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Wissenschaft
Fehlten vor den Schulschliessungen im März 2020 an vielen Schulen Erfahrungen und Know-how im Umgang mit digitalem Lernen, so löste die Corona-Pandemie einen eigentlichen Digitalisierungsschub aus. Besonders gefordert waren gemäss einer laufenden UZH-Studie Primarschulen und Schulen mit einer hohen Zahl an Kindern, die Mühe mit dem Lernen zu Hause hatten. Nicht nur diese Schülerinnen und Schüler, sondern auch die Schulen brauchen zusätzliche Unterstützung.
Die Covid-19-Pandemie hat Schweizer Schulen vor grosse Herausforderungen gestellt, die nicht nur für Kinder und Lehrpersonen, sondern auch für Schulleitende sehr belastend waren. Mit einem grossen Effort und diversen Massnahmen gelang aus ihrer Sicht an den allermeisten Schulen, zufriedenstellend mit der Ausnahmesituation umzugehen. Dies zeigt eine erste Befragung von 299 Schulleitenden in der Deutschschweiz unter der Federführung von UZH-Pädagogikprofessorin Katharina Maag Merki.
Neue Konzepte für digitales Lernen
Bis im März 2020 war digitales Lernen im Unterricht noch kein grosses Thema: Ein Drittel der Befragten gab an, vor den Schulschliessungen keine oder nur wenig Erfahrung damit gehabt zu haben. Online-Plattformen wurden am ehesten zur internen Kommunikation zwischen den Mintarbeitenden genutzt, aber höchstens in jeder dritten Schule für den Unterricht selber. An den Primarschulen war der Erfahrungsgrad im digitalen Lernen noch einmal deutlich kleiner als an den Sekundarschulen.
Mit der Pandemie hat sich die Situation spürbar verändert: So nutzen nun mindestens die Hälfte, teilweise bis zu 80 Prozent der Schulen Online-Plattformen auch für den Unterricht, zum Austausch von Lernmaterialien, zur Kommunikation mit Schülerinnen, Schülern, Eltern oder der Kinder untereinander. «Damit dieser Digitalisierungsschub nicht verpufft, sollten nun verstärkt Konzepte für wirkungsvollen digitalen Unterricht entwickelt werden – gerade für die Primarstufe», sagt Maag Merki. «Dafür muss in die Aus- und Weiterbildung der Lehr- und Leitungspersonen investiert werden.»
Schulleitende sind gefordert, belastet und wünschen sich Unterstützung
Unterstützung wird von den Schulleitenden denn auch klar gewünscht: Zwei Drittel von ihnen benötigen Support beim Fernunterricht, bei der Kombination von Präsenz- und Selbstlernphasen sowie der Förderung von Kindern mit besonderem Unterstützungsbedarf. Auch hier zeigt sich: Der Bedarf an Primarschulen ist deutlich höher als an den Sekundarschulen. Entsprechend war hier auch die Belastung am höchsten: Neun von zehn Primarschulleitenden empfanden die Zeit des Lockdowns als belastend, bei den Sekundarschulen waren es drei Viertel der Befragten.
Zu den grössten Herausforderungen zählten dabei die emotionale und motivationale Unterstützung der Schülerinnen und Schüler sowie die Unterstützung von Kindern, die zu Hause nicht gut lernen konnten. 80 Prozent der Leitenden von Schulen mit einem hohen Anteil solcher Schülerinnen und Schülern fanden es schwierig, die notwendigen Hilfestellungen zu gewährleisten, während es bei Schulen mit einem geringeren Anteil etwas mehr als 50 Prozent waren. Eine weitere Knacknuss lag in der Arbeitsbelastung der Lehrpersonen an der eigenen Schule. «Dabei fiel für die Schulleiterinnen und -leiter gerade auch der Umgang mit den sehr unterschiedlichen digitalen Kompetenzen der Lehrpersonen ins Gewicht», so Maag Merki.
Zufrieden mit bisheriger Bewältigung der Ausnahmesituation
Um die coronabedingten Herausforderungen zu meistern, ergriffen die Schulen viele Massnahmen: Sie legten zum Beispiel gemeinsame Ziele fest, bildeten schulinterne Taskforces, stellten sicher, dass Lehrpersonen mit Expertise im Bereich Digitalisierung ihre Kolleginnen und Kollegen unterstützen, probierten verschiedene Methoden des Fernunterrichts aus, stimmten sich im Team über wichtige Themen ab und entwickelten Notmassnahmen für besonders unterstützungsbedürftige Kinder. Dank dieses Efforts sind 60 Prozent der Leitungspersonen zufrieden und 30 Prozent sogar sehr zufrieden, wie Lockdown und Wiedereröffnung an ihrer Schule bewältigt wurden.
Engagement von Behörden, Hochschulen und Lehr- und Leitungspersonen
Laut Katharina Maag Merki zeigen sich insgesamt deutliche Unterschiede zwischen den Schulen: «Auf Primarstufe scheint es schwieriger zu sein, gute Lösungen für die digitalen Herausforderungen zu finden. Auch Schulen mit vielen Kindern, die zu Hause nicht gut lernen können, sind besonders gefordert und brauchen zusätzliche Unterstützung.» Die Resultate der zweiten Befragung im Februar / März 2021 werden zeigen, wie die Schulen längerfristig mit der Pandemie umgehen und welche zusätzlichen Hürden – etwa aufgrund von Lehrpersonen in Quarantäne – entstehen. «Es braucht das Engagement und die Kompetenzen aller Verantwortlichen im Bildungswesen, damit die Schülerinnen und Schüler die Lernziele trotz Corona erreichen können», betont Maag Merki. Dabei denke sie etwa an das Bereitstellen der nötigen Hard- und Software oder an Ideen für das digitale Lernen, wie sie in den letzten Monaten in Fülle in der Praxis und an Pädagogischen Hochschulen entstanden sind. Eine besondere Rolle komme den Behörden zu: «Werden ihre Vorgaben als widersprüchlich und im Schulalltag schwierig umsetzbar erlebt, steigen auch die Belastungen an den Schulen.»
Prof. Dr. Katharina Maag Merki
Institut für Erziehungswissenschaft
Universität Zürich
Tel.: +41 44 634 27 80
kmaag@ife.uzh.ch
https://www.media.uzh.ch/de/medienmitteilungen/2020/Schulen_Corona.html
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Pädagogik / Bildung
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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