idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
09.11.1998 00:00

Mastdarm-Krebs: Überwärmungsbehandlung vor der Operation verlängert die Überlebenszeit.

Dr. med. Silvia Schattenfroh GB Unternehmenskommunikation
Charité-Universitätsmedizin Berlin

    AUS DER MEDIZIN FÜR DIE MEDIEN Nr. 13 1998

    An Krebs des Mastdarms erkranken jedes Jahr in Deutschland etwa 10 000 Menschen. Die Standardbehandlung besteht in der chirurgischen Entfernung des Tumors. Allerdings kann bei jedem 5. dieser Patienten durch die Operation eine Heilung nicht mehr erwartet werden, weil die Tumorerkrankung bereits zu weit fortgeschritten ist. Gleichwohl läßt sich die Überlebenszeit der Betroffenen deutlich verlängern, wenn sie sich vor der Operation einer Bestrahlung des Tumors unterziehen. Dadurch schrumpft er und kann dann oft doch noch erfolgreich operiert werden. Dabei kann auch zunehmend auf die Anlage eines künstlichen Darmausganges (Anus praeter) verzichtet werden, was die Lebensqualität des Betroffenen verbessert. Dennoch kann bei etwa einem Drittel der Patienten ein Rückfall auftreten.
    In den letzten Jahren mehrten sich nun die Anzeichen dafür, daß eine zusätzliche Überwärmung der Tumorregion (Hyperthermie) in Kombination mit zellzerstörenden Medikamenten (Chemotherapeutika) die Prognose der Kranken weiter verbessern könnte.
    An der Robert-Rössle-Klinik des Berliner Universitätsklinikums Charité hat deshalb eine Arbeitsgruppe um Professor Peter Schlag damit begonnen, Patienten mit fortgeschrittenem Mastdarmkrebs vor dem chirurgischen Eingriff mit der Dreifach-Kombination aus Bestrahlung, Chemotherapie und Überwärmung zu behandeln.
    Von der Hyperthermie wird angenommen, daß sie die Wirksamkeit von Krebsmedikamenten zu erhöhen vermag. Dies beruht offenbar auf der durch Hitze (40 bis 43 Grad C) verbesserten Durchblutung des Gewebes, wodurch die Substanzen den Tumor besser erreichen. Außerdem wird die Zellwand - wärmebedingt - durchlässiger für Wirkstoffe, die auf diese Weise leichter in die Krebszellen eindringen und sie zerstören können.
    Andererseits bedeutet Hyperthermie für Zellen auch erheblichen Stress. Sie können darauf mit Schutzreaktionen antworten, unter anderem mit der Aktivierung eines Gens, das die Zellen gegenüber Chemotherapeutika resistent macht. Die Expression dieses (multi-drug-resistence) mdr-1 Gens in den Krebszellen wäre natürlich in höchstem Masse unerwünscht, weil dadurch die Wirksamkeit vieler Medikamente eingeschränkt oder aufgehoben werden könnte.
    Um festzustellen, ob die vor der Operation angewendete Hyperthermie eine solche Resistenz auslöst, haben die Ärzte der Charité zusammen mit Forschern am "Max-Delbrück Center für Molekulare Medizin" in Berlin Patienten mit Mastdarmkrebs untersucht. Ihre Ergebnisse publiziert die renommierte Zeitschrift "International Journal of Cancer" (80 [1999] 5-12).
    Sie verglichen dafür die Expression des mdr-1-Gens im Tumor und im Darmgewebe von 8 Patienten, die mit Chemotherapie und Bestrahlung (Zweifach-Kombination) auf die Operation vorbereitet worden waren mit der Expression des Gens bei 19 anderen Kranken, die außerdem noch eine Überwärmung der Tumorregion (Dreifach-Kombination)) erhalten hatten.Die Untersuchungenw wurden zweimal, nämlich vor der Hyperthermie und zum Zeitpunkt der Operation durchgeführt.
    Das Ergebnis ist beruhigend: Nur bei 2 von 19 Patienten war die Aktivität des Gens im Tumor, bei 4 Kranken in der Dramschleimhaut erhöht. Umgekehrt aber bei 3 Patienten im Tumor und bei 3 anderen in den Darmzellen sogar verringert. Eine Abnahme der Genexpression wurde auch bei 2 von 8 Patienten beobachtet, die keine Hyperthermie erhalten hatten.
    Daraus schließen die Forscher, daß eine der Operation vorgeschaltete Hyperthermie bei fortgeschrittenem Mastdarmkrebses nur ein minimales Risiko birgt für die Entwicklung einer Resistenz gegen Krebsmedikamente und also in Kombination mit Chemotherapie und Bestrahlung empfohlen werden kann.
    Gleichzeitig fanden die Berliner heraus, daß erst ab einer bestimmten Intensität und Dauer der Hyperthermie das Wiederaufflackern der Krankheit seltener wird und die Überlebenszeit steigt: Wird mindestens eine Temperatur im Tumor von 40,5 C über 15 Minuten erreicht, so reagieren die meisten Tumoren ( 81%) auf die Behandlung und ein Fünftel bildet sich sogar vollständig zurück. Wird kürzer und weniger intensiv überwärmt, so spricht nur etwas mehr als ein Drittel der Tumoren an.
    Von den Patienten mit zunächst fortgeschrittenem Mastdarmkrebs, die effektiv mit Hyperthermie behandelt werden konnten, leben nach vier Jahren noch 87 %.
    Silvia Schattenfroh
    __________________________________________________
    Charité
    Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin

    Dekanat
    Pressereferat-Forschung
    Dr. med. Silvia Schattenfroh
    Schumannstraße 20/21
    10117 Berlin

    FON: (030) 2802-2223
    FAX: (030) 2802-3625
    e-mail: silvia.schattenfroh@charite.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).