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Wissenschaft
Ein Drittel der Kinder und Jugendlichen hatte während des ersten COVID-19-Lockdowns in der Schweiz psychische Probleme. Auch Eltern sowie junge Erwachsene erlebten erheblichen Stress, wobei sich ihre Stressfaktoren von jenen der jüngeren Gruppen unterschieden. Dies zeigt die erste schweizweit repräsentative Studie der Universität Zürich und La Source (HES-SO) Lausanne.
Während des ersten COVID-19-Lockdowns von Mitte März bis Ende April 2020 erlebten viele Menschen in der Schweiz erhebliche psychische Belastungen. Was Kindern, Jugendlichen und deren Eltern sowie jungen Erwachsenen zu schaffen machte, haben Forschende der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (PUK) und der Universität Zürich zusammen mit dem Institut et Haute École de la Santé La Source untersucht. Dazu verwendeten sie erstmals für alle drei Landesteile der Schweiz repräsentative Stichproben von 1'627 jungen Erwachsene im Alter von 19-24 Jahren sowie 1'146 Kinder und Jugendliche im Alter von 12-17 Jahren und deren Eltern.
Quälende Ungewissheit, soziale Einschränkungen und verschobene Pläne
«Die Ungewissheiten in dieser Zeit waren enorm und wirkten sich negativ auf die Psyche aus», erklärt Studienleiterin Meichun Mohler-Kuo, Professorin an der PUK und La Source. Kinder und Jugendliche fühlten sich am meisten dadurch gestresst, dass sie wichtige Pläne oder Ereignisse ändern, verschieben oder absagen mussten und nicht an sozialen Aktivitäten und normalen Routinen in Freizeit und Schule teilnehmen konnten. Erwachsene empfanden es vor allem als belastend, nicht zu wissen, wann die COVID-19-Pandemie enden wird, sozial massiv eingeschränkt zu sein sowie Familie und Arbeit neu organisieren zu müssen.
Psychische Gesundheitsprobleme der jungen Erwachsenen
Die Studie zeigte, dass viele junge Erwachsene während des ersten Lockdowns Symptome von psychischen Erkrankungen aufwiesen, insbesondere Frauen: Mehr als die Hälfte (54 Prozent) der weiblichen und 38 Prozent der männlichen jungen Erwachsenen berichteten über leichte bis schwere depressive Symptome. Fast die Hälfte der jungen Frauen (47 Prozent) und ein Drittel (33 Prozent) der jungen Männer erlebten leichte bis schwere Angstzustände. «Insgesamt sind diese Ergebnisse recht ähnlich wie diejenigen einer früheren repräsentativen Befragung, die bereits zwei Jahre zuvor durchgeführt wurde», sagt Mohler-Kuo. «Bemerkenswert ist jedoch, dass der monatliche riskante Alkoholkonsum während des Lockdowns von 34 auf 21 Prozent zurückging, wobei die Abnahme bei Frauen ausgeprägter war als bei Männern.»
Über ein Drittel der Kinder hatte psychische Probleme
Bei mehr als einem Drittel der Kinder und Jugendlichen wurde eines der untersuchten psychischen Probleme festgestellt: Mehr als 20 Prozent der Mädchen und Jungen hatten Symptome von Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (ADHS). 18 Prozent der Mädchen und 11 Prozent der Jungen zeigten Trotzreaktionen und Wutausbruche und damit Merkmale einer sogenannten oppositionellen Verhaltensstörung. «Das war überraschend für uns, da diese Symptome bisher insgesamt weniger häufig, aber deutlich mehr bei Jungen als bei Mädchen beobachtet wurden», sagt Susanne Walitza. Angstsymptome wiesen 14 Prozent der Mädchen und 13 Prozent der Jungen auf, Anzeichen von Depression hatten 10 respektive 5 Prozent. «Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder und Jugendliche besonders gefährdet sind, psychische Störungen zu entwickeln», so Walitza.
Ein Fünftel zeigt problematische Internetnutzung
Sowohl bei den Kindern und Jugendlichen als auch bei den jungen Erwachsenen betrug während des Lockdowns die mittlere Zeit, die sie pro Tag im Internet verbrachten, 240 Minuten. Mehr als 40 Prozent der Männer und 35 Prozent der Frauen waren täglich mehr als 4 Stunden online, etwa 8 Prozent der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sogar länger als 6 Stunden. Insgesamt erfüllten 30 Prozent der Kinder und 21 Prozent der jungen Erwachsenen die Kriterien für eine problematische Internetnutzung.
Mehr Hilfe für Kindergärten, Schulen und Sportvereine
Die Studienergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, Routinen, Zeitpläne, soziale Kontakte und Unterstützung während des Lockdowns aufrechtzuerhalten. Die Autoren empfehlen daher, die Gesundheits- und Bildungsbehörden sollten Institutionen wie Kindergärten, Schulen und Sportvereine mit allen Mitteln unterstützen, um den negativen Auswirkungen von Schliessungen entgegenzutreten.
Finanzierung
Die Studie wurde von der Uniscientia Stiftung und der Erika Schwarz Stiftung finanziert.
Prof. Dr. Susanne Walitza
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie
Universität Zürich
Tel. +41 43 499 27 30
E-Mail: susanne.walitza@pukzh.ch
Prof. Dr. Meichun Mohler-Kuo
La Source, Institut et Haute École de la Santé, HES-SO Lausanne
Tel. +41 21 556 44 27
E-Mail : m.mohler-kuo@ecolelasource.ch
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie
Universität Zürich
Tel. +41 43 556 4004
E-Mail: meichun.mohler-kuo@uzh.ch
M. Mohler-Kuo, S. Dzemaili, S. Foster, L. Werlen, S. Walitza. Stress and Mental Health among Children/Adolescents, Their Parents, and Young Adults during the First COVID-19 Lockdown in Switzerland. International Journal of Environmental Research and Public Health. 27. April 2021. DOI: 10.3390/ijerph18094668
https://www.media.uzh.ch/de/medienmitteilungen/2021/Lockdown-Stress.html
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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