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27.04.2020 14:40

Neues Zuhause für die Kieler Evolutionsforschung

Dr. Boris Pawlowski Presse, Kommunikation und Marketing
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

    An der Kieler Universität soll ein neues Gebäude für die angewandte Evolutionsforschung entstehen

    Erneut großer Erfolg für den Wissenschaftsstandort Schleswig-Holstein: Der Wissenschaftsrat (WR) empfiehlt den Bau des neuen Forschungszentrums „Center for Fundamental Research in Translational Evolutionary Biology“ (CeTEB, Deutsch: Zentrum für Grundlagenforschung in der Translationalen Evolutionsbiologie). Nach der Zusage der Landesregierung empfiehlt der WR den Kieler Antrag zur Förderung als „besonders herausragendes Vorhaben in dieser Förderphase“, wie er am vergangenen Freitag bekannt gab. Damit könnten bis zu 58 Millionen Euro jeweils zur Hälfte von Bund und Land in den Gebäudeneubau fließen. Die Förderzusage muss Ende Juni noch final durch die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) bestätigt werden. Danach kann der Bau eines hochmodernen neuen Forschungsgebäudes an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) mit Kapazitäten für rund 140 Forschende und Mitarbeitende samt umfangreicher neuer Forschungsinfrastrukturen starten.

    Das knapp 5.000 Quadratmeter große Gebäude soll dann innerhalb der nächsten fünf Jahre auf dem Gelände des Bremerskamps in unmittelbarer Nähe zum Biologiezentrum der CAU entstehen. Es stellt den ersten Baustein des neuen Wissensquartiers Kiel.Science.City dar, das das Land Schleswig-Holstein, die CAU und die Landeshauptstadt Kiel seit einigen Jahren vorantreiben. Bauherr für das CeTEB ist das Land Schleswig-Holstein, vertreten durch das Gebäudemanagement Schleswig-Holstein AöR (GMSH). Der Forschungsbau wird den evolutionswissenschaftlichen Forschenden an der Kieler Universität und ihren Partnerinstitutionen in der Region ein neues Zuhause geben. Im Fokus der Forschung stehen transdisziplinäre Vorhaben, insbesondere die Anwendung evolutionsbasierter Konzepte zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen in Umwelt, Gesundheit und Ernährung.

    Wissenschaftsministerin Karin Prien lobte: „Der innovative Forschungsansatz des CeTEB gehört zu den beiden besten bundesweiten Vorhaben, die vom Wissenschaftsrat zur Förderung empfohlen werden. Das ist eine großartige Bestätigung für alle Beteiligten, die in den vergangenen Jahren daran mitgearbeitet haben, diesen zukunftsweisenden und gesellschaftlich bedeutenden Forschungsschwerpunkt aufzubauen und weiter zu entwickeln.“ Die Förderung durch den Bund ermögliche es nun, diese innovative und exzellente Forschung in Schleswig-Holstein weiter gezielt zu unterstützen.

    Kiels Unipräsident Professor Lutz Kipp sprach von einem weichenstellenden Fördererfolg der Kieler Lebenswissenschaften: „In den vergangenen Jahren haben wir bereits mehr als 50 Millionen Euro Fördermittel in evolutionsbezogene Forschungsvorhaben an der CAU investieren können, von einem Graduiertenkolleg über einen Sonderforschungsbereich bis hin zu weiteren Einzelforschungsprojekten. Die Kieler Evolutionsforschung ist damit zu einem der prominentesten und erfolgreichsten Bereiche der lebenswissenschaftlichen Forschung an der CAU geworden. Mit dem CeTEB-Neubau folgt nun der nächste logische Schritt. Hier werden Evolutionsforscherinnen und -forscher noch weiter zusammenrücken, Synergieeffekte werden verstärkt. Gleichzeitig ist der beeindruckende Forschungsneubau die erste Bund-Länder-Finanzierung nach Art. 91b für einen Neubau am CAU-Hauptcampus und die erste Umsetzung aus dem Bremerskamp-Rahmenplan.“ Dieser werde Anfang Mai der Öffentlichkeit vorgestellt, kündigte Kipp an.

    Kiels Oberbürgermeister Dr. Ulf Kämpfer sagt: „Der Neubau für die Kieler Evolutionsforschung ist ein Meilenstein in der Campus- und Stadtentwicklung auf dem Weg zu Kiel.Science.City. Die Vernetzung von Wissen, Wirtschaft und Gesellschaft ist wichtig und stärkt Kiel als Wissenschaftsstandort. Ich freue mich sehr über diese Entwicklung.“

    „Wir sind mehr als dankbar für die Empfehlung des WR. Sie bedeutet eine wichtige Bestätigung unseres Konzepts der Translationalen Evolutionsbiologie, für das die Kieler Region künftig als international sichtbarer Knotenpunkt ein Vorbild liefern wird“, betont CAU-Evolutionsbiologe Professor Hinrich Schulenburg, der die CeTEB-Beantragung im Rahmen des CAU-Forschungsschwerpunkts Kiel Life Science (KLS) gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen vorangetrieben hat.

