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05.01.2004 09:50

Alzheimer: Proteinabbau in der Zelle gestört?

Frank Luerweg Dezernat 8 - Hochschulkommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

    Es ist der meistgenannte Verdächtige, wenn es um mögliche Auslöser der Alzheimer-Erkrankung geht: Das zelltoxische Protein Abeta, das regelmäßig in großen Mengen in der Hirnrinde von Betroffenen auftaucht. Bislang war jedoch unklar, ob es überhaupt in das Zellplasma gelangen und dort Schaden anrichten kann. Jetzt ist es Bonner Wissenschaftlern gelungen, das Alibi des kleinen Eiweißes zu erschüttern. Ihre Ergebnisse könnten sich als ein lang gesuchtes fehlendes Kettenglied für die Entstehung der Hirnkrankheit herausstellen. Die Ergebnisse werden in der Februar-Ausgabe des Fachmagazins Traffic (Traffic 5, 89-101, 2004) publiziert; der Text ist aber bereits jetzt online abrufbar.

    In der Hirnrinde von Alzheimer-Erkrankten finden sich regelmäßig große Aggregate des Eiweiß-Moleküls Abeta. Wissenschaftler vermuten daher schon lange, dass das Protein eine Schlüsselrolle bei der Entstehung der Krankheit spielt. Abeta kann Zellen abtöten, wenn man es künstlich ins Zellplasma schleust; es kommt dort aber normalerweise nicht vor. Die Bonner Zellbiologen Dr. Anton Schmitz und Professor Dr. Volker Herzog haben nun entdeckt, dass Abeta tatsächlich von seinem Entstehungsort in das Zellplasma gelangen kann, dass es dort in der Regel aber direkt wieder abgebaut wird. Ihre Hypothese: Wenn dieser Abbau nicht richtig funktioniert, kann Abeta sich ansammeln und dann die Zellen abtöten.

    Abeta ist ein Spaltprodukt von APP, einem größeren Vorläufer-Protein, das nicht nur in den Nervenzellen der Hirnrinde, sondern in nahezu allen Zelltypen des Organismus nachgewiesen wurde. APP wird in den zahlreichen Membranröhren gebildet, die den Zellkern umschlingen - dem so genannten ER. Dort wird es in kleine Membranbläschen verpackt und so an die Zelloberfläche transportiert. Mitunter scheinen aber molekulare Scheren, Proteasen genannt, das APP bereits im ER so zu zerschneiden, dass Abeta frei wird. Dennoch konnte man Abeta bislang nie in nennenswerten Konzentrationen im ER nachweisen.

    Molekularer Schredder

    Die Bonner Zellbiologen haben den Grund dafür gefunden: Die unerwünschten Eiweißfragmente verlassen die Membranröhren sofort wieder durch bestimmte Transportkanäle und wandern von dort zum Teil in einen molekularen "Schredder", das Proteasom, der sie weiter zerkleinert. "Genauso wichtig ist aber der Abbau über einen zweiten Weg", erklärt Dr. Schmitz, "nämlich über das Insulin-degradierende Enzym IDE im Zellplasma." In Experimenten mit lebenden Zellen konnten die Biologen erstmals nachweisen, dass das IDE bei der Zerstörung von Abeta im Zellplasma eine Schlüsselrolle spielt. Sind die beiden Abbauwege gestört, so ihre Hypothese, so können sich mit der Zeit zahlreiche Abeta-Moleküle im Zellplasma anhäufen und schließlich die Zelle abtöten.

    "Bei vielen Patienten, bei denen sich schon früh - also mit 50, 55 Jahren - Alzheimer-Symptome zeigen, konnte man inzwischen eine Überproduktion von Abeta nachweisen", so Dr. Schmitz. "Bei den meisten setzt die Krankheit aber erst deutlich später ein. Und genau diese Gruppe älterer Patienten weist zum Teil auch eine verringerte IDE-Aktivität auf." Zudem funktioniere im Alter häufig auch der Protein-Schredder nicht mehr so gut; vielleicht ist bei diesen Patienten also ein gestörter Abbau von Abeta der Auslöser der Hirnkrankheit.

    Die Ergebnisse der Bonner Wissenschaftler schließen eine Lücke, über der die Alzheimer-Forschung schon lange rätselt: Dass Zellen, in die man Abeta künstlich einschleust, sterben, ist bekannt, dass die IDE-Aktivität bei manchen Patienten verringert ist, ebenfalls. "Ob und wie Abeta aber überhaupt ins Zellplasma gelangen kann, wusste bislang niemand", so Zellbiologe Schmitz. "Und dass es dort durch Proteasomen und IDE abgebaut wird, ist ebenfalls neu."

    Ansprechpartner:
    Professor Dr. Volker Herzog
    Institut für Zellbiologie der Universität Bonn
    Telefon: 0228/73-5301
    E-Mail: herzog@uni-bonn.de

    Dr. Anton Schmitz
    Telefon: 0228/73-5313
    E-Mail: anton-schmitz@uni-bonn.de


    Weitere Informationen:

    http://www.blackwell-synergy.com/links/doi/10.1111/j.1600-0854.2004.00159.x/abs/


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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