idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Entzündungshemmende Stoffe auf Basis von Bestandteilen menschlicher Körperzellen könnten künftig die Therapie für Patienten verbessern. Forscherinnen und Forscher am Institut für Pharmazie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) haben ein Verfahren entwickelt, um sie in kontrollierter Qualität herstellen zu können. Die Substanzen werden vom Körper nicht als Fremdstoffe erkannt und bieten daher Vorteile gegenüber körperfremden Entzündungshemmern wie Ibuprofen oder Diclofenac. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin "European Journal of Pharmaceutical Sciences" veröffentlicht.
"Wir versuchen nachzumachen, was die Natur vormacht", sagt Prof. Dr. Karsten Mäder vom Institut für Pharmazie der MLU. Denn die neuartigen Entzündungshemmer kommen im menschlichen Körper natürlich vor, beispielsweise auf der Innenseite von Körperzellen. Stirbt eine Zelle, kehrt sie ihr Inneres nach außen, genauer gesagt einen bestimmten Bestandteil ihrer Zellmembran: Phosphatidylserin (PS). Das gibt Fresszellen das Signal, diese tote Zelle zu verdauen. Dass hierbei keine Entzündungsreaktion stattfindet, auch dafür sorgt PS. Ähnliches passiert in der Lunge, die beim Einatmen mit sehr vielen Fremdstoffen konfrontiert ist. Hier sorgt ein weiteres Phospholipid, das Phosphatidylglycerol (PG), dafür, dass es keine übertriebene Entzündungsreaktion gibt. Mäders Arbeitsgruppe hat diese Substanzen nun so aufbereitet, dass sie potenziell als Arzneimittel genutzt werden könnten - mögliche Einsatzgebiete sind Infarkte, Arthritis oder Schuppenflechte.
Medizinisch sind beide Phospholipide deshalb interessant, weil der Körper sie nicht als Fremdstoffe erkennt, wodurch weniger Nebenwirkungen zu erwarten sind. Eine Studie aus den USA hat bereits gezeigt, dass besonders PS gegen die Entzündung nach einem Herzinfarkt wirkt. "Allerdings war die Herstellung der Zubereitung aufwendig", so Mäder. In der halleschen Arbeitsgruppe wurde nun ein Herstellungsverfahren entwickelt, das wesentlich einfacher und kostengünstiger ist. Die Phospholipide bilden dabei kleine Teilchen unter zehn Nanometern, weswegen sie einfach steril zu filtrieren sind. Sie erwiesen sich außerdem als nicht schädlich für Körperzellen und Blutbestandteile. Vor allem die so hergestellten PG-Teilchen verringerten unter Laborbedingungen die entzündliche Aktivität der Fresszellen. "Die Ergebnisse weisen auf ein hohes Potential der Phospholipide für anti-entzündliche Therapien hin", bilanziert Mäder die Forschungsarbeit.
Damit die natürlichen Entzündungshemmer beim Menschen angewendet werden können, sind jedoch noch mehrjährige klinische Studien nötig. Die Forschung wird vom Phospholipid Research Center in Heidelberg unterstützt.
Prof. Dr. Karsten Mäder
Direktor des Instituts für Pharmazie der MLU
Telefon: +49 345 55-25167
E-Mail: karsten.maeder@pharmazie.uni-halle.de
Klein et al. Phosphatidylserine (PS)- and phosphatidylglycerol-(PG)-enriched mixed micelles (MM): a new nano-drug delivery system with anti-inflammatory potential? European Journal of Pharmaceutical Sciences (2020). https://doi.org/10.1016/j.ejps.2020.105451
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).