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09.02.2021 14:58

Aus dem Gleichgewicht gebracht: Projekt „Homeo-Hirn” erforscht Störung der Homöostase von Gehirnzellen

Anna Krings Presse und Kommunikation
Technische Universität Braunschweig

    Im Gleichgewicht sein – das ist auch für unsere Zellen im Gehirn von Bedeutung. Wird ihr Gleichgewichtszustand, die Homöostase, gestört, kann das unter anderem die Ursache für neurodegenerative Erkrankungen im Alter sein wie Alzheimer, andere Demenzen oder Parkinson. Im Projekt „Homeo-Hirn“ wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität Braunschweig die Homöostase von Gehirnzellen genauer untersuchen und dafür neue Messinstrumente entwickeln. Das Projekt wird vom Land Niedersachsen und der VolkswagenStiftung mit 1,4 Millionen Euro aus dem „Niedersächsischen Vorab“ der VolkswagenStiftung gefördert und startet am 1. April dieses Jahres.

    Das menschliche Gehirn besteht aus 83 Milliarden Nerven- und ebenso vielen Gliazellen. Ihr inneres Milieu wird durch fein abgestimmte Stoffwechselvorgänge in einem Gleichgewichtszustand gehalten, der sogenannten metabolischen Homöostase. Vor allem Erkrankungen im Alter haben ihre Ursache unter anderem darin, dass die metabolische Homöostase der Gehirnzellen gestört wird. Da setzt das Projekt „Homeo-Hirn“ an: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen untersuchen, wie die Subkompartimenten von Nervenzellen – Zellkörper, Dendriten, Axone und Synapsen – untereinander und mit den Gliazellen zusammenwirken und welche Auswirkungen eine gestörte metabolische Homöostase, zum Beispiel nach einer Infektion, auf das Gehirn hat.

    „Man geht davon aus, dass die Kompartimente von Nervenzellen unabhängig voneinander wirken können. Wir wollen aber wissen: Was passiert, wenn ein Kompartiment einer Nervenzelle verändert wird? Wie wirkt sich das auf die anderen Bestandteile aus? Wenn wir zum Beispiel einen Wirkstoff oder die Interaktion mit einer Immunzelle des Gehirns nur auf die Axone einwirken lassen, verändert das auch die Dendriten, den Zellkörper und die Synapsen? Verändert das vielleicht sogar die gesamte Funktionalität und Struktur eines Neurons? Und wie verändert es die Interaktion von Gliazellen mit Neuronen?“, so der Sprecher des Projektes, Professor Martin Korte, Leiter der Abteilung Zelluläre Neurobiologie der TU Braunschweig.

    Interdisziplinärer Ansatz für neue Messinstrumente

    Um solche Prozesse in lebenden Nervenzellen beobachten zu können, fehlen bisher präzise Messinstrumente. Die will das Forschungsteam jetzt in dem interdisziplinären Projekt entwickeln. Dafür arbeiten Forschende aus der Neurobiologie, der Systembiologie, der Chemie und den Ingenieurswissenschaften wie Maschinenbau und Elektrotechnik zusammen. Unter anderem soll eine neuartige Durchflusskammer gepaart mit winzigen Nano-LED-Modulen entstehen, die es ermöglicht, lebende Nervenzellen über einen längeren Zeitraum zu untersuchen. Mithilfe der Durchflusskammer soll präzise reguliert werden, mit welchen Substanzen oder Krankheitserregern einzelne Kompartimente von Nervenzellen in Kontakt kommen. Die Nano-LED-Module fungieren dabei als kleine Mikroskope und erlauben eine dauerhafte Beobachtung. So kann beispielsweise über mehrere Wochen beobachtet werden, wie Nervenzellen und ihre Kompartimente sich aufgrund der Einwirkung von Viren oder Bakterien verändern oder welche langfristigen Auswirkungen Wirkstoffe auf Nervenzellen haben.

