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Wie haben sich die Neuerkrankungs- und Sterblichkeitsrate von Brustkrebs sowie das Fünf-Jahres-Überleben während der letzten Jahrzehnte entwickelt? Dies untersuchten Wissenschaftler vom DKFZ und von GEKID für Deutschland und für die USA. Die altersstandardisierte Brustkrebs-Neuerkrankungsrate war in den USA während des gesamten Zeitraums höher als in Deutschland, die Sterblichkeit dagegen deutlich niedriger. Die größten Unterschiede beobachteten die Forscher bei Patientinnen im Alter von über 70 Jahren: Hier lag die Neuerkrankungsrate in den USA um 19 Prozent über der deutschen – bei einer 45 Prozent geringeren Sterblichkeit.
Mit knapp über zwei Millionen neu diagnostizierten Fällen im Jahr 2018 ist Brustkrebs weltweit die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Die Neuerkrankungsraten sind in den letzten Jahrzehnten in vielen Teilen der Welt angestiegen und variieren von Land zu Land. Diese Variationen werden hauptsächlich auf Unterschiede im Reproduktionsverhalten, auf die Einnahme von Hormontherapie nach den Wechseljahren und auf die Einführung von Mammographie-Screening-Programmen zurückgeführt.
Das Brustkrebs-Überleben ist im Laufe der Zeit in den meisten Ländern stetig angestiegen. Es hängt stark davon ab, wie fortgeschritten der Krebs zum Zeitpunkt der Diagnose ist und zu welchem molekularen Subtyp er zählt. „Auch die Mammographie-Screening-Programme haben Einfluss auf die Überlebensrate von Brustkrebs-Patientinnen, da bei dieser Untersuchung mehr Tumoren in frühen, gut heilbaren Stadien entdeckt werden“, sagt Lina Jansen vom Deutschen Krebsforschungszentrum.
Jansen und Kollegen aus der Abteilung von Hermann Brenner im Deutschen Krebsforschungszentrum haben diese Zusammenhänge nun gemeinsam mit der Gesellschaft der Epidemiologischen Krebsregister (GEKID) für Deutschland und für die USA analysiert. Um langfristige Trends erkennen zu können, untersuchten die Wissenschaftler die Neuerkrankungs- und Sterblichkeitsraten zwischen 1975 und 2015. Außerdem analysierten sie, ob und welche Veränderungen es bei den Krebsstadien zum Zeitpunkt der Diagnose gab und wie sich die relativen Fünf-Jahres-Überlebensraten in beiden Ländern über die Zeit entwickelt haben.
Die altersstandardisierte Brustkrebs-Neuerkrankungsrate war in den USA während des gesamten Zeitraums viel höher als in Deutschland. Die Brustkrebs-Sterblichkeit dagegen lag bereits ab den 1990er Jahren in den USA deutlich niedriger als in Deutschland.
Die größten Unterschiede beobachteten die Forscher bei Patientinnen, die 70 Jahre und älter waren. Im Jahr 2015 lag die Neuerkrankungsrate in dieser Altersgruppe in Deutschland um 19 Prozent niedriger, die Sterblichkeit jedoch um 45 Prozent höher als bei den US-amerikanischen Frauen. Das entspricht 87 weniger Brustkrebsdiagnosen, aber 46 mehr Brustkrebssterbefälle pro 100.000 Frauen in Deutschland.
In dieser Altersgruppe wurden auch große Unterschiede in der Verteilung der Tumorstadien zum Zeitpunkt der Diagnose beobachtet: In Deutschland erhielten 29 Prozent der Frauen die Brustkrebs-Diagnose in einem der beiden fortgeschrittenen Stadien III und IV, in den USA dagegen nur 15 Prozent.
Die altersstandardisierte relative Fünf-Jahres-Überlebensrate war im Verlauf des Untersuchungszeitraums sowohl in Deutschland als auch in den USA gestiegen, lag jedoch zuletzt (2013-15) bei den älteren deutschen Patientinnen mit 81,1% um 9 Prozentpunkte niedriger als bei den Amerikanerinnen. Dieser Unterschied ließ sich aber vollständig auf die günstigere Stadienverteilung in den USA zurückführen.
Bei jüngeren Patientinnen im Alter von 50-69 Jahren dagegen glichen sich im Verlauf des Untersuchungszeitraums die Unterschiede in Neuerkrankungsrate, Sterblichkeit sowie Fünf-Jahresüberleben zwischen den USA und Deutschland zunehmend an.
„Die Unterschiede in der Brustkrebs-Sterblichkeit bei älteren Frauen lassen sich nicht durch Unterschiede in der Qualität der Krebsversorgung erklären“, betont Studienleiter Hermann Brenner. „Die Hauptursache für die erhebliche Differenz dürfte die spätere Einführung und die geringere Inanspruchnahme des Mammographie-Screenings in Deutschland sein. Die Ergebnisse unterstreichen einmal mehr, wie wichtig Vorsorge und Früherkennung für eine verbesserte Krebsbekämpfung sein können.“ Hier sieht der Präventionsexperte gerade in Deutschland noch weiteren erheblichen Forschungsbedarf.
„Auf Basis der Studienergebnisse sollte auch darüber diskutiert werden, ob das deutsche Mammographie-Screening nicht zu früh, nämlich schon mit 69 Jahren, endet“, sagt Alexander Katalinic, Coautor der Studie und Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats des Mammographie-Screenings: „In anderen Ländern, wie Frankreich und Niederlande wird das Mammographie-Screening bis zum Alter von 74 Jahren angeboten und auch die WHO sieht ausreichende Belege für ein höheres Screeningalter.“
Lina Jansen, Bernd Holleczek, Klaus Kraywinkel, Janick Weberpals, Chloé Charlotte Schröder, Andrea Eberle, Katharina Emrich, Hiltraud Kajüter, Alexander Katalinic, Joachim Kieschke, Alice Nennecke, Eunice Sirri, Jörg Heil, Andreas Schneeweiss, and Hermann Brenner for the GEKID Cancer Survival Working Group: Divergent patterns and trends in breast cancer incidence, mortality and survival among older women in Germany and the United States
Cancers 2020, DOI: 10.3390/cancers12092419
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern.
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
Ansprechpartner für die Presse:
Dr. Sibylle Kohlstädt
Pressesprecherin
Strategische Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
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E-Mail: S.Kohlstaedt@dkfz.de
E-Mail: presse@dkfz.de
www.dkfz.de
Lina Jansen, Bernd Holleczek, Klaus Kraywinkel, Janick Weberpals, Chloé Charlotte Schröder, Andrea Eberle, Katharina Emrich, Hiltraud Kajüter, Alexander Katalinic, Joachim Kieschke, Alice Nennecke, Eunice Sirri, Jörg Heil, Andreas Schneeweiss, and Hermann Brenner for the GEKID Cancer Survival Working Group: Divergent patterns and trends in breast cancer incidence, mortality and survival among older women in Germany and the United States
Cancers 2020, DOI: 10.3390/cancers12092419
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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