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03.09.2020 14:31

Drei neue Förderungen des Europäischen Forschungsrats: 4,4 Millionen Euro für Projekte an der Universität Hamburg

Birgit Kruse Referat Medien- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Hamburg

    Neurowissenschaft, Astrophysik und Molekularbiologie: Gleich in drei Bereichen erhält die Universität sogenannte ERC Starting Grants, eine wichtige Förderung des Europäischen Forschungsrats. Insgesamt erhalten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler rund 4,4 Millionen Euro. Die Projekte starten 2021.

    Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) vergibt die Starting Grants an herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, deren Promotion zwei bis höchstens sieben Jahre zurückliegt. Sie bekommen durch den Grant die Möglichkeit, innovative Vorhaben in der Grundlagenforschung umzusetzen. Die Förderungen betragen bis zu 1,5 Millionen Euro pro Projekt und haben eine Laufzeit von fünf Jahren.

    Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Lenzen, Präsident der Universität Hamburg: „Ich gratuliere Herrn Prof. Dr. Michael Filarsky, Herrn Prof. Dr. Sebastian Gluth und Herrn Dr. Manuel Meyer zu diesem Erfolg. Gerade für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der ersten Karrierephase ist eine so große, renommierte Förderung extrem wichtig, auch, um neue Forschungsgruppen aufbauen zu können. Die Universität Hamburg freut sich, solch talentierte Kolleginnen und Kollegen in verschiedenen Disziplinen in ihren Reihen zu haben.“

    Die neuen ERC Starting Grants an der Universität Hamburg im Überblick:

    Prof. Dr. Michael Filarsky: MalSwitch – Welche Faktoren steuern die Anpassung des Malariaerregers?

    Rund eine halbe Million Menschen stirbt jährlich an Malaria, der häufigsten Infektionskrankheit der Welt. Gegen die Krankheit gibt es noch keinen effizienten Impfstoff, und weil der anpassungsfähige Malariaerreger Plasmodium falciparum gegen die meisten Medikamente Resistenzen entwickelt hat, ist sie zunehmend schwieriger zu behandeln.
    Die molekularen Mechanismen im Vermehrungszyklus des Parasiten Plasmodium falciparum sind bislang nicht vollständig verstanden. Der Einzeller hat einen äußerst komplexen Lebenszyklus in zwei unterschiedlichen Wirten: Er paart sich in einer Mücke und produziert dort Nachkommen, die durch einen Mückenstich in den Körper des Menschen gelangen. Dort vervielfältigt er sich durch Zellteilung, zerstört die roten Blutkörperchen und löst potenziell tödliche Krankheitsschübe aus. Die meisten dieser Parasiten bleiben im menschlichen Körper und teilen sich wieder und wieder. Nur einige wenige wandeln sich in männliche und weibliche Formen um, die über einen weiteren Insektenstich zurück in eine Mücke gelangen. Dort beginnt der Reproduktionszyklus von Neuem.

    „In den Parasiten gibt es eine Art molekularen Schalter, der die Umwandlung in männliche und weibliche Formen auslöst“, erklärt der Molekularbiologe und Spezialist für menschliche Parasiten, Prof. Dr. Michael Filarsky. „Normalerweise steht dieser Schalter auf ‚Aus‘. Reize aus der Umgebung können dazu führen, dass bestimmte Proteine, also bestimmte Eiweißmoleküle, den Schalter umlegen und ihn auf ‚Ein‘ stellen. Wenn wir herausfinden könnten, wie dieses Zusammenspiel von Umwelteinflüssen und molekularen Mechanismen genau funktioniert, könnten neue Medikamente diesen Schritt künftig vielleicht unterbinden und so die weitere Vermehrung von Plasmodium falciparum stoppen.“

    Prof. Dr. Michael Filarsky studierte Biologie an der Universität Regensburg und promovierte dort 2013 mit einer Arbeit zur Epigenetik. Als Postdoktorand wechselte er ans Schweizerische Tropen- und Public Health-Institut (SwissTPH) und spezialisierte sich dort auf die Erforschung des Malariaerregers Plasmodium falciparum. Seit 2019 ist er Juniorprofessor an der Universität Hamburg und arbeitet am Zentrum für strukturelle Systembiologie (CSSB) auf dem Forschungscampus Bahrenfeld.

