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Forscher aus Basel, Bochum und Kopenhagen haben neue Einblicke in die Energiezustände von Quantenpunkten gewonnen. Diese Halbleiter-Nanostrukturen sind vielversprechende Kandidaten für die grundlegenden Informationseinheiten für eine Quantenkommunikation. Die Wissenschaftler bestätigten mit ihren Experimenten gewisse Energieübergänge in Quantenpunkten, die zuvor nur theoretisch vorhergesagt waren: den sogenannten strahlenden Auger-Prozess.
Für die Untersuchungen verwendeten die Forscher in Basel und Kopenhagen spezielle Proben, die das Team vom Lehrstuhl für Angewandte Festkörperphysik der Ruhr-Universität Bochum hergestellt hatte. Sie berichten über die Ergebnisse in der Zeitschrift Nature Nanotechnology, online erschienen am 15. Juni 2020.
Ladungsträger einsperren
Um einen Quantenpunkt herzustellen, nutzen die Bochumer Forscher selbstorganisierende Vorgänge beim Kristallwachstum. Dabei erzeugen sie Milliarden von nanometergroßen Kristallen aus beispielsweise Indiumarsenid. In diesen können sie Ladungsträger, etwa ein einzelnes Elektron, einsperren. Interessant für die Quantenkommunikation ist dieses Konstrukt, weil sich mithilfe des Ladungsträger-Spins Informationen codieren lassen. Für diese Codierung ist es nötig, den Spin von außen manipulieren und auslesen zu können. Beim Auslesen kann eine Quanteninformation zum Beispiel in die Polarisation eines Photons eingeprägt werden. Dieses trägt die Information dann mit Lichtgeschwindigkeit weiter und kann zur Quanteninformationsübertragung genutzt werden.
Daher interessieren sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beispielsweise dafür, was genau im Quantenpunkt passiert, wenn Energie von außen auf das künstliche Atom eingestrahlt wird.
Besondere Energieübergänge nachgewiesen
Atome bestehen aus einem positiv geladenen Kern, der von einem oder mehreren negativ geladenen Elektronen umgeben ist. Wenn ein Elektron im Atom angeregt ist, also eine erhöhte Energie besitzt, kann es diese Energie auf zwei Weisen reduzieren: Es kann die Energie in Form eines einzelnen Lichtteilchens (Photon) abgeben, ohne die anderen Elektronen zu beeinflussen. Oder es kommt zum Auger-Prozess, in dem das hochenergetische Elektron all seine Energie an die anderen Elektronen im Atom abgibt. Dieser Effekt wurde 1922 von Lise Meitner und Pierre Victor Auger entdeckt. Etwa ein Jahrzehnt später beschrieb der Physiker Felix Bloch den sogenannten strahlenden Auger-Prozess. Dabei teilt das angeregte Elektron seine Energie auf ein anderes Elektron im Atom und ein Photon auf.
Ein Halbleiter-Quantenpunkt ähnelt einem Atom in vielerlei Hinsicht. Allerdings war der strahlende Auger-Prozess bislang nur theoretisch für Quantenpunkte vorhergesagt worden. Den experimentellen Nachweis erbrachten nun Forscher aus Basel. Die Physiker Dr. Matthias Löbl und Prof. Dr. Richard Warburton, zusammen mit Kollegen aus Bochum und Kopenhagen, wiesen den strahlenden Auger-Prozess im kleinstmöglichen System von einem Elektron und einem Photon nach. Damit zeigten sie erstmals eine Verbindung zwischen diesem Prozess und der Quantenoptik. Sie belegten, dass quantenoptische Messungen mit dem strahlenden Auger-Prozess nützlich sein können, um die Dynamik einzelner Elektronen zu untersuchen.
Anwendungen für Quantenpunkte
Mithilfe des strahlenden Auger-Effekts können die Wissenschaftler die Struktur der quantenmechanischen Energieniveaus, die einem einzelnen Elektron im Quantenpunkt zur Verfügung stehen, außerdem präzise bestimmen. Bisher war das nur indirekt über Berechnungen in Kombination mit optischen Methoden möglich. Nun ist ein direkter Nachweis gelungen. Das hilft, das quantenmechanische System besser zu verstehen.
Um ideale Quantenpunkte für verschiedene Anwendungen zu finden, müssen Fragen untersucht werden wie: Wie viel Zeit verharrt ein Elektron in dem energetisch angeregten Zustand? Welche Energieniveaus bildet ein Quantenpunkt? Und wie kann das mittels Herstellungsverfahren beeinflusst werden?
Verschiedene Quantenpunkte in stabilen Umgebungen
Den Effekt beobachtete die Gruppe nicht nur in Quantenpunkten in Indiumarsenid-Halbleitern. Dem Bochumer Team Dr. Julian Ritzmann, Dr. Arne Ludwig und Prof. Dr. Andreas Wieck gelang es auch, einen Quantenpunkt aus dem Halbleiter Galliumarsenid herzustellen. Bei beiden Materialien konnten die Wissenschaftler Quantenpunkte mit sehr stabilen Umgebungen erzeugen, was entscheidend war, um den strahlenden Auger-Prozess nachzuweisen. Bereits seit vielen Jahren arbeitet die Gruppe an der Ruhr-Universität Bochum an den optimalen Bedingungen für stabile Quantenpunkte.
Förderung
Das Projekt wurde gefördert vom National Centre of Competence in Research „Quantum Science and Technology“, dem Schweizerischen Nationalfonds (Fördernummer 200020 156637), der Europäischen Union im Rahmen des Horizon-2020-Programms (Grantnummern 721394 und 840453), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Sonderforschungsbereich TRR160, Projekt DFH/UFA CDFA05-06 und Projekt 383065199), dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (Projekt Q.Link.X/Fördernummer 16KIS0867), dem dänischen Center of Excellence Hy-Q, (Grantnummer DNRF139) sowie dem Europäischen Forschungsrat im Rahmen des ERC Advanced Grants „Scale“.
Prof. Dr. Andreas Wieck
Lehrstuhl für Angewandte Festkörperphysik
Fakultät für Physik und Astronomie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 26726
E-Mail: andreas.wieck@rub.de
Dr. Arne Ludwig
Lehrstuhl für Festkörperphysik
Fakultät für Physik und Astronomie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 25864
E-Mail: arne.ludwig@rub.de
Matthias C. Löbl, Clemens Spinnler, Alisa Javadi, Liang Zhai, Giang N. Nguyen, Julian Ritzmann, Leonardo Midolo, Peter Lodahl, Andreas D. Wieck, Arne Ludwig, Richard J. Warburton: Radiative Auger process in the single-photon limit, in: Nature Nanotechnology, 2020, DOI: 10.1038/s41565-020-0697-2
Julian Ritzmann stellte die Proben für die aktuellen Experimente her.
RUB, Katja Marquard
RUB, Marquard
Arne Ludwig (links) und Andreas Wieck arbeiten seit vielen Jahren daran, die optimalen Bedingungen ...
RUB, Katja Marquard
RUB, Marquard
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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