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Sie sind so dünn wie ein Haar, nur hunderttausendmal dünner – die sogenannten zweidimensionalen Materialien, bestehend aus nur einer Schicht von Atomen, boomen in der Forschung. Die Materialien besitzen neuartige Eigenschaften, die sich nur mithilfe quantenmechanischer Regeln erklären lassen und die für verbesserte Technologien relevant sein können. Forscher der Universität Bonn haben jetzt mithilfe von ultrakalten Atomen neue Einblicke in bisher unbekannte Quantenzustände erhalten. Ihre Entdeckung: Die magnetischen Ordnungen zwischen zwei gekoppelten dünnen Schichten aus Atomen konkurrieren miteinander. Die Studie ist in der Fachzeitschrift Nature erschienen.
Sie sind so dünn wie ein Haar, nur hunderttausendmal dünner – die sogenannten zweidimensionalen Materialien, bestehend aus nur einer Schicht von Atomen, boomen in der Forschung. Einem breiteren Publikum wurden sie im Jahr 2010 bekannt, als zwei russisch-britische Wissenschaftler den Physik-Nobelpreis für die Entdeckung von Graphen, einem Baustein von Graphit, erhielten. Das Besondere solcher Materialien: Sie besitzen neuartige Eigenschaften, die sich nur mithilfe quantenmechanischer Regeln erklären lassen und die für verbesserte Technologien relevant sein können. Forscher der Universität Bonn haben jetzt mithilfe von ultrakalten Atomen neue Einblicke in bisher unbekannte Quantenzustände erhalten. Ihre Entdeckung: Die magnetischen Ordnungen zwischen zwei gekoppelten dünnen Schichten aus Atomen konkurrieren miteinander. Die Studie ist in der Fachzeitschrift Nature erschienen.
Quantensysteme realisieren ganz eigene Materiezustände, die der Welt der kleinsten Teilchen und Strukturen entspringen. Sie können viele neue technologische Anwendungen ermöglichen, zum Beispiel zu einer sicheren Verschlüsselung von Daten beitragen, immer kleiner und schneller werdende technische Geräte herbeiführen oder sogar die Entwicklung eines Quantencomputers ermöglichen. Ein solcher könnte in Zukunft Probleme lösen, die klassische Computer nur mit großem Aufwand oder gar nicht meistern.
Wie die ungewöhnlichen Quantenzustände entstehen, ist noch lange nicht vollständig verstanden. Um Licht ins Dunkel zu bringen, setzen die Physiker um Prof. Dr. Michael Köhl am Exzellenzcluster „Matter and Light for Quantum Computing“ der Universität Bonn sogenannte Quantensimulatoren ein. Diese stellen das Zusammenspiel vieler Quantenteilchen nach, was mit konventionellen Methoden nicht möglich ist. Denn: Selbst modernste Computermodelle können komplexe Vorgänge wie Magnetismus und Elektrizität nicht bis ins letzte Detail berechnen.
Ultrakalte Atome simulieren Festkörper
Der von den Bonner Wissenschaftlern verwendete Simulator besteht aus ultrakalten Atomen – ultrakalt, da ihre Temperatur nur ein millionstel Grad über der absoluten Nullpunkttemperatur liegt. Herunter gekühlt werden die Atome mithilfe von Lasern und Magnetfeldern. Die Atome befinden sich in optischen Gittern, also Stehwellen, die durch Überlagerung von Laserstrahlen geformt sind. So stellen die Atome das Verhalten von Elektronen in einem Festkörper nach. Der Versuchsaufbau ermöglicht es den Wissenschaftlern, vielfältige Experimente ohne externe Umbauten zu realisieren.
Innerhalb des Quantensimulators schafften es die Wissenschaftler zum ersten Mal, die magnetischen Korrelationen von genau zwei miteinander gekoppelten Ebenen eines Kristallgitters zu messen. „Über die Stärke dieser Kopplung konnten wir die Richtung, in der sich Magnetismus ausbildet, um 90 Grad drehen – ohne das Material anderweitig zu verändern“, erklären die Erstautoren Nicola Wurz und Marcell Gall, Doktoranden in der Forschergruppe von Prof. Michael Köhl.
