idw - Informationsdienst
Wissenschaft
GEOMAR-Studie weist auf mögliche größere Veränderungen im marinen Ökosystem hin
Die Auswirkungen der stetig steigenden Plastikmenge im Meer sind komplex und noch nicht endgültig verstanden. Wissenschaftler*innen des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel haben jetzt erstmals gezeigt, dass die Aufnahme von Mikroplastik durch Zooplankton schon bei geringen Konzentrationen erhebliche Auswirkungen auf das marine Ökosystem haben kann. Die Studie weist ferner darauf hin, dass die daraus resultierenden Veränderungen für einen Sauerstoffverlust im Ozean verantwortlich sein können, der über den durch die Klimaerwärmung verursachten hinausgeht.
Plastikmüll im Meer ist ein weithin bekanntes Problem für große Meeressäuger, Fische und Seevögel. Diese Tiere können Plastikgegenstände, wie z.B. Plastiktüten, mit ähnlich aussehenden Nahrungsmitteln, wie z.B. Quallen, verwechseln. Winziges Zooplankton kann ebenfalls sehr kleine Plastikteilchen mit Nahrung verwechseln und sie entweder versehentlich oder zufällig (wenn sich die Teilchen mit organischen Partikeln verbunden haben) aufnehmen.
Die direkten Auswirkungen einer solchen Aufnahme von Mikroplastik auf das Zooplankton sind kaum erforscht, aber die umfassenderen Auswirkungen von Zooplankton, das einen Teil seiner Nahrung durch Plastik ersetzt, auf die Ökosysteme sind noch viel weniger bekannt. Zum ersten Mal hat ein Forschungsteam nun mit Hilfe eines Erdsystemmodells simuliert, wie Zooplankton, das Mikroplastik aufnimmt, die Basis des Nahrungsnetzes im Ozean und den Nährstoffkreislauf beeinflussen könnte. Die Ergebnisse, die jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurden, deuten darauf hin, dass es selbst bei geringen Konzentrationen von Mikroplastik zu einem starken Einfluss auf die Ökosysteme kommen kann. „Dieser Einfluss reicht schon jetzt aus, um den globalen Nährstoffkreislauf zu beeinträchtigen“, sagt Dr. Karin Kvale, Erstautorin der Studie.
„Diese Ergebnisse sind bedeutsam, weil es in der Wissenschaft lange Zeit Skepsis gab, dass die Mikroplastikkonzentrationen im Ozean hoch genug sind, um irgendeinen Einfluss auf den Nährstoffkreislauf zu haben“, sagt Dr. Karin Kvale „Unsere Studie zeigt, dass dies selbst bei heute vorhandenen Mengen im Ozean schon der Fall sein kann, wenn das Zooplankton einen Teil seiner natürlichen Nahrung durch Mikroplastik ersetzt. Wenn Zooplankton das Mikroplastik frisst und dadurch weniger Nahrung aufnimmt, kann das weitreichende ökologische Auswirkungen haben, die zum Beispiel über eine Verringerung des Fraßdrucks zu verstärkten Algenblüten führen und den Sauerstoffgehalt der Ozeane fast so stark beeinflussen können wie der Klimawandel“, so Kvale weiter. Diese Ergebnisse deuten auf einen neuen potenziellen Treiber der vom Menschen verursachten Ozeanveränderung hin, der bisher nicht berücksichtigt wurde. Kvale weist jedoch darauf hin, dass die Ergebnisse „sehr vorläufig“ seien, da noch wenig darüber bekannt sei, wie die Basis des Nahrungsnetzes mit der Verschmutzung durch Mikroplastik interagiere. Weitere Arbeiten zu diesem Thema seien erforderlich, aber die Studie böte eine starke Motivation, die Kapazität von Erdsystemmodellen zu erweitern, um Verschmutzungseffekte als neuen Treiber der Ozeanveränderung mit einzubeziehen.
Kontakt:
Dr. Andreas Villwock (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2802, presse@geomar.de
Dr. Karin Kvale kkvale@geomar.de
Kvale, K. A. E. F. Prowe, C.-T. Chien, A. Landolfi, and A. Oschlies, 2021: Zooplankton grazing of microplastic can accelerate global loss of ocean oxygen. Nature Communications, doi: https://doi.org/10.1038/s41467-021-22554-w
Schematisches Diagramm zum Zusammenwirken von Mikroplastik und Nährstoffen
Grafik nach Kvale et al. 2021.
GEOMAR
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).