    Prof. Dr. Sebastian Gluth: TrackingMinds – Wie wir das Denken und Handeln unserer Mitmenschen verstehen

    Wie deuten Menschen das Verhalten anderer? Das ist eine zentrale Frage der kognitiven Neurowissenschaft und vieler anderer Disziplinen. Prof. Dr. Sebastian Gluth möchte mit seinem Projekt „TrackingMinds“ der Hypothese nachgehen, dass Menschen ihren eigenen mentalen Entscheidungsapparat nutzen, um den Gedanken anderer zu folgen und auf deren verborgene Überzeugungen und Vorlieben zu schließen. Mit diesem Ansatz geht Gluth über existierende Ansätze wie beispielsweise das System der Spiegelneuronen hinaus. Denn seine These soll nicht nur erklären, wie Menschen andere Menschen beobachten, sondern auch, wie Entscheidungen anderer vorhergesagt und daraus Schlüsse gezogen werden.

    Für das Projekt kommen modernste neurowissenschaftliche Methoden zum Einsatz. Neben der mathematischen Präzisierung von Denkfunktionen durch die sogenannte kognitive Modellierung werden unter anderem Eye-Tracking, funktionelle Magnetresonanztomographie, Elektroenzephalographie und EEG-Hyperscanning angewendet. Außerdem wird ein System künstlicher Intelligenz (KI) entwickelt. Die Ergebnisse der Untersuchungen sollen dabei helfen, die Mensch-Maschine-Interaktionen durch „verständnisvollere“ KI-Systeme zu verbessern. Zudem erhofft sich Gluth neue Ansätze bei der Behandlung psychischer Störungen wie Autismus oder sozialen Angststörungen.

    Prof. Dr. Sebastian Gluth hat von 2004 bis 2009 Psychologie an der Humboldt-Universität zu Berlin studiert. Von 2009 bis 2013 promovierte er am Institut für Systemische Neurowissenschaften des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. 2013 wurde er Postdoc an der Fakultät für Psychologie der Universität Basel und ist dort seit 2016 Assistenzprofessor. Zum 1. Oktober 2020 hat er einen Ruf auf eine Professur an der Fakultät für Psychologie und Bewegungswissenschaft der Universität Hamburg angenommen, wo er dem Potenzialbereich „Neurowissenschaften und Kognitive Systeme“ angehören wird. Sein ERC-Grant startet im Januar 2021.

    Dr. Manuel Meyer: AxionDM – Suche nach Axionen und Axion-artigen Teilchen der Dunklen Materie im Labor und mit hochenergetischen astrophysikalischen Beobachtungen

    Rund 80 Prozent unseres Universums bestehen aus Dunkler Materie, deren Zusammensetzung bisher weitgehend unbekannt ist. Allerdings gelten sogenannte Axione sowie Axion-artige Teilchen (Axion-like particles, ALPs) als mögliche Bestandteile. Dr. Manuel Meyer wird im Rahmen von „AxionDM“ astrophysikalische Beobachtungen mit Laborexperimenten kombinieren, um diese Teilchen genauer zu untersuchen. Die Grundannahme ist, dass Photonen sich in magnetischen Feldern in ALPs umwandeln können und umgekehrt, das heißt, sie oszillieren. Dieser Wechsel sollte sich in den Messungen hochenergetischer kosmischer Gammastrahlung, die aus fernen Galaxien stammt, charakteristisch darstellen. Zudem ist davon auszugehen, dass der Zerfall von ALPs die Durchlässigkeit des Universums für Gammastrahlung verringert, was sich ebenfalls in den Aufzeichnungen widerspiegeln müsste.

    Nach diesen spezifischen Signalen wollen Meyer und sein Team suchen, indem sie vorliegende Messungen von verschiedenen Teleskopen mit neu entwickelten Modellberechnungen vergleichen. Diese Analysen sollen auch Sensoren und Detektoren verbessern, die unter anderem 2021 bei dem Experiment „Any Light Particle Search“ (ALPS II) am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) zum Einsatz kommen sollen.

    Dr. Manuel Meyer studierte von 2004 bis 2010 Physik an der Universität Hamburg. Für seine Diplomarbeit erhielt er 2010 den Otto-Stern-Preis. Auch seine Promotion absolvierte er von 2010 bis 2013 an der Universität Hamburg. Nach einer Tätigkeit als Postdoktorand an der Universität Stockholm sowie Aufenthalten als Feodor Lynen Stipendiat an der Stanford University und am DESY ist er seit 2019 am „Erlangen Centre for Astroparticle Physics“ der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg – als Research Fellow des europäischen Wissenschaft-Förderprogramms „Marie-Skłodowska-Curie Actions“. Im Juni 2021 startet an der Universität Hamburg sein ERC Grant, der Teil des Exzellenzclusters „Quantum Universe“ sein wird.

    Für Rückfragen:
    Referat Medien- und Öffentlichkeitsarbeit
    Universität Hamburg
    Tel.: +49 40 42838-2968
    E-Mail: medien@uni-hamburg.de


    Weitere Informationen:

    https://www.uni-hamburg.de/newsroom/presse/2020/pm40.html


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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