idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Kundendaten werden im Internet zunehmend zwischen Unternehmen ausgetauscht. Wie wirkt sich das auf die Entscheidung der Nutzerinnen und Nutzer aus, ihre Daten preiszugeben? Dieser Frage gehen Wirtschaftswissenschaftler der Universität Passau in einem DFG-Projekt nach.
Sobald sich Nutzerinnen und Nutzer bewegen, hinterlassen sie Daten. Der einzelne Datensatz eines Kunden hat auf den ersten Blick einen geringen Wert – in der Summe aber bilden sie einen wertvollen Rohstoff. Unternehmen tauschen diese Daten zu Werbezwecken untereinander aus und können zudem neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln. Manches Unternehmen hat die Kundendaten auch als zusätzliche, lukrative Erlösquelle entdeckt und handelt damit. Der einzelne Kunde oder die einzelne Kundin kann nur schwer überblicken, wo seine oder ihre Daten bei diesem Handel landen.
Austausch von Kundendaten zwischen Unternehmen
„Wir bezeichnen solche Praktiken als ‚Business Network Data Exchange‘, kurz BNDE“, erklärt Prof. Dr. Jan Schumann, Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Marketing und Innovation an der Universität Passau. Prof. Dr. Thomas Widjaja, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik mit Schwerpunkt Betriebliche Informationssysteme, ergänzt: „Dieser Austausch von Daten findet immer mehr auch zwischen Unternehmen aus traditionellen Branchen wie etwa dem Handel statt.“
Das Passauer Forschungsteam untersucht in dem DFG-Projekt „BNDE – Jenseits der Dyade: Die Effekte von Datenaustausch in Unternehmensnetzwerken auf den Privacy Calculus“, wie diese neuen Praktiken die Datenpreisgabe der Kundschaft beeinflussen: „Uns geht es genau um den Moment, in dem die Nutzerin oder der Nutzer die Entscheidung über die Datenpreisgabe fällt“, so Prof. Dr. Widjaja. Die etablierte Privacy Calculus Theorie stößt hier an ihre Grenzen. Diese Theorie des Privacy Calculus geht davon aus, dass ein Konsument oder eine Konsumentin mit der Datenfreigabeanfrage eines einzelnen Unternehmens konfrontiert ist, also von der Annahme einer Kunden-Anbieter-Dyade. In solch einer Situation sind Risiken und Nutzen vielleicht noch zu überblicken. Aber wenn die persönlichen Daten in einem Netzwerk von Unternehmen ausgetauscht und gehandelt werden, ist es für den Konsumenten oder die Konsumentin schwer, die Folgen einzuschätzen und eine vollkommen rationale Entscheidung zu treffen.
Hoher Grad an Unsicherheit bei Entscheidungsfindung
Im Fall des „Business Network Data Exchange“ (BNDE) geben Kundinnen und Kunden ihre Daten ja nicht nur einer Firma preis, sondern einem ganzen Netzwerk teilweise unbekannter Unternehmen – daher sind sie mit einem hohen Grad an Unsicherheit konfrontiert. „Spontane affektive Reaktionen auf solche Geschäftsmodelle, oder — einfach ausgedrückt — das Bauchgefühl, dürfte bei der Entscheidungsfindung also eine große Rolle spielen“, so Prof. Dr. Schumann. „Wir wollen mit unserer Forschung besser verstehen, wie der Entscheidungsprozess genau abläuft, was ihn treibt und wie solche Geschäftsmodelle gestaltet und kommuniziert werden müssen, damit Konsumentinnen und Konsumenten bessere Entscheidungen treffen können und zudem Firmen helfen, ihre BNDE-Netzwerke so zu gestalten, dass sie bei der Kundschaft auf Akzeptanz stoßen,“ ergänzt Thomas Widjaja. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt über eine Laufzeit von drei Jahren.
Forschungsbereich zum Thema Plattform-Ökonomie an der Universität Passau
Prof. Dr. Schumann und Prof. Dr. Widjaja sind Teil der Forschungsinitiative zu Digitalen Plattform-Ökosystemen und Daten-Ökonomie, die sich an der Universität Passau etabliert: Ein interdisziplinäres Team von Forscherinnen und Forschern veranstaltet derzeit eine öffentliche Ringvorlesung zum Thema ‚Digital Platform Ecosystems (DPE)’. Gäste aus aller Welt schalten sich per Zoom-Webinar nach Passau, um über neueste Erkenntnisse ihrer Forschung zu berichten.
Mehr Informationen:
Erklärvideo zum DFG-Projekt BNDE: https://vimeo.com/546355509
Beitrag auf Research in Bavaria zu den Nachwuchsforschenden im DFG-Projekt BNDE (Englisch): https://www.research-in-bavaria.de/digital-platforms-and-data-disclosure
Veranstaltungs-Webseite der Ringvorlesung zum Thema ‚Digital Platform Ecosystems (DPE)‘: digital.uni-passau.de/passaudpe
Prof. Dr. Jan Hendrik Schumann
Lehrstuhl für Marketing und Innovation
Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Universität Passau
Innstr. 27
D-94032 Passau / Germany
Jan.Schumann@uni-passau.de
http://www.wiwi.uni-passau.de/marketing-innovation.html
Prof. Dr. Thomas Widjaja
Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik mit Schwerpunkt Betriebliche Informationssysteme
Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Universität Passau
Innstr. 27
D-94032 Passau / Germany
Thomas.Widjaja@uni-passau.de
https://www.bis.uni-passau.de/betriebliche-informationssysteme/
Screenshot aus dem Video zum DFG-Projekt BNDE an der Universität Passau.
Universität Passau
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Informationstechnik, Psychologie, Wirtschaft
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsprojekte
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).