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Erstmals hat ein Wissenschaftler*innen-Team im Rahmen des Projekts SOARiAL untersucht, inwieweit Feinstaub eine Quelle für die Ausbreitung pathogener oder antibiotikaresistenter Keime sein kann, wenn kontaminierter Stallmist aus der Geflügel- und Schweinehaltung auf landwirtschaftliche Felder ausgebracht wird. Die Ergebnisse wurden soeben im Fachblatt „Environment International“ veröffentlicht.
Ein Klassiker der Kreislaufwirtschaft ist es, den Wirtschaftsdünger aus der Tierhaltung zurück auf‘s Feld zu bringen: Die im Stallmist oder in der Gülle enthaltenen Nährstoffe und organische Substanz erhalten die Bodenfruchtbarkeit und nutzen dem pflanzlichen Wachstum. Allerdings könnten aufgrund des noch immer umfangreichen Einsatzes von Antibiotika in der konventionellen Tierhaltung mit dem Dung auch antibiotikaresistente Bakterien und weitere Pathogene verbreitet werden. Die bei der Dungausbringung teils in großen Wolken emittierten Feinstaubpartikel können die menschliche Gesundheit belasten. Insbesondere sehr kleine Partikel (Durchmesser < 10 μm) werden über die Atemwege leicht aufgenommen. Zudem können die Partikel als Trägerstoffe für potentielle Krankheitserreger bzw. antibiotikaresistente Bakterien fungieren.
„Wir haben uns gefragt, inwieweit sich Pathogene über die windgetriebene Emission von Feinstaubpartikeln auf Feldern verbreiten können und wie überlebensfähig die Mikroorganismen dabei sind,“ beschreibt Dr. Tina Kabelitz vom Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie die Forschungsaufgabe. „Letztlich geht es darum, die Aerosol-Emissionen und damit auch die Ausbreitung antibiotikaresistenter Bakterien in der Praxis weitestgehend zu reduzieren.“
Mit Hilfe von Windkanaluntersuchungen hat das Forscherteam die physikalischen Ausbreitungsprozesse von Partikeln gemessen. Untersucht wurde auch, inwieweit der Wassergehalt des Dungs (angegeben als Trockensubstanzgehalt), Vorbehandlungen wie Lagerung, Kompostierung oder Trocknung und die tierartspezifischen Dungeigenschaften einen Einfluss auf die Feinstaubkonzentration und -eigenschaft sowie auf die Vitalität der Mikroorganismen haben.
Die Ergebnisse zeigten, dass Feinstaubkonzentrationen mit einem großen Anteil kleiner Partikel umso stärker auftreten, je trockener das Substrat bei der Ausbringung ist. Allerdings sinkt dabei die Überlebenschance für Pathogene: Im getrockneten Dung und daraus resultierendem Feinstaub waren die pathogenen und antibiotikaresistenten Mikroorganismen im Vergleich zu frischen Proben deutlich reduziert.
Das Potenzial, Feinstaub bestimmter Partikelgröße zu bilden, ist abhängig von den physikalischen und chemischen Eigenschaften des Dungs, die wiederum durch Tierart, Alter der Tiere, Haltungsform und Fütterung bestimmt werden. Für Geflügelmist lag der kritische Wert, ab dem verstärkt inhalierbare Feinstaubpartikel < 10 μm freigesetzt werden, bei 60%, für Schweinemist bei 80% Trockensubstanzgehalt.
„Ein hoher Trockensubstanzgehalt des Dungs verringert die Belastung durch Pathogene, verursacht aber eine erhöhte Menge an Feinstaub-Emissionen und umgekehrt. Letztlich geht es darum, einen Kompromiss zu finden, der gesundheitliche Risiken bei der Ausbringung von Wirtschaftsdüngern bestmöglich reduziert“, räumt Tina Kabelitz ein.