Um die Verteilung der Atome im optischen Gitter zu untersuchen, verwendeten die Physiker ein hochauflösendes Mikroskop, mit dem sie magnetische Zusammenhänge zwischen den einzelnen Gitterschichten messen konnten. Auf diese Weise untersuchten sie die magnetische Ordnung, also die gegenseitige Ausrichtung der atomaren magnetischen Momente im simulierten Festkörper. Ihre Beobachtung: Die magnetische Ordnung zwischen den Schichten konkurrierte mit der ursprünglichen Ordnung innerhalb einer einzelnen Schicht. Das bedeutet: Je stärker die Ebenen gekoppelt wurden, desto stärker bildeten sich Korrelationen zwischen den Ebenen aus. Gleichzeitig gab es umso weniger Korrelationen innerhalb einer einzelnen Ebene.
Die neuen Ergebnisse ermöglichen es, den Magnetismus, der sich in den gekoppelten Schichtsystemen ausbreitet, auf mikroskopischer Ebene besser zu verstehen. Die Erkenntnisse sollen unter anderem in Zukunft dazu beitragen, Vorhersagen über Materialeigenschaften zu treffen und neue Funktionalitäten von Festkörpern zu erreichen. Da zum Beispiel die Hochtemperatur-Supraleitung eng mit magnetischen Kopplungen verknüpft ist, könnten die neuen Erkenntnisse langfristig zur Entwicklung neuer Technologien beitragen, die auf solchen Supraleitern basieren.
Förderung:
Die Studie erhielt finanzielle Unterstützung durch die Bonn-Cologne Graduate School of Physics and Astronomy, eine Kooperation der Universitäten Bonn und Köln, die Alexander von Humboldt-Stiftung, den durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereich TRR 185 „OSCAR - Kontrolle atomarer und photonischer Quantenmaterie durch maßgeschneiderte Kopplung an Reservoire“, den Exzellenzcluster „Matter and Light for Quantum Computing (ML4Q)“ und die Stiftung der Deutschen Wirtschaft.
Der Exzellenzcluster “Matter and Light for Quantum Computing” (ML4Q)
Der Exzellenzcluster Materie und Licht für Quanteninformation (ML4Q) ist ein Forschungsverbund der Universitäten Köln, Bonn und Aachen sowie des Forschungszentrums Jülich. Er wird gefördert im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder. Ziel von ML4Q ist es, neue Computer- und Netzwerkarchitekturen zu schaffen, die auf den Prinzipien der Quantenmechanik beruhen. ML4Q bündelt die einzigartige Expertise der beteiligten Partner in drei Schlüsseldisziplinen der Physik: der Festkörperforschung, der Quantenoptik und der Quanteninformation.
Der Exzellenzcluster ist eingebettet in den Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Bausteine der Materie und grundlegende Wechselwirkungen“ der Universität Bonn. In sechs verschiedenen TRAs kommen Wissenschaftler aus den unterschiedlichsten Fakultäten und Disziplinen zusammen, um gemeinsam an zukunftsrelevanten Forschungsthemen zu arbeiten.
Prof. Dr. Michael Köhl
Physikalisches Institut der Universität Bonn
Tel.: +49-228-73-4899
E-Mail: michael.koehl@uni-bonn.de
Marcell Gall*, Nicola Wurz*, Jens Samland, Chun Fai Chan, Michael Köhl: Competing magnetic orders in a bilayer Hubbard model with ultracold atoms. Nature, DOI: 10.1038/s41586-020-03058-x *Equal contribution
https://www.nature.com/articles/s41586-020-03058-x Originalpublikation in "Nature"
Links: Abbildung des Systems. Ein Kristallgitter aus Licht fängt Atome in mehreren Doppelschichten e ...
Marcell Gall, Nicola Wurz
© Marcell Gall, Nicola Wurz et al./ Nature
Links: Abbildung des Systems. Ein Kristallgitter aus Licht fängt Atome in mehreren Doppelschichten e ...
Marcell Gall, Nicola Wurz
© Marcell Gall, Nicola Wurz et al./ Nature
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Informationstechnik, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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