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Ökologische Nutztierhaltung stärker im Fokus
Heute wurde am Leibniz-Institut für Nutztierbiologie Dummerstorf (FBN) der Öko-Erweiterungsanbau an der Experimentalanlage Schwein feierlich eröffnet. Der Anbau wurde nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus konzipiert und sowohl vom Landwirtschaftsministerium MV als auch vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen der Programmbewirtschaftung in Höhe von insgesamt 1,8 Millionen Euro gefördert.
In dem Erweiterungsbau sollen im Interesse einer tier-, umwelt- und klimafreundlichen Nutztierhaltung insbesondere ökologische Aspekte der Tierproduktion stärker in den Forschungsfokus des FBN rücken. Weitere Schwerpunkte liegen in der Erforschung alter und vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen sowie in der Entwicklung smarter Lösungen für eine nachhaltige Landwirtschaft.
„Gerade der Blick auf die gesellschaftliche Debatte zur Nutztierhaltung, zu mehr Tierwohl, zu Klimaschutz und klimafreundlicher Tierhaltung, aber auch die globale Herausforderung der Sicherung der Welternährung und Änderung der Humanernährung machen die Notwendigkeit der Forschung in diesen Themenbereichen absolut deutlich“, sagte der Minister für Landwirtschaft und Umwelt MV, Dr. Till Backhaus. „Das FBN adressiert genau diese gesellschaftlich relevanten Aspekte einer nachhaltigen Nutztierhaltung. Diese ist ein elementarer Bestandteil der Landwirtschaft und einer (Nährstoff-)Kreislaufwirtschaft, viele Flächen, z.B. Dauergrünland und Savannen, können nur über die Nutztierhaltung einen Beitrag zur Nahrungsmittelproduktion leisten. Gewisse Formen der Nutztierhaltung sind Landschaftspflege und Grundlage für den Erhalt von Biodiversität.“
Mehr Platz und freier Auslauf
Der neue Versuchsstall mit einer Gesamtnutzungsfläche von rund 780 Quadratmetern ist für 24 Sauen und deren Nachzucht konzipiert. Er enthält jeweils acht Besamungsstände und Abferkelbuchten. Insgesamt ist Platz für 284 Tiere. Darüber hinaus verfügt der Anbau über einen Testraum für Verhaltensbeobachtungen sowie Ausläufe in allen Teilbereichen vom Saugferkel bis zum Mastschwein. In der bereits 1998 eröffneten Experimentalanlage Schwein stehen den Tieren rund 1.140 Quadratmetern zur Verfügung.
Größte Unterschiede beim Bau nach ökologischen Standards sind der höhere Platzbedarf und die freien Ausläufe für alle Tiere. In eingestreuten Buchten lassen sich die natürlichen Instinkte der Tiere wie Nestbauverhalten und Wühlen besser ausleben. Durch das größere Platzangebot haben die Schweine bessere Möglichkeiten, die Buchten in Fress- und Aktivitätsbereiche sowie Ruhezonen und „Toiletten“ zu strukturieren. Die Tiere bleiben im Familienverbund, die Schwänze werden nicht gekürzt und die männlichen Tiere nicht kastriert.
Haltungsbedingungen im Vergleich
„Unsere Wissenschaftler sind jetzt in der Lage, an einem Standort unter authentischen Bedingungen konventionelle und ökologische Haltungsbedingungen zu vergleichen“, betonte FBN-Vorstand Prof. Dr. Klaus Wimmers. „Dabei steht die Gegenüberstellung der Haltungsformen im Interesse des Tierwohls im Vordergrund.“ Des Weiteren sollen alte Nutztierrassen charakterisiert werden. „Wir planen am Institut ein langfristiges Projekt über mehr als zehn Jahre, in dem wir alte Rassen mit der modernen Deutschen Landrasse in beiden Haltungsumwelten vergleichen“, erläuterte Wimmers. „Wir wollen wissen, ob die Rassen in unterschiedlicher Weise von den besseren Haltungsbedingungen profitieren. Diese Zusammenhänge zwischen Rassen und Umwelt, sogenannte Genotyp-Umwelt-Interaktionen, sind biologisch interessante Phänomen, die wir erforschen und nutzen wollen, um einen bestmöglichen Einklang zwischen den Bedürfnissen der Tiere und ihrer Umwelt herzustellen. Gestartet werden soll das Programm mit dem deutschen Sattelschwein. Seinen Namen verdankt das Tier mit schwarzer Grundfarbe dem hellen Streifen auf „Sattelhöhe“. Engagierte Züchter haben dafür gesorgt, dass die robuste und sehr fruchtbare Rasse nicht schon ausgestorben ist. Forscher am FBN konnten in der Vergangenheit schon Erfolge beim Erhalt der ungarischen Mangalitza-Schweinerasse erzielen.
