idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Wissenschaftler der Universitäten Mainz und Hamburg empfehlen, Kontaktsperren teilweise und regional unterschiedlich aufzuheben
Bei der Verbreitung der durch das Coronavirus verursachten Krankheit Covid-19 in Deutschland könnte ein Wendepunkt erreicht sein: Würden die bestehenden Maßnahmen zur Reduzierung sozialer Kontakte auch nach den Osterferien beibehalten und sich die Bevölkerung weiterhin wie bisher daran halten, würde die Zahl der Neuerkrankten weiter zurückgehen und die Pandemie hierzulande bereits Ende April ihren Höhepunkt erreichen. Knapp 60.000 Menschen wären dann in Deutschland gleichzeitig an Covid-19 erkrankt und die Gesamtzahl der als infiziert gemeldeten würde 200.000 nicht übersteigen. Zu diesen Ergebnissen ist ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftlern der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und der Universität Hamburg durch die Anwendung eines verbreiteten statistischen Modells, der sogenannten Gompertzkurve, auf die bis zum 7. April veröffentlichten Zahlen des Robert Koch-Instituts zu den Covid-19-Erkrankungen in Deutschland gekommen. „Die Kurve krümmt sich nicht mehr nach oben, sondern nach unten, weil die Zahl der Neuerkrankungen zurückgeht“, sagt Prof. Dr. Klaus Wälde, Volkswirt an der JGU und einer der leitenden Wissenschaftler der Modellierung. Würden die Maßnahmen zur Reduzierung sozialer Kontakte nach den Osterferien komplett aufgehoben, würden die Zahlen der Neuinfizierten und der Erkrankten mit einigen Tagen Verzögerung wieder stark ansteigen und das Gesundheitssystem voraussichtlich im Mai an seine Grenzen stoßen. „Ein vollständiges Aufheben der bisherigen Kontaktsperren ist deshalb nicht zu empfehlen“, sagt Wälde.
Allerdings sprechen sich die Wissenschaftler auch nicht für ein vollständiges Beibehalten der Kontaktsperren aus: „Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kosten wären zu hoch, zu viele Unternehmen müssten dann schließen“, sagt Wälde. Er empfiehlt ein schrittweises und regional unterschiedliches Aufheben der bestehenden Maßnahmen: „Zum Beispiel könnte man zunächst nur in manchen Regionen Restaurants wieder öffnen lassen, oder man könnte in manchen Regionen die Schulen zunächst nur für Schüler ab der neunten Klasse öffnen und in anderen Regionen für Schüler ab der fünften Klasse.“ Durch den Vergleich der Entwicklungen der Zahlen zu den Covid-19-Erkrankungen in den verschiedenen Regionen könnte man dann nach einigen Wochen erkennen, welchen Effekt das unterschiedliche Vorgehen auf die Verbreitung der Krankheit hätte und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen. „Würde man solche Unterschiede auf Ebene der Bundesländer einführen, könnte man unser föderales System dazu nutzen, voneinander zu lernen“, sagt Wälde.
Prof. Dr. Klaus Wälde
Professur für Volkswirtschaftslehre
Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
55099 Mainz
Tel. +49 6131 39-20143
E-Mail: waelde@uni-mainz.de
https://www.macro.economics.uni-mainz.de/
https://www.macro.economics.uni-mainz.de/corona-blog/ – Corona-Blog von Prof. Dr. Klaus Wälde
https://www.uni-mainz.de/presse/aktuell/11120_DEU_HTML.php – Pressemitteilung „Zuwachsrate der Covid-19-Erkrankungen in Deutschland seit vergangenem Freitag fast halbiert“ (26.03.2020)
https://www.uni-mainz.de/presse/aktuell/11100_DEU_HTML.php – Pressemitteilung „Rate der Covid-19-Erkrankungen in der vergangenen Woche deutschlandweit leicht gesunken“ (23.03.2020)
Verlauf der Corona-Pandemie in Deutschland bei Beibehaltung der bisherigen Kontaktsperren (in Grün p ...
Abb./©: Dr. Constantin Weiser, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
None
Möglicher Verlauf der Corona-Pandemie in Deutschland mit und ohne Kontaktsperren
Abb./©: René Glawion, Universität Hamburg
None
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Mathematik, Medizin, Politik, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).