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29.10.1998 00:00

Palliative Radionuklidtherapie bei Knochenmetastasen - Baustein im Kampf gegen Tumorschmerzen

Heike Jordan Pressestelle
Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V.

    Viel zu häufig leiden Patienten sinnlos unter starken Schmerzen, obwohl gut etablierte, medizinische Verfahren zur deren Linderung verfügbar sind. Dies war eine der zentralen Botschaften des Schmerzkongresses, der kürzlich in Düsseldorf zuende ging. Thema dort war unter anderem die palliative (Lebensqualität verbessernde) Schmerztherapie bei Krebspatienten mit schmerzhaften Knochenmetastasen (Absiedlungen des primären Tumors im Knochengewebe). Betroffen davon sind insbesondere Patienten, die an Brust- oder Prostatakrebs erkrankt sind. Mehr als 75 Prozent dieser Patienten entwickeln Knochenmetastasen; über 30 Prozent von ihnen leiden an behandlungsbedürftigen Schmerzen.
    Neben der nur selten möglichen operativen Entfernung der Metastasen und der konventionellen, medikamentösen Therapie stellt die - bisher nur wenig bekannte - palliative Radionuklidtherapie eine nebenwirkungsarme, langanhaltende und für den Patienten wenig belastende Methode der Schmerzbekämpfung dar.
    Zum Einsatz kommen dabei das Strontium-89 oder die an Phosphatbausteine gebundenen Radionuklide Samarium-153 oder Rhenium-186. Das in den Blutkreislauf injizierte Radiopharmakon wird - da in allen Fällen eine "Verwandtschaft" mit natürlichen Knochenbausteinen besteht - überwiegend an das Skelett angelagert. Da außerdem der Knochenstoffwechsel in den Metastasen gegenüber dem gesunden Knochengewebe deutlich erhöht ist, wird in diesen "krankhaften" Bereichen deutlich am meisten Radionuklid "gebunden". Der übrige Teil des Radiopharmakons wird innerhalb von wenigen Stunden weitgehend über den Harn ausgeschieden.
    Die Wirkungsweise des in den Metastasen angereicherten Radionuklids ist noch nicht endgültig geklärt. Beeinflußt werden vermutlich krankhafte Stoffwechselvorgänge. Klinisch erprobt ist dagegen die Wirksamkeit: 70 bis 80 Prozent der behandelten Patienten erfährt eine deutliche Verbesserung der Schmerzsymptomatik, die - abhängig vom verwendeten Radionuklid - durchschnittlich vier Monate lang anhält. Stellen sich die Schmerzen danach wieder ein, kann die palliative Radionuklidtherapie in der Regel problemlos wiederholt werden.
    Voraussetzung ist allerdings, daß das Blutbild des Patienten wieder stabil ist. Denn die einzige ernsthafte Nebenwirkung der Radionuklidtherapie kann eine sogenannte Knochenmarkdepression sein, die zu einer Verringerung der Thrombozyten und der weißen Blutkörperchen führt und von der sich das Knochenmark (innerhalb von 6 bis 12 Wochen) erst wieder erholen muß. Keinesfalls notwendig ist eine Knochenmarktransplantation.
    Ausgeschlossen von einer Radionuklidtherapie sind dementsprechend neben Schwangeren und stillenden Müttern und Patienten, bei denen die Metastasen zu einer sehr starken Kompression des Rückenmarks geführt haben, auch solche Patienten, die kein stabiles Blutbild haben (zum Beispiel aufgrund einer vorhergehenden Chemo- oder Strahlentherapie).
    Zu den Vorteilen dieser Schmerztherapie gehört sicherlich, daß die einmalige Gabe des Radiopharmakons über einen langen Zeitraum für Schmerzlinderung sorgt. Die Einnahme anderer schmerzstillender Medikamente kann - nach Rücksprache mit dem Betroffenen und seinem behandelnden Arzt - stark eingeschränkt oder sogar abgesetzt werden. Darüber hinaus deuten aktuelle Ergebnisse einer großen, kanadischen Studie darauf hin, daß die verwendeten Radiopharmaka neben dem schmerzstillenden eventuell auch einen therapeutischen Effekt haben, der die Bildung weiterer Metastasen zumindest einschränkt und das Wachstum kleiner Metastasen verlangsamt.
    Prof. Dr. Manfred Fischer, Leiter der Abteilung Nuklearmedizin der Städtischen Kliniken Kassel, plädiert daher dafür, die palliative Radionuklidtherapie nicht wie bisher als ultima ratio zu verstehen, sondern bereits frühzeitig in das Gesamtkonzept der Schmerztherapie einzubauen. Gerade bei Krebspatienten im fortgeschrittenen Stadium sollte alles getan werden, damit die Lebensqualität nicht durch Schmerzen weiter eingeschränkt wird.
    Ein stationärer Krankenhausaufenthalt ist - anders als etwa bei der Radiojodtherapie bei einer Schilddrüsenüberfunktion - nicht notwendig. Lediglich einige Vorsichtsmaßnahmen (etwa Zurückhaltung im Umgang mit Kindern und Schwangeren) müssen während der ersten beiden Tagen nach der Radiopharmakinjektion beachtet werden Die palliative Radionuklidtherapie kann von jedem Arzt für Nuklearmedizin mit entsprechender Qualifikation (Therapieausbildung) durchgeführt werden.

    Für weitere Informationen steht Ihnen Prof. Dr. M. Fischer gerne zur Verfügung (Tel. 0561/9803459, Fax 9806975).

    Weitere Informationen der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin und aktuelle Pressemitteilungen finden sie auf der DGN-Homepage: http://www.nuklearmedizin.de


    Weitere Informationen:

    http://www.nuklearmedizin.de/


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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