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Wissenschaft
Als neuer Gastkünstler am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik beginnt Pedro Oliveira seinen dreimonatigen Aufenthalt Ende Mai – wegen der Corona-Pandemie zunächst vom heimischen Schreibtisch aus. Im Rahmen des INHABIT Artist-in-Residence-Programms setzt er seine künstlerisch-wissenschaftliche Forschung zu den politischen Dimensionen von Sound und Sprache fort. Das Augenmerk liegt dabei auf der im deutschen Asylsystem eingesetzten Spracherkennungssoftware.
Oliveira lebt seit 2009 in Deutschland. Er hat seinen Master in Digital Media in Bremen absolviert und anschließend in Berlin im Bereich Design Research promoviert. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit dem hochaktuellen Thema Polizeigewalt, genauer gesagt, mit den akustischen Artikulationsformen dieser Gewalt in Brasilien seit 2013. Nach seinem Abschluss vertieft er dieses Interesse weiter im Bereich Spracherkennungs-technologien und setzt sich derzeit mit der automatisierten Dialekterkennungssoftware auseinander, die vom deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zur Herkunftsbestimmung von Asylbewerbern eingesetzt wird. In diesem Kontext beurteilt Oliveira den Einsatz solcher Software als kritisch. Er problematisiert vor allem die Sound-Datenbank, aus der sie sich speist:
„Dass sprachliche Merkmale in Form eines starren Archivs als eine Maßnahme der Identifizierung, der Beweisführung und der anschließenden Abschiebung von undokumentierten Migranten verwendet werden, ist eine Artikulation akustischer Gewalt, die ich besonders untersuchen und herausfordern möchte.“
Für Oliveira ist der Gebrauch der Dialekterkennungssoftware im Asylverfahren entscheidend für das Verständnis davon, wie maschinelles Zuhören als gewalttätiges und entmensch-lichendes Gerät instrumentalisiert werden kann. Während seines Aufenthalts am Institut wird er daher untersuchen, wie die Sound-Datenbank vor und während des Trainingsprozesses und der Softwarekalibrierung kommentiert und analysiert wird. Mehr noch als die Frage, worauf die Software trainiert wird, interessiert ihn, was sie ignorieren soll. Dass paraverbale Sprachmerkmale wie Sprechpausen, Husten oder bestimmte Intonationen sowohl vom menschlichen Gehör als auch von maschinellen „Ohren“ bis zu einem gewissen Grad als Rauschen etikettiert werden, bildet für Oliviera einen spannenden Einstiegspunkt in die affektiven und materiellen Eigenschaften der Sprache. Die Ergebnisse seiner Zusammenarbeit mit dem Institut sollen als Verbindung von Soundinstallation und -performance festgehalten werden.
http://ae.mpg.de/inhabit Website des Artist-in-Residence Programms
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Kunst / Design, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Sprache / Literatur
überregional
Forschungsprojekte, Kooperationen
Deutsch
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