten Schritt wurden die Fahrer, die in tödliche Unfälle verwickelt waren, nach Alter, Wohnviertel (das in der Regel Hinweise auf ökonomische Verhältnisse gibt) und Fahrzeugmodellen klassifiziert.
    „Klarerweise haben wir keinen Zugang zum Vermögen und Wertpapier-Portfolio der einzelnen Opfer, doch wir wissen, wie alt sie waren und kennen ihre Postleitzahl und das Automodell. Auf Basis dieser Daten ist es möglich, sich ein recht vollständiges Bild der betroffenen Menschen zu machen”, erklärt Mirco Tonin. Das Ergebnis dieser Analyse habe gezeigt, dass bei Unfallfahrern mit geringen finanziellen Ressourcen keine Korrelation mit der Börsenentwicklung vorliege – „beispielsweise bei jungen Menschen oder Personen, die in ärmlicheren Wohnvierteln leben oder billige Autos fuhren”, so Tonin.

    Die Opfer? Unerfahrene Anleger

    Das Phänomen, das der Professor der Freien Universität Bozen beleuchtet, war besonders gegen Ende der 90er-Jahre stark ausgeprägt. Eine Tatsache, die kaum überrascht, wenn man bedenkt, dass viele amerikanische Familien im damaligen New-Economy-Boom erstmals an der Börse investierten. „Das zeigt einmal mehr, dass sich Anleger mit wenig Erfahrung und Know-how besonders stark von den täglichen Schwankungen an den Wertpapiermärkten verunsichern lassen”, unterstreicht Mirco Tonin. Erfahrenere Investoren würden die Volatilität der Märkte dagegen als Teil des Spiels ansehen.

    Eine ähnliche Korrelation konnte Tonin in einer weiteren Studie über das Griechenland der Jahre 2010 und 2011 ausmachen, das damals am Rande des Bankrotts und unter den strengen Austeritätsauflagen der Troika stand. Auch dort zeigte sich, dass Sorgen über negative wirtschaftliche Entwicklungen zu einem unaufmerksameren Verhalten im Autoverkehr führen können.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Mirco Tonin
    Fakultät für Wirtschaftswissenschaften
    Freie Universität Bozen
    Universitätsplatz 1
    39100 Bozen
    mirco.tonin@unibz.it

    +39 0471 013182


    Originalpublikation:

    https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0167629619301237?via%3Dihub#!


    Bilder

    Mirco Tonin, Professor für Finanzwissenschaft und Verhaltensökonomie der Freien Universität Bozen
    Mirco Tonin, Professor für Finanzwissenschaft und Verhaltensökonomie der Freien Universität Bozen
    unibz
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Gesellschaft, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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