„Großes Augenmerk legen wir auch in den Aufbau einer Gewebe- und Zell-BioBank für Schweine“, so der Vorstand weiter. „Mit den langfristig angelegten Untersuchungen wollen wir den Startpunkt dafür setzten, eine BioBank von Geweben und Zellen mit Referenzdaten als wichtige Ressource für die Forschung zu etablieren.“ Als vierten Forschungsschwerpunkt im neuen Öko-Anbau nannte Prof. Dr. Klaus Wimmers das sogenannte „Smart Livestock Farming“, also innovative Lösungen für mehr Tierwohl sowie Umwelt- und Klimaschutz in der Nutztierhaltung. „Dazu wollen wir intelligente digitale Systeme zum Monitoring von Verhalten, Gesundheit und physiologischen Zuständen sowie automatisierte Lernapparaturen für eine individuelle Versorgung der Tiere nutzen und entwickeln.“
Digitalisierung spielt große Rolle
„Die Digitalisierung mit individueller Aufzeichnung von Futteraufnahme(verhalten) sowie Videosysteme zur Analyse des Sozialverhaltens ermöglichen uns eine effiziente Datenerfassung und -analyse im Vergleich konventioneller und ökologischer Haltung mit Tieren verschiedener Herkünfte“, hob der Leiter der Tierexperimentellen Anlagen, Klaus-Dieter Witt, hervor. „So können wir unter anderem direkt den Einfluss der Haltungsbedingungen auf wichtige Indikatoren für das Tierwohl und die Tiergesundheit messen.“
Am Leibniz-Institut laufen aktuell eine Vielzahl von Forschungsprojekten zur Schweinehaltung. Dabei geht es beispielsweise um das Sozialverhalten von Ferkeln und der individuellen Bewertung ihrer Umwelt sowie die Identifizierung von Biomarkern für Tierwohl oder die Optimierung der Versorgung für erhöhte Ressourceneffizienz und bessere Fleischqualität. Ferner erforschen die Wissenschaftler, wie sich alte, robuste Rassen wie das Sattelschwein von modernen Rassen wie der Deutschen Landrasse im Stoffwechsel sowie bei der Fortpflanzung und im Verhalten unterscheiden.
Neben der Experimentalanlage Schwein befinden sich auf dem Gelände der Forschungseinrichtung in Dummerstorf auch Tierexperimentelle Anlagen für Rinder, Geflügel, Zwergziegen, Mäuse, Soldatenfliegen und Aquakulturfische.
Die Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 93 selbständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen - u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 19.100 Personen, darunter 9.900 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro.
http://www.leibniz-gemeinschaft.de
Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN)
Vorstand Prof. Dr. Klaus Wimmers
T +49 38208-68 600
E wimmers@fbn-dummerstorf.de
Tierexperimentelle Anlagen
Leitung Klaus-Dieter Witt
T +49 38208-68 963
E witt@fbn-dummerstorf.de
Wissenschaftsorganisation Dr. Norbert K. Borowy
T +49 38208-68 605
E borowy@fbn-dummerstorf.de
http://www.fbn-dummerstorf.de
Prof. Dr. Klaus Wimmers
T +49 38208-68 600
E wimmers@fbn-dummerstorf.de
Marianne Zenk (li.) und Dr. Corinna Gladbach vom FBN mit Ferkeln aus der gefährdeten Rasse der deuts ...
Foto: FBN/Nordlicht
Foto: FBN/Nordlicht
Die Experimentieranlage Schwein mit dem Erweiterungsanbau aus der Vogelperspektive.
Foto: FBN/Mogwitz
Foto: FBN/Mogwitz
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsprojekte, Pressetermine
Deutsch
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