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Wissenschaft
Einer internationalen Forschungsgruppe um Quantenphysiker/innen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der schottischen Heriot-Watt University ist es gelungen, hochdimensionale Verschränkungen in Systemen aus zwei Photonen herzustellen und zu überprüfen. Damit lässt sich schneller und sicherer kommunizieren, wie die Wissenschaftler/innen in der Fachzeitschrift "Quantum" zeigen.
Die Regeln der Quantenwelt versprechen neue Möglichkeiten für eine abhörsichere Kommunikation. Das funktioniert zum Beispiel, indem sich die Gesprächspartner/innen verschränkte Photonenpaare teilen. Das Problem mit diesem Ansatz ist, dass solche Systeme nicht so stabil sind, wie Forscher/innen es gerne hätten. “Über lange Distanzen kann Information verloren gehen, weil es immer ein Hintergrundrauschen gibt, zum Beispiel durch Photonen von der Sonne”, erklärt Marcus Huber vom Wiener Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und dem Atominstitut der Technischen Universität Wien.
Dadurch werden sowohl der Bandbreite als auch der Sicherheit solcher Kommunikationskanäle in der Praxis Grenzen gesetzt. Gemeinsam mit Kolleg/innen aus Edinburgh, Bratislava und Brno haben theoretische Physiker aus Wien nun einen Ansatz entwickelt, mit dem sich diese Grenzen überwinden lassen, und diesen im Labor von Quantenphysiker Mehul Malik an der Heriot-Watt Universität in Edinburgh realisiert. Das funktioniert, indem Photonen in mehreren Dimensionen verschränkt werden. “Die einfachste Art der Verschränkung hat zwei Dimensionen und wird oft über die Polarisation von Photonen realisiert. Wenn eine Hälfte eines verschränkten Paares horizontal polarisiert gemessen wird, ist das andere Photon dann immer vertikal polarisiert. Photonen können aber deutlich mehr”, erklärt ÖAW-Quantenphysiker Nicolai Friis.
97 Dimensionen
Neben der Polarisation eignen sich aber auch andere Eigenschaften der Photonen, um Verschränkung zu realisieren. “Die räumliche Struktur von Photonen lässt sich vereinfacht gesagt messen, indem wir Fotos machen. Wir teilen eine Art Bildsensor nach einem speziellen Muster in 97 Bereiche - oder Pixel - ein und messen, wo die Photonen auftreffen. So können wir ein Photonenpaar in 97 Dimensionen verschränken. Die beiden Photonen eines Paars treffen dann immer im selben Pixel ein”, sagt Huber. Die Wissenschaftler/innen zeigen in einer aktuellen Publikation in der Fachzeitschrift "Quantum" nicht nur, dass sie hochdimensionale Verschränkungen herstellen können, sondern auch, dass sie diese verlässlich überprüfen können.
“Wir können eine Verschränkung in 19 Dimensionen in etwa dreieinhalb Minuten überprüfen. Das ist etwa 100 Mal schneller als bisher. Zudem konnten wir Verschränkung in 55 Dimensionen nachweisen, das ist ebenfalls ein Rekord”, sagt Friis, Co-Autor der Studie. Die Bandbreite steigt mit zunehmender Dimension der Verschränkung an, aber nicht linear. Bei einer Verschränkung in zwei Dimensionen lassen sich pro Photon 0,7 bis 0,8 Bit übertragen. Das liegt daran, dass eben auch immer wieder Photonen verloren gehen. “Ein in 16 Dimensionen verschränktes Photonenpaar kann so viel Information übertragen, wie vier Paare in zwei Dimensionen. Das hängt aber immer auch von den externen Umständen ab, weil es immer Störungen in Luft, Kabeln oder anderen Übertragungswegen gibt”, sagt Friis.
Grenze unbekannt
Die Zahl der Dimensionen, in denen ein Photonenpaar sich verschränken lässt, ist nach oben hin praktisch unbegrenzt. “Die räumliche Struktur eines Photons ist im Prinzip unendlich-dimensional und in unserem Experiment nur durch die Auflösung des Pixelsensors begrenzt. Verifizieren konnten wir die Verschränkung bislang für 55 Dimensionen”, sagt Huber. Praktisch realisierbar könnten in Zukunft Photonenpaare werden, die 10 bis 100 Mal so viel Information tragen wie zweidimensional verschränkte Systeme. Je mehr Dimensionen die Verschränkung hat, desto widerstandsfähiger wird sie zudem gegen Hintergrundrauschen und Informationsverluste.
Wie viel Information ein einzelnes Photon theoretisch mit sich tragen kann, ist eine offene Frage. Mit den nun gewonnenen Erkenntnissen steigt die praktisch nutzbare Bandbreite jedenfalls deutlich. “Bislang war die Verifizierung sehr langsam und alles was in mehr als zwei Dimensionen verschränkt war, galt als hochdimensional. Wir haben es geschafft, neue Dimensionen in die Praxis zu überführen”, sagt Friis.
Marcus Huber
Institut für Quantenoptik und Quanteninformation Wien
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Boltzmanngasse 3, 1090 Wien
M +43 664 88476557
marcus.huber@oeaw.ac.at
"High-Dimensional Pixel Entanglement: Efficient Generationand Certification", Natalia Herrera Valencia, Vatshal Srivastav, Matej Pivoluska, Marcus Huber, Nicolai Friis, Will McCutcheon, and Mehul Malik, Quantum, 2020
DOI: https://doi.org/10.22331/q-2020-12-24-376
Die Informationsübertragung in der Quantenkommunikation konnte in aktuellen Forschungen verbessert w ...
ÖAW/Klaus Pichler
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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