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Physiker der Universität Basel haben erstmals eine Graphenverbindung aus Kohlenstoffatomen und wenigen Stickstoffatomen hergestellt, die ein regelmässiges Gitter aus Sechs- und Dreiecken bilden. Dieses wabenförmige, sogenannte Kagome-Gitter verhält sich wie ein Halbleiter und könnte zudem ungewöhnliche elektrische Eigenschaften besitzen. Womöglich findet es künftig Verwendung in elektronischen Sensoren oder Quantencomputern.
Forschende weltweit befinden sich auf der Suche nach neuen synthetischen Materialien, die besondere Eigenschaften wie die der Supraleitung – die Leitung elektrischen Stroms ohne Widerstand – besitzen. Solche neuen Stoffe sind ein wichtiger Schritt hin zu besonders energiesparender Elektronik. Einlagige Schichten wabenartig angeordneter Kohlenstoffatome (Graphen) sind dabei oft das Ausgangsmaterial.
Ganz andere Eigenschaften als Graphen soll nach theoretischen Berechnungen sogenanntes Kagome-Graphen besitzen. Kagome-Graphen besteht aus einem regelmässigen Muster aus Sechsecken und gleichseitigen Dreiecken, die einander jeweils umgeben. Der Name «Kagome» stammt aus dem Japanischen und bezieht sich auf die alte japanische Flechtkunst Kagome, bei der Körbe mit dem beschriebenen Muster geflochten werden.
Kagome-Gitter mit neuen Eigenschaften
Forschende des Departement Physik und Swiss Nanoscience Institute der Universität Basel haben in Zusammenarbeit mit der Universität Bern erstmals Kagome-Graphen hergestellt und untersucht, wie sie im Fachmagazin «Angewandte Chemie» berichten. Ihre Messungen lieferten vielversprechende Ergebnisse, die auf ungewöhnliche elektrische oder magnetische Eigenschaften hindeuten.
Für die Herstellung des Kagome-Graphen dampfen die Forschenden eine Vorläufersubstanz auf eine Silberoberfläche auf. Durch Aufheizen entsteht auf der Oberfläche zunächst eine organometallische Zwischenverbindung und nach weiterem Heizen das Kagome-Graphen, das ausschliesslich aus Kohlenstoff- und Stickstoffatomen besteht und das gleichmässige Muster aus Sechs- und Dreiecken bildet.
Starke Wechselwirkungen zwischen Elektronen
«Mithilfe von Rastertunnel- und Rasterkraftmikroskopen haben wir die strukturellen und elektronischen Eigenschaften des Kagome-Gitters untersucht», berichtet Dr. Rémy Pawlak, Erstautor der Studie. Mit dieser Art von Mikroskopen lassen sich Struktur und elektrische Eigenschaften von Materialien mithilfe einer winzigen Spitze abtasten – in diesem Fall verwendeten die Forschenden einzelne Kohlenmonoxid-Moleküle an der Spitze.
Die Forschenden stellten dabei fest, dass die Elektronen bei einer festgelegten Energie, die durch Anlegen einer elektrischen Spannung selektiert wird, in dem Kristallgitter von Kagome-Graphen zwischen den Dreiecken des Gitters «gefangen» sind. Dies unterscheidet Kagome-Graphen deutlich von herkömmlichem Graphen, bei dem sich Elektronen in verschiedenen Energiezuständen im Gitter verteilen – also delokalisert sind.
«Diese bei Kagome-Graphen gefundene Lokalisation ist erwünscht und genau das, wonach wir gesucht haben», erklärt Prof. Dr. Ernst Meyer, in dessen Gruppe die Arbeiten durchgeführt wurden. «Sie bewirkt, dass zwischen den Elektronen starke Wechselwirkungen auftreten und diese Wechselwirkungen wiederum sind die Basis für ungewöhnliche Phänomene wie die der widerstandlosen Stromleitung.»
Weitere Untersuchungen geplant
Die Untersuchungen zeigten auch, dass Kagome-Graphen halbleitende Eigenschaften besitzt – sich die leitenden Eigenschaften also ein- oder ausschalten lässt, wie das in einem Transistor geschieht. Damit unterscheidet sich Kagome-Graphen deutlich von Graphen, dessen Leitfähigkeit nicht so einfach geschaltet werden kann.
In weitergehenden Untersuchungen wird das Team das Kagome-Gitter von seiner metallischen Oberfläche lösen und die elektronischen Eigenschaften weiter studieren. «Die experimentell nachgewiesene flache Bandstruktur des Materials unterstützt die theoretischen Berechnungen, dass Kagome-Gitter spannende elektronische und magnetische Phänomene zeigen könnten. Kagome-Graphen könnte in Zukunft ein wichtiger Baustein für nachhaltige und effiziente elektronische Komponenten sein.», kommentiert Ernst Meyer.
Prof. Dr. Ernst Meyer, Universität Basel, Departement Physik, Swiss Nanoscience Institute, Tel. +41 61 207 37 24 , E-Mail: ernst.meyer@unibas.ch
On‐Surface Synthesis of Nitrogen‐Doped Kagome Graphene
Rémy Pawlak, Xunshan Liu, Silviya Ninova, Philipp D'astolfo, Carl Drechsel, Jung-Ching Liu Robert Häner, Silvio Decurtins, Ulrich Aschauer, Shi-Xia Liu, Ernst Meyer
Angewandte Chemie International Edition
https://doi.org/10.1002/anie.202016469
https://www.unibas.ch/de/Aktuell/News/Uni-Research/Kagome-Graphen-verspricht-spa...
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Chemie, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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