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31.05.2021 12:52

Austernriffe im Wattenmeer: Forschende der TU Braunschweig untersuchen den Einfluss der Pazifischen Auster

Bianca Loschinsky Presse und Kommunikation
Technische Universität Braunschweig

    Eine invasive Spezies breitet sich im Wattenmeer aus: die Pazifische Auster. Bereits ein Großteil der Muschelbänke an der deutschen Nordseeküste sind in Austernriffe umgewandelt, was weitreichende Konsequenzen für Natur und Umwelt hat. Im Kooperationsprojekt BIVA-WATT des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau (LWI) und des Instituts für Tragwerksentwurf (ITE) der Technischen Universität Braunschweig untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diese neuen biogenen Strukturen interdisziplinär. Auf einer interaktiven Tour des Forschungsteams können Interessierte am 1. Juni ein Austernriff im Rahmen der UN Ozeandekade interaktiv erkunden.

    Schon in den 1960er Jahren wurde die Pazifische Auster in europäischen Küstengewässern eingeführt, doch konnte sie lange Zeit außerhalb von Aquakulturen nicht überleben. In den vergangenen 20 Jahren breitete sie sich auch in der Natur aus. Die Austern benötigen einen harten Untergrund, um sich anzusiedeln, den sie auf den Wattflächen in Miesmuschelbänken gefunden haben.

    Dicht an dicht stehen die Austern hochkant zusammen und können so ganze Riffe bilden. Zwischen Individuen bilden sich zementartige Verbindungen, die von Wellen und Strömungen kaum durchbrochen werden können. Auch wenn die Individuen absterben, bleiben die Schalen an Ort und Stelle und bieten ein Substrat, auf dem sich eine nächste Generation ansiedelt. Dadurch bilden sich feste Riffstrukturen, die sich über mehrere hundert Meter erstrecken können.

    Da Austern über die Grenzen ihres Habitats hinaus einen Einfluss auf ihre Umwelt haben, werden sie auch als „Ecosystem Engineering Species“ bezeichnet. „Austernriffe bilden extrem raue Oberflächen, wie es sie bisher im Wattenmeer nicht gegeben hat“, beschreibt Professor Nils Goseberg vom Leichtweiß-Institut für Wasserbau die neuen Strukturen. „Wir gehen davon aus, dass die Austernriffe Wellen und Strömungen signifikant beeinflussen. Dies kann großflächige Auswirkungen für das gesamte Wattenmeer und den Küstenschutz bedeuten.“

    Feldkampagnen im Wattenmeer

    In dem Kooperationsprojekt BIVA-WATT, das von der Abteilung Hydromechanik, Küsteningenieurwesen und Seebau des LWI geleitet und koordiniert wird, arbeiten die beiden Institute der TU Braunschweig zusammen mit dem Ludwig-Franzius-Institut für Wasserbau und Ästuar- und Küsteningenieurwesen der Leibniz Universität Hannover, dem Forschungsinstitut Senckenberg am Meer und der smile consult GmbH. Somit werden die Austernriffe und Muschelbänke aus Sicht von Expertinnen und Experten des Küsteningenieurwesens, der Architektur und der Geowissenschaft auf ihre Rauheitswirkungen untersucht.

    Dazu vermisst das Team zwei Austernriffe und ein Muschelbett in regelmäßigen Feldkampagnen digital und beprobt diese. „Mit Einsatz von Drohnenaufnahmen, 3D-Lasers-Scans und Photogrammetrien erstellen wir digitale Geländemodelle, um die Oberflächen genau dokumentieren zu können“, beschreibt Jan Hitzegrad, wissenschaftlicher Mitarbeiter am LWI, die Feldarbeiten. „Gemeinsam mit der biologischen Beprobung können wir somit ein gutes Bild über die Zusammensetzung und die Entwicklung der Austernriffe aufzeigen.“

    Austernriffmodelle aus dem 3D-Drucker

    Aus den Felddaten entwickeln die Forschenden im Anschluss parametrisierte Modelle, mit denen sie die Wechselwirkungen mit Wellen und Strömungen untersuchen. „In der Natur überlagern sich eine Vielzahl komplexer Einflüsse. Bei der Entwicklung der parametrischen Modelle kommt es darauf an, die wichtigsten Parameter aus der Natur zu übernehmen, aber das Modell trotzdem so zu vereinfachen, dass es herstellbar ist“, erklärt der wissenschaftliche Mitarbeiter des ITE, Leon Brohmann.