    „Ich gratuliere der CAU zur Förderempfehlung des Wissenschaftsrats“, sagt Frank Eisoldt, Geschäftsführer der GMSH. „Der CeTEB-Neubau ist der Auftakt für das größte städtebauliche Entwicklungsvorhaben auf dem Uni-Campus in den nächsten 10 Jahren. Als Bauherr des Landes Schleswig-Holstein überführen wir den mit der CAU und der Stadt Kiel gemeinsam entwickelten Rahmenplan in einen Bebauungsplan für das neue Wissenschaftsquartier Kiel.Science.City am Bremerskamp. Ökologische Akzente setzt das markante CeTEB-Gebäude mit seiner Grünfassade und der hochmodernen Gebäudetechnik.“

    Translationale Evolutionsforschung zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen

    Zentrales Anliegen des CeTEB wird es sein, Erkenntnisse aus der Evolutionsbiologie zu nutzen, um nachhaltige Strategien zur Lösung aktueller angewandter Probleme in der Medizin und Nahrungsmittelproduktion zu entwickeln. Prägnante Beispiele für die Bedeutung evolutiver Prozesse finden sich bei Krankheitserregern wie Viren oder auch Antibiotika-resistente bakterielle Erreger, die sich mit enormer Geschwindigkeit verändern können. Weitere Beispiele liefern das vermehrte Auftreten von sogenannten Zivilisationskrankheiten oder auch die schnelle Ausbreitung von Pestizidresistenzen bei Pflanzenschädlingen in der Landwirtschaft. Evolutive Prozesse spielen eine zentrale Rolle bei der Entstehung dieser und anderer Probleme, werden jedoch bisher bei der Entwicklung von Lösungsstrategien so gut wie gar nicht berücksichtigt – mit zum Teil gravierenden Folgen. „Eine Antibiotikabehandlung, die die evolutiven Veränderungen der Keime nicht im Blick hat, kann im schlimmsten Fall die Ausbreitung von multiplen Resistenzen anfeuern – anstatt sie zu verhindern“, so Schulenburg, künftiger Sprecher des CeTEB. „Diese Gefahr versuchen wir mit unserem Ansatz der Translationalen Evolutionsbiologie zu verringern.“

    Das neuartige Feld der Translationalen Evolutionsbiologie steht im Zentrum des CeTEB-Forschungszentrums an der CAU. Die Nutzung evolutionsbiologischer Erkenntnisse für nachhaltige Lösungsansätze wird dabei in zwei Schritten erfolgen: Zunächst geht es um eine Übertragung der Konzepte und Methoden aus der evolutionsbiologischen Grundlagenforschung auf angewandte Themenfelder. Darauf aufbauend werden neue Eingriffe in das jeweilige Problemgebiet entwickelt. Hierzu gehören zum Beispiel neuartige evolutionsbasierte Antibiotikatherapien, eine evolutionsbasierte Behandlung des menschlichen Darmmikrobioms oder geänderte Anbau- und Schutzstrategien im Pflanzenbau.

    „Wir wollen im CeTEB künftig die Erforschung der Beziehungen von Nutzpflanzen und Pflanzenschädlingen weiter vorantreiben. Damit können wir dazu beitragen, neue evolutionsbasierte Pflanzenschutzstrategien zu entwickeln und so die Ernährungssicherheit nachhaltig gewährleisten“, betont Professorin Eva Stukenbrock, CAU-Umweltgenomikerin und künftige CeTEB-Vizesprecherin.

    „Das Darmmikrobiom stellt einen weiteren Schwerpunkt unserer Forschung dar, das in seinen Eigenschaften von evolutiven und ökologischen Prozessen geprägt wird und gleichzeitig großes Potenzial zur Behandlung chronischer Entzündungserkrankungen liefert, wie wir auch im Rahmen des Exzellenzclusters ‚Precision Medicine in Chronic Inflammation’ untersuchen“, unterstreicht Professor John Baines vom CAU-Institut für Experimentelle Medizin und künftiges CeTEB-Vorstandsmitglied.

