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Wissenschaft
Künstlich gesponnene Netze als Träger von körpereigenen Zellen sind ein zentraler Baustein der regenerativen Medizin. Forscher der Universität haben jetzt diese Technik und damit deren Einsatzmöglichkeiten enorm verbessert.
Polymere werden in einem elektrischen Feld zu extrem dünnen Fäden gesponnen und anschließend zu feinen Gittern angeordnet: Das ist das Prinzip des Melt Electrospinning Writings (MEW). Mit körpereigenen Zellen und Wachstumsfaktoren beladen, kommen solche Gitter beim Tissue Engineering und in der regenerativen Medizin zum Einsatz. Sie tragen dort dazu bei, nach und nach neues Gewebe zu bilden – beispielsweise Muskeln, Nerven und Haut.
Wissenschaftlern der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) ist es nun gemeinsam mit Kollegen in Spanien gelungen, die Herstellung dieser Polymergitter enorm zu verbessern. Durch winzige Veränderungen während des Druckprozesses, die sich in Größenordnungen unterhalb des Durchmessers eines Haares bewegen, konnten sie die Design-Möglichkeiten dramatisch erhöhen. Damit sind sie nun in der Lage, das künstliche Trägergerüst maßzuschneidern, beispielsweise für künstliche Sehnen, Bänder und Herniennetze.
Eine Vielfalt von Formen
Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Advanced Materials veröffentlicht. Hauptautor ist Paul D. Dalton, Professor für Biofabrikation am Würzburger Lehrstuhl für Funktionswerkstoffe in der Medizin und der Zahnheilkunde und einer der weltweit führenden Experten auf dem Gebiet des MEW.
„Bislang war nur möglich, die hoch aufgelösten Fasern vertikal zu platzieren“, erklärt Dalton. Mit Hilfe der jetzt entwickelten Technik sind die Wissenschaftler dazu in der Lage, auch horizontal zu drucken. Durch eine Verschiebung der Druckschichten im Mikrometerbereich lässt sich so beinahe jede gewünschte Form herstellen – beispielsweise Wände, die nach innen geneigt sind, die nach außen kippen, die sich verzweigen und wieder vereinen. Weil sich die jeweilige Form auch auf die Mechanik des Druckermaterials auswirkt, können die Wissenschaftler so Gewebe mit neuen makroskopischen Eigenschaften entwickeln.
Mit Biomimikry zu neuem Gewebe
„Unsere Ergebnisse werden die Arten von Materialien, die im nächsten Jahrzehnt implantiert werden sollen, grundlegend verändern“, ist Dalton überzeugt. Denkbar sei nun eine Art „reverse Entwicklung“. Das bedeutet: „Wenn wir wissen, über welche Eigenschaften ein bestimmtes Implantat verfügen soll, können wir Gewebestrukturen gestalten, die genau über diese Eigenschaften verfügen“, erklärt der Forscher. Biomimikry sei das dazu passende Schlagwort. Für eine Reihe bislang ungelöster medizinischer Herausforderungen bei Biomaterialien, darunter Netze für Bauchhernien, Ersatzgewebe für geschwächte Herzen oder künstliche Blutgefäße, könnte diese neue Form der 3D-Drucktechnologie die passende Lösung bieten.
Bis künstliche Gewebe, die auf dieser Technik basieren, in die „Serienproduktion“ gehen, wird allerdings noch einige Zeit vergehen, schließlich handele es sich beim Melt Electrowriting noch um eine junge 3D-Drucktechnologie, so Paul Dalton. Allerdings erweitern die jetzt vorgestellten Erkenntnisse das Wissen darüber, was mit dieser Technik gemacht und gestaltet werden kann. In der Folge werde sich auch die Zahl der Forscher erhöhen, die diese Technologie übernehmen und sie auf biomedizinische Herausforderungen anwenden, die so dringend gelöst werden müssen.
Unterstützt wurde diese Arbeit von der Volkswagen Stiftung (Grant Number: 93417) und dem Erasmus+ Programm.
Prof. Dr. Paul Dalton, T: (0931) 201-74081, paul.dalton@fmz.uni-wuerzburg.de
Designing Outside the Box: Unlocking the Geometric Freedom of Melt Electrowriting using Microscale Layer Shifting. Ievgenii Liashenko, Andrei Hrynevich, Paul D. Dalton. Advanced Materials, 27 May 2020. https://doi.org/10.1002/adma.202001874
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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