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02.12.2003 13:07

FiBS legt dem Berliner Wissenschaftssenator ein Studienkonten-Modell zur Hochschulfinanzierung vor

Birgitt A. Cleuvers Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS)

    Präsentation des Gutachtens vor den Hochschulleitungen

    Dr. Dieter Dohmen, der Leiter des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS), stellt seine Vorschläge zur Umstrukturierung der Hochschulfinanzierung des Landes Berlin in der heutigen Präsentation des Senators für Wissenschaft, Forschung und Kultur Dr. Thomas Flierl den Hochschulleitungen vor. Das konkret für den Wissenschaftssenat entwickelte Studienkonten-Modell enthält folgende Eckpunkte.

    1. Das Studienkonten-Modell orientiert sich an der Neustrukturierung der Studiengänge mit Bachelor- und Master-Abschluss. Um ihr Studium zu beenden, müssen die Studierenden zukünftig Credits erwerben, indem sie bestimmte Veranstaltungen erfolgreich abschließen. Damit entfällt das bisher übliche Belegen von Semesterwochenenstunden und der Erwerb von Scheinen als Studiennachweis. Jede einzelne Veranstaltung hat dabei eine unterschiedliche Wertigkeit, die sich am erforderlichen Arbeitsaufwand orientiert. (Beispiel: In einer Vorlesung können 1 bis 2 Credits erlangt werden, in einem Seminar 4 bis 5.)

    Die Studierenden sollen für ein Bachelor- und Masterstudium ein virtuelles Studienkonto mit 360 Credits erhalten, mit dem sie Bildungsleistungen der Hochschulen in Anspruch nehmen können. Das Studium gilt dann als abgeschlossen, wenn die Studierenden die erforderliche Anzahl an Credits erreicht haben. Für einen Bachelor-Abschluss sind i.d.R. 180 und für ein Master-Studium 120 Creditpunkte vorgesehen, d.h. die Studierenden haben damit 60 Credits mehr zur Verfügung, als sie für die erfolgreiche Absolvierung beider Studienabschnitte benötigen. Die Credits werden mit der Anmeldung zu einer Veranstaltung vom Verfügungs-Konto abgebucht und bei erfolgreichen Durchlaufen der Haben-Seite gutgeschrieben. (Beispiel: Hat ein Seminar eine Wertigkeit von 4 Credits, dann werden bei Anmeldung zur Veranstaltung 2 Credits vom Studienkonto abgebucht und bei Bestehen 4 Credits als Guthaben eingetragen.) Auf diese Weise werden Credits in Abhängigkeit vom tatsächlichen Studierverhalten abgebucht.

    Das Studienkonten-Modell passt sich flexibel an das Studierverhalten an. Es gibt weder Einschränkungen für die Studierenden, die 10 Semester Vollzeit studieren, noch für diejenigen, die ihre 300 Credits in 15 Semestern erwerben möchten. Es sind keine gesonderten Regelungen mehr erforderlich, wann ein Teilzeit-Studium möglich ist. Nach Studienende noch nicht verbrauchte Credits können anschließend z.B. für Weiterbildung genutzt werden, unabhängig davon, wie lange studiert wurde.

    2. Allerdings soll der Status eines (ordentlichen) Studierenden auf diejenigen beschränkt werden, die pro Semester mindestens 50 Prozent der üblichen Leistungen anstreben, d.h. pro Semester mindestens 15 Credits einlösen. Wer weniger studieren möchte oder muss, kann dies uneingeschränkt, erhält allerdings nicht den Status eines "ordentlichen Studierenden" und die damit verbundenen materiellen Vorteile. Dies erhöht die Hürden für die Immatrikulation als pro-Forma- oder "Schein-Student" zur Erlangung materieller Vorteile, etwa beim Semester-Ticket etc.

    3. Mit dem vom FiBS vorgeschlagenen Studienkonten-Modell sind keine Studiengebühren verbunden, insbesondere nicht für Langzeit-Studierende.

    4. Für die Hochschulen ist die Einlösung von StudienCredits mit der Zuweisung entsprechender Finanzmittel verbunden. Das heißt, sie erhalten in Zukunft einen Teil ihrer Zuweisungen nur noch in Abhängigkeit von der tatsächlichen Nachfrage der Studierenden. Melden sich also zur Vorlesung 50 Studierende an, dann erhält die Hochschule auch Geld für 50 Studierende. Sind es 30 Studierende, werden entsprechend weniger Mittel zugewiesen. Die Hochschulen haben somit ein Interesse daran, dass ihre Studienkapazitäten ausgelastet werden.