    Die Modellkörper werden mit dem Partikelbett-3D-Drucker am Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) zusammen mit Friedrich Herding des Fachgebiets Baustoffe hergestellt. In den hydraulischen Laboren des LWI und des Ludwig-Franzius-Instituts in Hannover setzen die Forschenden die Modelle dann Wellen und Strömungen aus, um wellendämpfende und strömungsreduzierende Wirkungen bewerten zu können. Im Anschluss können sie die Ergebnisse nutzen, um in numerischen Modellen die großflächigen Auswirkungen nachzuvollziehen. Mit diesen Untersuchungen versucht das BIVA-WATT-Team die Effekte dieser neuen, extrem rauen Oberflächen im Wattenmeer besser zu verstehen und Folgen für die Umwelt und den Küstenschutz aufzuzeigen.

    Austernriff digital erkunden

    Mit einer interaktiven Tour durch ein Austernriff wollen die vier wissenschaftlichen Mitarbeitenden und Promotionsstudierenden des Projektes für ein größeres Verständnis für das Thema sorgen. Unter https://sketchfab.com/3d-models/biva-watt-5483478156594099b0c67c747585f0e6 kann ein Austernriff digital erkundet werden. An einigen Punkten erklären die Mitarbeitenden in Videos ihre Arbeit.

    Am Dienstag, 01. Juni 2021, gegen 18:30 Uhr, stellt Jan Hitzegrad die digitale Tour im Rahmen des V.ECOP Days vor. Der Virtual Early Career Ocean Professional Day ist Teil der UN Ozeandekade der Meeresforschung für nachhaltige Entwicklung. Hier haben Nachwuchs-Ocean Professionals rund um den Globus die Gelegenheit, ihre Arbeiten, Aktivitäten und Beiträge in einem 24-stündigen Livestream vor einem internationalen Publikum zu teilen. Um an der kostenfreien Veranstaltung teilzunehmen, registrieren Sie sich hier: https://vecop.vfairs.com/

    Projektdaten

    Das Forschungsprojekt BIVA-WATT wird mit rund 807.900 Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. „BIVA“ steht für Bivalvia, der wissenschaftliche Name zweischaliger Muscheln. Neben der Abteilung Hydromechanik, Küsteningenieurwesen und Seebau des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau, die das Kooperationsprojekt leitet, sind das Institut für Tragwerksentwurf (ITE) der TU Braunschweig, das Ludwig-Franzius-Institut für Wasserbau und Ästuar- und Küsteningenieurwesen der Leibniz Universität Hannover, das Forschungsinstitut Senckenberg am Meer und die smile consult GmbH beteiligt.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Jan Hitzegrad
    Technische Universität Braunschweig
    Leichtweiß-Institut für Wasserbau
    Abteilung Hydromechanik, Küsteningenieurwesen und Seebau
    Beethovenstraße 51a
    38106 Braunschweig
    Tel.: 0531 391-7920
    E-Mail: j.hitzegrad@tu-braunschweig.de
    www.tu-braunschweig.de/lwi/hyku


    Bilder

    Der wissenschaftliche Mitarbeiter und Promotionsstudent Jan Hitzegrad bei Feldarbeiten auf dem Austernriff Kaiserbalje.
    Der wissenschaftliche Mitarbeiter und Promotionsstudent Jan Hitzegrad bei Feldarbeiten auf dem Auste ...
    Jan Hitzegrad
    TU Braunschweig

    Das Austernriff Kaiserbalje auf dem Hohe Weg Watt zwischen Wilhelmshaven und Bremerhaven. Im Hintergrund sind die Hafenanlagen von Wilhelmshaven zu sehen.
    Das Austernriff Kaiserbalje auf dem Hohe Weg Watt zwischen Wilhelmshaven und Bremerhaven. Im Hinterg ...
    Jan Hitzegrad
    TU Braunschweig


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Bauwesen / Architektur, Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte, Kooperationen
    Deutsch


     

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