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Die Beliebtheit von Onlinebestellungen bei Lebensmitteln ist mit der Coronakrise sprunghaft angestiegen, was erhebliche Herausforderungen für Onlinehändler birgt. Neue Ansätze im Management von Liefer- oder Abholzeitfenstern könnten dazu beitragen, mehr Kunden zu bedienen und bestimmte Kundengruppen (z.B. Menschen in Hochrisikogruppen) zu priorisieren.
Der britische E-Commerce Lebensmittelhändler Ocado berichtete Ende März in einer Email an seine Kunden, dass momentan praktisch jeder Kunde, der jemals eine Bestellung bei Ocado aufgegeben hat, nun versucht wöchentlich eine Order aufzugeben. Gleichzeitig verdoppelt sich die durchschnittlich Bestellmenge, und die Warteschlangen auf der Firmenwebseite umfasst bisweilen mehrere hunderttausend Kunden.
Um dieser Lage Herr zu werden, hat Ocado – wie die meisten Lebensmitteleinzelhändler in Großbritannien – keine neuen Kunden zugelassen, und darüber hinaus bestimmte Kundengruppen priorisiert: Z.B. Menschen im Alter von über 70 Jahren, aber auch speziell Kunden, welche als besonders wertvoll angesehen werden, basierend auf der Häufigkeit und des Umsatzvolumens der historischen Transaktionen. Diese bekommen Links zugeschickt mit Hilfe derer die Buchungswarteschlange umgangen werden kann. Allerdings ist die Buchung selbst, wie zuvor, beschränkt auf die Auswahl eines einstündigen Lieferzeitfensters aus einer Reihe von verfügbaren Optionen.
Kürzlich veröffentlichte Forschungsergebnisse (https://doi.org/10.1016/j.ejor.2020.03.007 ) der WHU -- Otto Beisheim School of Management in Zusammenarbeit mit der University of Warwick zeigen auf, dass ein flexibleres Angebot von Zeitfenstern es erlauben würde, mehr Kunden zu beliefern (übrigens nicht nur in Krisenzeiten, sondern gerade auch unter moderater Nachfrage). Die Idee ist im Wesentlichen, dass ein Kunde entsprechend der persönlichen Verfügbarkeit gleich mehrere Zeitfenster auswählen kann, z.B. 8-9 Uhr morgens und 18-19 Uhr abends. Kurz vor dem Tag der Lieferung würde der Kunde dann benachrichtigt werden, in welchem der ausgewählten Zeitfenster die Lieferung nun erfolgen wird. Im Gegenzug wird ein Anreiz gewährt, z.B. eine Reduzierung bei den Liefergebühren. Wichtig ist, dass die gewährten Anreize zu den (durch die zusätzliche Flexibilität gewonnenen) Vorteilen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Dies kann durch die neu entwickelten Algorithmen gewährleistet werden. Insbesondere wird in Echtzeit optimiert, welche Zeitfensteroptionen zu welchen (dynamischen) Preisen für eine gegebene Bestellung verfügbar sind.
Da viele Kunden momentan im Homeoffice arbeiten, sollten auch viele mehr Flexibilität bzgl. Lieferzeitfenstern haben. Auch nach Corona wird – laut einer Umfrage des BITD (https://www.businessinsider.de/karriere/arbeitsleben/repraesentative-umfrage-zwe...) wohl mehr von zu Hause aus gearbeitet werden: mehr als zwei Drittel der befragten Mitarbeiter bekundeten ein Interesse daran. Ein Ausnutzen dieser Flexibilität erscheint also durchaus sinnvoll. Dies würde auch der Nachhaltigkeit dienen. Die Studie zeigt, dass mehr Flexibilität bei den Lieferzeitfenstern generell auch zu effizienteren Fahrtenplänen führt. Gerade in Krisenzeiten werden sicherlich viele Kunden bereit sein, ihre Flexibilität zur Verfügung zu stellen, damit insgesamt mehr Kunden bedient werden können – wenn dies entsprechend klar kommuniziert wird. Das größte Verbesserungspotential ist zu erwarten, wenn die Nachfrage wieder auf das typische Niveau gefallen ist, da dann die Tourenplanung am meisten profitiert. Somit wäre diese Investition sinnvoll auch auf mittel- bis langfristige Sicht.
Auch die Nachfrage nach Click & Collect explodiert und übersteigt die verfügbare Kapazität um ein vielfaches, wie Einzelhändler berichten. Auch hier werden typischerweise Zeitfenster für die Abholung angeboten, aber meist auf der Basis first-come-first-served vergeben. In Zeiten von extrem hoher Nachfrage könnte sich hier ein Ansatz anbieten, mit dem man Kapazität für Kundengruppen mit Priorität dynamisch reserviert und freigibt; vergleichbar mit den Ansätzen, die von Airlines praktiziert werden. Laut Professor Arne Strauss von der WHU könnte ein solches Vorgehen helfen bei der Versorgung von Prioritätskundengruppen wie Gesundheitspersonal, gerade wenn das Nachfragepotential aus diesen Gruppen ungewiss ist und diese eventuell eine beschränkte zeitliche Verfügbarkeit haben. Unter einer solchen Konstellation könnten Techniken aus dem Airlinebereich durchaus nützlich sein, um einen Beitrag zur Versorgung von Prioritätsgruppen zu leisten. Auch nach der Krise könne ein solches Vorgehen hilfreich sein, z.B. indem man Prioritätsgruppen über die Häufigkeit der Buchungen und das Umsatzvolumen definiert sowie über segment-typisches Zeitfensterwahlverhalten.
Die Krise ist somit vielleicht auch eine gute Gelegenheit, den Bereich Online-Lebensmittel zu stärken, insbesondere durch Digitalisierung des Zeitfenstermanagements.
Prof. Dr. Arne Strauss ist Inhaber des Mercator Stiftungslehrstuhls
für Demand Management & Sustainable Transport an der WHU - Otto Beisheim School of Management.
E-Mail: arne.strauss@whu.edu
https://www.whu.edu/de/presse/
Dynamischere Zeitfenster ermöglichen einem größeren Kundenkreis Onlinebestellungen - nicht nur währe ...
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Informationstechnik, Wirtschaft
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer
Deutsch
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