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03.02.2004 13:46

Samizdat-Ausstellung in Budapest zeigt Bremer Untergrund-Materialien aus Zentral- und Osteuropa

Kai Uwe Bohn Hochschulkommunikation und -marketing
Universität Bremen

    Die große Bremer Ausstellung "Samizdat. Alternative Kultur in Zentral- und Osteuropa - 1956 bis 1989" ist nach ihrer erfolgreichen Präsentation in Berlin, Prag und Brüssel am 2. Februar 2004 in Budapest eröffnet worden. Veranstalter ist die Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen in Kooperation mit der European Cultural Foundation in Budapest und dem Ausstellungszentrum Millenaris Park. Die Bremer Forschungsstelle folgt für drei Monate der Einladung des Budapester Oberbürgermeisters und ehemaligen Dissidenten, Gábor Demszky, in die ungarische Hauptstadt. Die Ausstellung wurde von Gábor Demszky eröffnet, anschließend sprach der deutsche Außenminister Joschka Fischer als Ehrengast der Ausstellung.

    Seit 1982 sammelt die Forschungsstelle Osteuropa Dokumente des Widerstands gegen das totalitäre sowjetische Regime in den Ländern Zentral- und Osteuropas. Aus der inzwischen über mehr als 200.000 Dokumente umfassenden Sammlung ist eine Ausstellung konzipiert worden, die mit etwa 600 Exponaten die Welt der Dissidenten, Schriftsteller und Künstler im Untergrund zeigt. Das Wort "Samizdat" - so der Titel der Ausstellung - ist aus dem Russischen übertragen und bedeutet "Selbst-Verlag". Es bezeichnet von Flugblättern bis zu getippten oder gedruckten Büchern, von Kunstwerken bis Briefmarken all jene Objekte, die seit Mitte der 1950er Jahre im Ostblock außerhalb der Staatszensur erschienen sind. Die Ausstellung präsentiert eine verblüffend bunte Welt, in der um das freie Wort gerungen wurde. In einer umgebauten Fabrikhalle werden auf mehr als 2.000 qm Ausstellungsfläche die Hightlights des Bremer Archivs sowie zahlreiche Ergänzungen aus anderen europäischen Sammlungen in einem eigens von dem ungarischen Designer Lászlo Rajk entworfenen Ausstellungsdesign präsentiert.

    Zu den wertvollsten Exponaten, weil sie am eindrücklichsten die Lebensumstände der repressierten Gesellschaft und zugleich den unerschütterlichen Freiheitswillen mutiger Akteure zeigen, gehört die selbstkonstruierte Druckmaschine einer sowjetischen Baptistengemeinde, zusammengebaut aus Bestandteilen einer Waschmaschine, aus Küchengeräten und einem Fahrrad. Auf ihr wurden verbotene religiöse Schriften gedruckt. Seltenheitswert haben auch die polnische Kassiber, die aus Gefängnissen und Internierungslagern herausgeschmuggelt wurden. Originalmanuskripte großer Dissidenten wie die von Andrej Sacharov, Václav Havel oder Adam Michnik, außerdem epochemachende Werke wie Alexander Solschenizyns "Archipel Gulag" bilden den Kern der Ausstellung. Einen zweiten Schwerpunkt stellen Werke verfemter Künstler dar, die offiziell nicht ausgestellt werden durften. Vertreten sind Arbeiten u.a. von A.R. Penck, Ilja Kabakov, Imre Bak. Eine weitere Abteilung präsentiert heimliche Tonaufnahmen der schrillsten Rock- und Punkbands hinter dem "eisernen Vorhang". Bands wurde zu Gefängnisstrafen verurteilt, wenn sie zu offen ihre Kritik am Regime artikulierten oder gar dem "ästhetischen" Geschmack der Kulturfunktionäre nicht entsprachen.

    Der friedliche Systemwechsel ist erst 15 Jahre alt, doch die Akteure der "Samtenen Revolutionen" in Osteuropa sind im Jahr des Beitritts in die Europäische Union schon beinahe vergessen. Ziel dieser Ausstellung ist es daher, die politische und künstlerische Opposition anhand von Originaldokumenten wieder ins Gedächtnis zurückzuholen und diesen unverwechselbaren Teil der europäischen Kultur im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Zugleich sollen auch die Leistungen jener Akteure hervorgehoben werden, die die Grundlagen für die Entstehung demokratischer Strukturen in diesen Republiken legten.

    Weitere Informationen:

    Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen
    Prof. Dr. Wolfgang Eichwede
    Tel.: (0421) 218-3687 oder 0172/422 3059
    Fax: (0421) 218-3269

    Ausstellungsmanagerin
    Heidrun Hamersky
    Tel.: (0421) 218-3657 oder 0172/423 1907


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-bremen.de/campus/campuspress/unipress/04-034.php3


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kunst / Design, Musik / Theater, Politik, Recht, Sprache / Literatur
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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