    Dabei verbindet das Projekt drei Forschungszentren der TU Braunschweig – das Braunschweiger Zentrum für Systembiologie (BRICS), das Zentrum für Pharmaverfahrenstechnik (PVZ) und das Laboratory for Emerging Nanometrology (LENA) – in ihren Forschungsaktivitäten im Forschungsschwerpunkt „Infektionen und Wirkstoffe“. Beteiligt an dem Projekt sind außerdem das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI), das Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin und die Universität zu Lübeck.

    „Mit dieser disziplinübergreifenden Zusammenarbeit wollen wir dazu beitragen, Krankheitsprozesse im Gehirn besser zu verstehen und eine gezielte Erforschung der Ursachen von neurologischen Krankheiten, die häufig im Alter auftreten, ermöglichen. Genauere Kenntnisse der metabolischen Homöostase können außerdem dabei helfen, Wirkstoffe effizienter zu testen,“ sagt Professor Martin Korte, Neurobiologe an der TU Braunschweig und Leiter der Arbeitsgruppe „Neuroinflammation und Neurodegeneration“ am HZI. „Mit dem Projekt wollen wir die Grundsteine setzen, um Grundlagenforschung zu befähigen, messtechnisch und therapeutisch die Bekämpfung wichtiger Erkrankungen des Gehirns voranzutreiben. Wir verstehen uns hier als Brückenbauer zwischen den Disziplinen, aber auch zwischen der methodischen Entwicklung und deren biomedizinischer Anwendung.“

    Projektdaten

    Name: „Homeo-Hirn“ Neuronale Kompartimente im Zusammenspiel von Krankheit und Gesundheit
    Laufzeit: 01.04.2021 bis 31.03.2024
    Förderung: 1,4 Millionen Euro aus dem „Niedersächsischen Vorab“ der VolkswagenStiftung
    Projektpartner: Die Federführung des Forschungsverbundes hat die TU Braunschweig; Sprecher ist Professor Martin Korte.

    Beteiligte Einrichtungen der TU Braunschweig:
    • Zoologisches Institut mit Professor Martin Korte und Dr. Marta Zagrebelsky, Abteilung Zelluläre Neurobiologie, Professor Dr. Jochen Meier, Abteilung Zellphysiologie und Professor Reinhard Köster, Abteilung Zelluläre und Molekulare Neurobiologie
    • Braunschweiger Zentrum für Systembiologie (BRICS) mit Professor Karsten Hiller, Institut für Biochemie, Biotechnologie und Bioinformatik
    • Institut für Physikalische und Theoretische Chemie mit Professor Peter-Jomo Walla
    • Laboratory for Emerging Nanometrology (LENA) mit Professor Andreas Waag und Dr. Mayra Garces-Schröder, Institut für Halbleitertechnik
    • Zentrum für Pharmaverfahrenstechnik (PVZ) mit Professor Andreas Dietzel, Institut für Mikrotechnik

    sowie beteiligte außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und andere Universitäten
    • Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung mit Professorin Theresia Stradal
    • das Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin mit Professor Klaus-Armin Nave
    • das Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie mit Professor Peter-Jomo Walla
    • Universität zu Lübeck mit Professorin Christine Klein.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Martin Korte
    Technische Universität Braunschweig
    Zoologisches Institut
    Abteilung für Zelluläre Neurobiologie
    Spielmannstraße 7
    38106 Braunschweig
    Tel.: 0531 391-3220
    E-Mail: m.korte@tu-braunschweig.de
    www.tu-braunschweig.de/zoology


    Bilder

    Links: Neuronale Kompartimente und deren Veränderung hinsichtlich der zellulären „Müllentsorgung“, also der Entsorgung von Abbauprodukten von Proteinen. Rechts: Bilder eines neuen mikroskopischen Verfahrens, das in dem Projekt weiterentwickelt werden soll.
    Links: Neuronale Kompartimente und deren Veränderung hinsichtlich der zellulären „Müllentsorgung“, a ...
    Reinhard Köster, Jomo Walla
    TU Braunschweig


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Chemie, Elektrotechnik, Maschinenbau
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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