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Wissenschaft
Für seine Erkenntnisse über den Einfluss von Regeln auf das Verhalten des Menschen wird Dr. Roland Pfister ausgezeichnet: Der Psychologe von der Universität Würzburg erhält gleich zwei internationale Forschungspreise.
Knöllchen sind die Quittung für falsches Parken. Trunkenheit am Steuer wird mit Führerscheinentzug sanktioniert. Wer sich regelwidrig verhält und dabei erwischt wird, dem drohen Strafen. Doch Sanktionen sind nicht der Hauptgrund dafür, warum Menschen sich meist an Regeln halten. „Es ist für uns schwierig, Regeln zu brechen“, fand der Würzburger Psychologe Roland Pfister heraus. Für seine Forschungen zur Frage, wie Regeln unser Verhalten beeinflussen, erhält er nun zwei renommierte Preise.
Auch wenn kein Polizist in der Nähe ist und wenn mit größter Wahrscheinlichkeit keine Strafe droht, halten sich Menschen an Regeln und haben große Schwierigkeiten, dagegen zu verstoßen. Das konnten Roland Pfister und sein Team mit vielen Experimenten zeigen.
Seit 2012 forscht Pfister an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg zum Thema „Regeln und Verhalten“. Zur Fragen, wie Regeln kognitiv repräsentiert werden, gibt es weltweit erst erstaunlich wenige Erkenntnisse. Weil seine Forschungen so neu sind, erhält der 34-jährige Forscher im November einen der „Early Career Awards 2020“ der US-amerikanischen Psychonomic Society. Im August 2021 wird er dann in Lille (Frankreich) mit dem Paul Bertelson Award der European Society for Cognitive Psychology (ESCoP) ausgezeichnet.
Regeln haben für das Gehirn eine große Bedeutung
Menschen suchen in den meisten Situationen nach Strukturen, an die sie sich halten können. „Regeln und Regelmäßigkeiten sind sehr wichtig für unser Gehirn“, sagt Pfister. Ohne Regeln würde die Welt völlig chaotisch erscheinen.
Wenn aber nun Regeln für das Gehirn eine so große Bedeutung haben, können sie nicht einfach ausgeblendet werden. Natürlich wird dennoch tagtäglich ein wenig geschummelt und getrickst. Doch jedes Mal, wenn wir eine Regel übertreten, zögern wir innerlich kurz. In Computerexperimenten wird dies sichtbar an der Art und Weise, wie Versuchspersonen sich zum Zeitpunkt eines Regelbruchs verhalten.
Wichtig ist auch, wie Regeln kommuniziert werden
Ob in uns die guten oder die weniger guten Kräfte die Oberhand gewinnen, liegt aber auch daran, wie Regeln kommuniziert werden. Also ob sie als Gebot oder als Verbot daherkommen. Inwieweit dies einen Unterschied macht, erforscht Pfister aktuell am Lehrstuhl III des JMU-Instituts für Psychologie.
Erste Experimente hierzu sind bereits abgeschlossen. Sie lassen vermuten, dass Verbote weniger effektiv sind als Gebote. „Das liegt am Wort ‚nicht‘, das in Verboten auftaucht“, erläutert der promovierte Psychologe. Wie wenig unser Gehirn mit diesem Wort anfangen kann, erlebt jeder, der aufgefordert wird, jetzt bitte „nicht“ an einen blauen Elefanten zu denken.
Implikationen für Gesetzgebung und -vollzug
Für Roland Pfister ist „Regelverhalten“ ein äußerst spannendes Thema. Zum einen betrifft es jeden Menschen, zum anderen können die Erkenntnisse, die aus den Forschungen resultieren, von großer Bedeutung für die Gesetzgebung und den Gesetzesvollzug sein.
Erhärtet sich zum Beispiel die bisherige These, dass Verbote weniger wirksam sind als Gebote, müsste neu über die Formulierung von Vorschriften, Anweisungen und Gesetzen nachgedacht werden. Interessant ist darüber hinaus die Frage, aus welchem Grund Menschen Regeln verletzen. Viele Gründe sind theoretisch denkbar.
Wer nur noch ein paar Euro in der Tasche hat, ist eher versucht, lange Finger zu machen, als ein Mensch, der ein gut gefülltes Portemonnaie besitzt. Regeln werden aber auch dann leichter übertreten, wenn der Verstoß Vorteile mit sich bringt.
In Pfisters aktuellem Experiment schlüpfen die Versuchspersonen in die Rolle von Pizzaausfahrern. Sie wissen, dass sie in eine bestimmte Straße nicht hineinfahren dürfen. Allerdings würde die Benutzung dieser Straße eine erhebliche Abkürzung bedeuten. Im Schnitt, so Pfister, verstößt jeder zweite Versuchsteilnehmer zumindest gelegentlich gegen die Straßenregel. Allerdings zögern alle für einen Moment, bevor sie jene Computertaste drücken, die in die Einbahnstraße hineinführt.
Regelverletzungen in Zeiten von Corona
Gerade in den aktuellen Zeiten sind „Regeln“ ein interessantes Thema. So beschert uns die Corona-Pandemie einen riesigen Strauß neuer Regeln. Manche werden besser, andere weniger gut beachtet.
Ein Grund für Regelverletzungen kann sein, dass es widersprechende Informationen oder zu schwammige Formulierungen gibt, sagt Pfister. Manch einer hält gewisse Regeln auch für unsinnig. Wobei Pfister in abstrakten Experimenten zeigen konnte, dass auch solche Regeln befolgt werden, die keinerlei Nutzen und keinerlei Relevanz haben. So halten sich viele Versuchspersonen an die Anweisung, auf dem iPad bestimmte Wischbewegungen zu machen – auch wenn es keinen Schaden verursachen würde, in eine andere Richtung zu wischen.
Wieder zeigt sich also, dass der Mensch für Regelbrüche nicht gemacht ist. Und selbst dort, wo Regeln gebrochen werden, kann sich unser Gehirn nicht ohne Weiteres darüber hinwegsetzen, sondern bleibt immer von aktuell geltenden Regeln beeinflusst.
Dr. Roland Pfister, Institut für Psychologie, Universität Würzburg, T +49 931 31-81363, roland.pfister@psychologie.uni-wuerzburg.de
http://www.roland-pfister.net/
Roland Pfister, ein international preisgekrönter Psychologe.
Uni Würzburg
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Psychologie
überregional
Wettbewerbe / Auszeichnungen
Deutsch
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