Fasst man die Ergebnisse der Feinstaub-Emissionsmessungen und mikrobiologischen Analysen zusammen, lässt sich ein optimales Intervall für den Trockensubstanzgehalt definieren. Bei Geflügelmist, der von Natur aus einen Trockensubstanzgehalt von ca. 65% aufweist, liegt dieser optimale Bereich zwischen 55% und 70%, während er für Schweinedung zwischen 75% und 85% liegt. Schweinedung ist mit 20% Trockensubstanzgehalt von Natur aus deutlich feuchter als Geflügelmist und emittiert insgesamt größere und schwerere Partikel, die schneller zu Boden sinken und sich damit weniger stark ausbreiten. Allerdings überleben im feuchten Substrat auch deutlich mehr Mikroorganismen. Schweinedung müsste demnach auf etwa 75% bis 85% Trockensubstanzgehalt heruntergetrocknet werden, um eine deutliche Reduktion von krankheitsgefährdenden und antibiotikaresistenten Keimen zu erzielen.
Die Trocknung von mikrobiell belasteten Wirtschaftsdüngern ist derzeit in der Praxis jedoch kaum üblich „Die Technik dafür gibt es. Muss wegen zu hohem Tierbesatz der Dung über weite Strecken in andere Regionen transportiert werden, kann sich eine Trocknung des Dungs unter Umständen rechnen, wenn damit Transportkosten gespart werden“, erläutert Prof. Thomas Amon, Abteilungsleiter Technik in der Tierhaltung am ATB. „Um die Ausbrei-tung pathogener und antibiotikaresistenter Keime künftig deutlich einzudämmen sollten Landwirte im Sinne eines präventiven Wirtschaftsdüngermanagements den Einsatz von Stroh wie in der ökologischen Tierhaltung üblich, eine Verwertung des Dungs in Biogasanlagen mit Feststoffseparierung oder eine Kompostierung in Betracht ziehen. Unsere Ergebnisse aus vorangegangenen Untersuchungen belegen eindeutig, dass Kompostierung die ge-sundheitsgefährdenden Mikroorganismen vollständig abtöten kann.“
Das Projekt SOARiAL (Spread of antibiotic resistance in an agrarian landscape) wird von der Leibniz-Gemeinschaft im Rahmen des Senatsausschusswettbewerbs (SAW) 2017 (För-derkennzeichen: SAW-2017-DSMZ-2) gefördert und vom Leibniz-Forschungsverbund ''INFECTIONS' 21" unterstützt.
Originalpublikation:
KABELITZ, T.; AMMON, C.; FUNK, R.; MÜNCH, S.; BINIASCH, O.; NÜBEL, U.; THIEL, N.; RÖSLER, U.; SILLER, P.; AMON, B.; AARNINK, A.; AMON, T.: Functional relationship of particulate matter (PM) emissions, animal species, and moisture content during manure application. Environment International (2020), https://doi.org/10.1016/j.envint.2020.105577
Weitere Artikel zum Thema:
MÜNCH, S., PAPKE, N., THIEL, N., NÜBEL, U., SILLER, P., ROESLER, U., BINIASCH, O., FUNK, R., AMON, T.: Effects of farmyard manure application on dust emissions from arable soils. Atmospheric Pollution Research (2020), https://doi.org/10.1016/j.apr.2020.06.007
THOMAS, C.; IDLER, C.; AMMON, C.; AMON, T.: Effects of the C/N ratio and moisture content on the survival of ESBL-producing Escherichia coli during chicken manure composting. Waste Management (2020) 105: 110-118 https://doi.org/10.1016/j.wasman.2020.01.031
Die Forschung des Leibniz-Instituts für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) an der Schnittstelle von biologischen und technischen Systemen hat das Ziel, Grundlagen für nachhaltige bioökonomische Produktionssysteme zu schaffen. Dazu entwickelt und integriert das ATB neue Technologien und Managementstrategien für eine wissensbasierte, standort-spezifische Produktion von Biomasse und deren Nutzung für die Ernährung, als biobasierte Produkte und Energieträger – von der Grundlagenforschung bis zur Anwendung.
Dr. Tina Kabelitz - Tel.: 0331 5699-521, E-Mail: TKabelitz@atb-potsdam.de
Prof. Dr. Thomas Amon -Tel.: 0331 5699-510, E-Mail: tamon@atb-potsdam.de
Feinstaubwolke bei der Ausbringung von Hühnerkot
Foto: Ulrich Stollberg
Copyright: ATB
Ferkelhaltung auf Stroh
Foto: Ulrich Stollberg
Copyright: ATB
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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