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Wissenschaft
Risse oder Schnitte in Gemälden werden von Restauratorinnen und Restauratoren idealerweise mittels Einzelfadenverklebung geschlossen. Welche Klebstoffe für welche Schadensbilder und Gewebevoraussetzungen am besten geeignet sind, wurde bisher allerdings nur wenig erforscht. Hannah Flock, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft der TH Köln, hat in ihrer an der Universität des Saarlandes und an der TH Köln verfassten, kooperativen Promotion eine Prüfsystematik entwickelt und verschiedene Werkstoffe untersucht.
Ziel der Einzelfadenverklebung ist es, das beschädigte Gewebe so zu reparieren, dass die Leinwand ihre mechanischen Eigenschaften behält und etwa auf klimatische Änderungen der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit flexibel reagieren kann. „Die minimal-invasive Methode der Einzelfadenverklebung wurde in den 1980er Jahre entwickelt, um die bis dahin gängige, nachteilige Praxis abzulösen, zum Beispiel Leinwandstücke als Flicken von hinten gegen den Riss oder Schnitt zu kleben. Allerdings wurde bisher kaum und vor allem nicht systematisch experimentell untersucht, welche Klebstoffe wann zum Einsatz kommen sollten“, erläutert Flock.
Entwicklung der Prüfsystematik
Zunächst galt es, eine geeignete Versuchsanordnung zu finden. Bislang wurden zum Testen von Klebstoffen vor allem einzelne Fäden geklebt und dann die maximale Belastbarkeit mittels einer Zugprüfung ermittelt. Bereits in ihrer Masterarbeit hatte sich Flock mit diesem Verfahren beschäftigt: „Einzelne Fäden zu testen ist nicht realitätsnah, denn dies simuliert nur eine Belastung auf einer Achse. In einem Leinwandgemälde wird die Klebstelle durch die Spannung im Rahmen einer biaxialen Belastung ausgesetzt.
Zudem sind die Fäden miteinander zum Gewebe verwoben und es sind weitere Schichten, wie Grundierung und Malschicht aufgetragen. All das ändert die Krafteinwirkung, die daraus resultierenden Spannungen und allgemeinen mechanischen Eigenschaften“, so die 32-Jährige.
Der Lehrstuhl für Technische Mechanik der Universität des Saarlandes verfügt über eine biaxiale Prüfmaschine, die auch zur Untersuchung vergleichsweise kleiner Gewebeproben geeignet ist. Flock stieß auf großes Interesse für ihre Forschungen und setzte dort die Versuche für ihre Masterarbeit und Dissertation um.
Dafür fügte sie mehreren tausend Gewebeproben Schnitte oder Risse zu, klebte diese in Handarbeit mit speziellen Feinwerkzeugen unter dem Mikroskop Faden für Faden und setzte sie unterschiedlichen Belastungsprüfungen aus. Neben Kurzzeit- führte sie auch Langzeitversuche über mehrere Monate durch. Untersucht wurden Leinengewebe mit einer mittleren Dichte, unbeschichtet beziehungsweise mit Öl- oder Acryl-Beschichtung, um sich dem Aufbau des klassischen Leinwandgemäldes anzunähern.
Ergebnisse der Versuche
„Je nach Schadensbild und Eigenschaften des Gewebes sind sehr unterschiedliche Klebstoffzusammensetzungen zu empfehlen. Es gibt keine Pauschallösung, sondern es muss je nach Objekt individuell entschieden werden“, beschreibt Flock ihre Ergebnisse. So spielt es beispielsweise eine Rolle, ob die Fadenenden bei einem Schnitt direkt aneinanderstoßen oder sich bei einem überdehnten Riss überlappen.
Von besonderer Bedeutung ist der Zustand des Gewebes. Stark gealterte, brüchige Gewebe benötigen schwächere Klebstoffe, als weniger gealterte, flexiblere. „Ziel ist es immer, dass die Klebestelle als Sollbruchstelle fungiert und nicht stärker ist als das umliegende, intakte Original. Man versucht die Gewebeeigenschaften zu imitieren, auch im Sinne einer weiteren Schadensprävention“, so Flock.
Geeignete Klebstoffe
Für die Einzelfadenverklebung eignen sich Klebstoffe unterschiedlichster Basis. Vielversprechende Ergebnisse lieferten beispielsweise die Modifikationen eines tierischen Glutinleims, der aus der Schwimmblase des Störs gewonnen wird. „Dabei handelt es sich um ein sehr traditionelles Material. Tierische Leime sind häufig auch ursprüngliche Bestandteile der Beschichtung klassischer Leinwandgemälde“, so Flock.
Aber auch moderne, synthetische Bindemittel wurden getestet und lieferten überzeugende Verklebungseigenschaften. Besonders hervor taten sich bestimmte Vertreter von modifizierten Dispersionsklebstoffen. „Diese Bindemittelgruppe verfügt über eine große Bandbreite an Eigenschaften, so dass zum Beispiel für flexiblere Gewebe mit moderner Acryl-Beschichtung auch flexiblere Klebstoffrezepturen eingesetzt werden können. Gleichzeitig gibt es in dieser Gruppe aber auch sehr starke Klebstoffe, die eher steife Verklebungen generieren.“
Für die Technik der Einzelfadenverklebung nicht geeignet seien Klebstoffe auf Acrylharzbasis: „Acrylate sind einfach zu weich und halten der dauerhaften Spannung im Gemälde nicht stand. Die Klebstoffe kriechen und es besteht das Risiko der erneuten Öffnung der Schadstelle“, berichtet Flock.
Die kurz vor dem Abschluss stehende kooperative Promotion wird durch Prof. Dr-Ing. Stefan Diebels vom Lehrstuhl für Technische Mechanik der Universität des Saarlandes und Prof. Dr. Elisabeth Jägers vom Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft der TH Köln betreut und durch ein Promotionsstipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes gefördert.
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
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