    Ein Kieler Haus der Evolution

    Das vom Stuttgarter Büro hammeskrause architekten bda geplante Forschungsgebäude wird auf vier Etagen zunächst zwölf Arbeitsgruppen beherbergen und befindet sich in direkter Nachbarschaft zu zentralen Partnerinstitutionen auf dem CAU-Campus. Das nachhaltige Gebäude mit einem flexiblen Raum- und Nutzungskonzept ermöglicht eine langfristige Weiterentwicklung für neue Forschungsprojekte und -gruppen, je nach Situation eingeworbener Forschungsmittel. Zentraler Aspekt sind dabei die zusammenhängenden, modular aufgebauten Laborbereiche. Dies erlaubt eine flexible Verteilung und einfache Anpassung an die jeweiligen Nutzungen je nach Ausrichtung der Forschungsarbeiten. Zudem sollen im CeTEB verschiedene vorhandene und neue kostenintensive Forschungsgeräte für die gemeinsame Nutzung integriert werden. Neben der baulichen und technischen Gestaltung umfasst das CeTEB-Konzept zudem neuartige Strukturen in der Selbstverwaltung der beteiligten Forschenden und innovative Konzepte für die Nachwuchsförderung.

    Kiel als bundesweiter Hotspot der Evolutionsforschung

    Mit dem CeTEB kann die CAU nun auch räumlich und strukturell ihre über Jahre gewachsene Führungsrolle als Schwerpunktstandort in der Evolutionsforschung festigen. Zahlreiche bestehende und perspektivisch auch neue Forschungsverbünde mit evolutionärem Bezug werden im neuen Zentrum zusammengeführt. Dazu zählen unter anderem das DFG-Graduiertenkolleg „Translational Evolutionary Research“ (GRK 2501), das „DFG-Clinician Scientist Program in Evolutionary Medicine“ (CSEM), der Leibniz Science Campus „Evolutionary Medicine of the Lung“ (EvoLUNG) und der Ende 2019 erfolgreich verlängerte DFG-Sonderforschungsbereich „Entstehen und Funktionieren von Metaorganismen (SFB 1182). Das CeTEB wird auch wichtige Verbindungen zu den zwei Exzellenzclustern an der CAU schaffen, den Clustern „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) und „ROOTS“. Die erfolgreiche Einwerbung des CeTEB-Forschungsneubaus wird somit eine institutionelle Basis für die Weiterentwicklung evolutionsbiologischer Forschungsarbeit in der Region mit großer nationaler wie internationaler Sichtbarkeit schaffen.

    Ein Foto steht zum Download bereit:

    https://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/baumassnahmen/CeTEB.jpg
    Bildunterschrift: So wird das geplante CeTEB-Forschungsgebäude der Kieler Universität auf dem Gelände des Bremerskamps in Zukunft aussehen.
    © hammeskrause architekten bda


    Weitere Informationen:

    Pressemitteilung des Wissenschaftsrats:
    http://www.wissenschaftsrat.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/PM_2020/pm_1220....

    Forschungszentrum „Kiel Evolution Center“ (KEC), CAU:
    http://www.kec.uni-kiel.de

    Forschungsschwerpunkt „Kiel Life Science“ (KLS), CAU:
    http://www.kls.uni-kiel.de

    Graduiertenkolleg „Translational Evolutionary Research“ (GRK 2501), CAU: http://gepris.dfg.de/gepris/projekt/400993799?context=projekt&task=showDetai...;

    Sonderforschungsbereich „Entstehen und Funktionieren von Metaorganismen“ (SFB 1182), CAU:
    http://www.metaorganism-research.com

    Clinician Scientist Program in Evolutionary Medicine (CSEM), CAU / UKSH:
    https://www.uksh.de/evolutionary_medicine.html

    Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie (MPI-EB), Plön:
    http://www.evolbio.mpg.de

    Leibniz ScienceCampus for Evolutionary Medicine of the Lung (EvoLUNG):
    http://evolung.fz-borstel.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Hinrich Schulenburg
    Sprecher (des.) „Center for Fundamental Research in Translational Evolutionary Biology“ (CeTEB), CAU
    Telefon: 0431/880-4141
    E-Mail: hschulenburg@zoologie.uni-kiel.de


    Weitere Informationen:

    http://www.wissenschaftsrat.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/PM_2020/pm_1220....
    http://www.kec.uni-kiel.de
    http://www.kls.uni-kiel.de
    http://gepris.dfg.de/gepris/projekt/400993799?context=projekt&task=showDetai...;
    http://www.metaorganism-research.com
    https://www.uksh.de/evolutionary_medicine.html
    http://www.evolbio.mpg.de
    http://evolung.fz-borstel.de


    Bilder

    So wird das geplante CeTEB-Forschungsgebäude der Kieler Universität auf dem Gelände des Bremerskamps in Zukunft aussehen.
    So wird das geplante CeTEB-Forschungsgebäude der Kieler Universität auf dem Gelände des Bremerskamps ...
    © hammeskrause architekten bda
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Bauwesen / Architektur, Biologie, Medizin, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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