    Der Zuweisungsbetrag (Creditwert) für die Hochschulen orientiert sich an den tatsächlichen Lehrkosten und ist somit z.B. für Ingenieurwissenschaften oder Medizin höher als für Sprach- und Kulturwissenschaften oder Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Dies verhindert eine Verzerrung zugunsten kostengünstigerer Studienfächer

    Die wesentliche Intention des Studienkonten-Modells besteht darin, verstärkt Anreize für die Hochschulen zu schaffen, ihre Studienorganisation zu verbessern und die für ein erfolgreiches Studium erforderlichen Kapazitäten zeit- und volumengerecht bereitzustellen. Analysen des Studierverhaltens zeigen, dass in einigen Fachbereichen hohe "Schwundquoten" mit geringen Absolventenzahlen einhergehen. Dies dürfte teilweise auch darauf zurückzuführen sein, dass die Kapazitäten nicht so für die Studierenden bereitgestellt werden, wie die Studierenden diese benötigen, insbesondere Studierende in den ersten Semestern. Dies wird aber durch die Umstellung der Studienstruktur (BA/MA) verstärkt der Fall sein müssen. Das Studienkonten-Modell unterstützt die Hochschulleitungen bei diesem Bemühen, indem es entsprechenden Anreize setzt.

    Fazit:

    Insgesamt zeigt sich im FiBS-Gutachten, dass das bestehende Hochschulfinanzierungssystem zu wenig Anreize für eine optimale Studienorganisation seitens der Studierenden und der Hoch-schulen enthält. Das Studienkonten-Modell hingegen erhöht die Abhängigkeit der Hochschuleinnahmen von der tatsächlichen Inanspruchnahme ihrer Kapazitäten und Angebote durch die Studierenden. Hochschulen, die mehr Studierende erreichen als andere, erhalten höhere Zuweisungen als Hochschulen, die nur von wenigen Studierende genutzt werden. Davon ausgehend, dass die Studierenden eine gute Studienorganisation und gute Lehrveranstaltungen positiv bewerten, führt dies zu einer Honorierung attraktiver und hochwertiger Lehrangebote und Hochschulen. Es kommt zu einem Leistungswettbewerb zwischen Hochschulen und Fachbereichen, der zugleich zur Verkürzung der Studienzeiten führen wird. Die Ausgestaltung des Studienkonten-Modells ermöglicht den Studierenden eine flexible Gestaltung des Studiums. Sie können ihre Veranstaltungen dort belegen, wo sie das beste Angebot erwarten und erhalten. Berlin mit seinen insgesamt 17 Hochschulen bietet hierfür ein ideales Umfeld. Lange Wartezeiten oder unzureichende Kapazitäten werden zur Abwanderung von Studierenden führen, was zur Zeit nur sehr begrenzt möglich ist. Anders als im heutigen System haben die Hochschulen im neuen Modell einen Anreiz, zusätzliche Veranstaltungen anzubieten, wenn die Nachfrage der Studierenden größer ist als das geplante Lehrangebot, da die dadurch realisierte höhere Inanspruchnahme zu zusätzlichen Einnahmen führt.

    Für die Studierenden gewährleistet das Studienkonten-Modell eine unbürokratische Anpassung an ihre persönlichen Erfordernisse. Ein Teilzeit-Studium ist uneingeschränkt möglich. Die Beschränkung des Studierenden-Status' verringert die Anreize, sich ohne Studienabsicht einzuschreiben. Damit werden die diversen Mitnahmeeffekte des Studierenden-Status deutlich eingeschränkt, wodurch es zu Einsparungen in den öffentlichen Haushalten kommen wird.

    SPERRFRIST: DIENSTAG, 2. DEZEMBER 2003, 14.00 UHR

    (Insgesamt: 87 Zeilen à ca. 90 Anschläge, 7.122 Zeichen)
    Kontakt: Birgitt A. Cleuvers (FiBS), Tel. 02 21 / 550 95 16
    Wir freuen uns über einen Hinweis auf Ihre Berichterstattung. Vielen Dank!


    Weitere Informationen:

    http://www.fibs-koeln.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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